1021 - Der unsichtbare Gegner
war. Sie war zu unerfahren, um die vielen vertraglichen Tricks zu kennen, mit denen Archibald Addison Uptigrove und sie maßlos übervorteilte, ohne daß es ihnen bewußt wurde.
Merlin war froh, daß es ihr gelungen war, überhaupt einige Werke ihres Freundes in die Ausstellung zu bringen und damit den Besuchern aus allen Teilen der Galaxis vor Augen zu führen. Sie war sich dessen bewußt, daß es Tausende von beachtenswerten Künstlern gab, die ein solches Bravourstück nicht geschafft hatten.
Addison Uptigrove hatte nicht die Kraft, sich gegen sie und Robert Archibald zu wehren.
Auf der einen Seite erfüllte es ihn mit Stolz, daß er die größte Hürde seines Lebens genommen hatte, ohne selbst allzu viel dazu tun zu müssen. Auf der anderen Seite aber wurden seine Selbstzweifel und seine Unsicherheit noch größer. Am liebsten hätte er den Rückzug angetreten, denn er fürchtete das Urteil der professionellen Kritiker, denen er noch nicht ein einziges Mal ausgesetzt gewesen war.
So unsicher und erschrocken er aber auf der einen Seite über die nun gefallene Entscheidung war, so froh war er andererseits darüber, denn auch er hatte das Bedürfnis, seine Werke der Öffentlichkeit zu präsentieren. Und er wußte, daß er das nicht ohne die energische Hilfe von Merlin geschafft hätte.
So ließ er die Dinge treiben, weil er meinte, irgendwo sei alles doch zum Besten für ihn, zumal ihm die sicherlich negative Kritik endlich zeigen würde, wo er wirklich in seiner künstlerischen Entwicklung stand.
Merlin schob ihm die Hand unter den Arm und drückte sich an ihn. Stolz blickte sie zu ihm auf.
„Du wirst sehen", wisperte sie, „das wird ein toller Erfolg für dich."
2.
Gernon Egk beobachtete belustigt und mit einer gewissen Abfälligkeit die anderen Touristen seiner Gruppe. Er war Icho Tolot schon häufiger begegnet, wenngleich man nicht sagen konnte, daß er ihn kannte. Der Zufall hatte lediglich ergeben, daß er ihn des öfteren gesehen und aus nächster Nähe erlebt hatte.
Für die Freude der anderen Reisenden hatte er nur wenig Verständnis. Er war ein Mann, der jahrelang für den Ordnungsdienst auf Keuhnzen, dem vierten Planeten der Sonne Esshkan, gearbeitet hatte. Dabei hatte er sich sowohl durch Härte als auch durch Zuverlässigkeit ausgezeichnet. Er war durchs Feuer gegangen und war seitdem überzeugt, ein erwachsener Mann zu sein.
Das Gehabe der Touristen erschien ihm albern. Was war schon dabei, wenn man eine prominente Persönlichkeit wie Icho Tolot mit eigenen Augen sah und positronisch einfangen konnte? Für ihn hatte so etwas keinerlei Bedeutung.
Dennoch hatte er sich der Gruppe angeschlossen, weil ihm ein Ausflug durch die Vororte von Terrania City kurzweiliger erschien, als an Bord des Kreuzfahrtraumers zu bleiben - und weil da noch die blonde Angela Gore war, die geradezu besessen alles filmte, was ihr optisch reizvoll erschien. Er fühlte sich zu ihr hingezogen, und er spürte, daß er ihr nicht gleichgültig war.
Lächelnd verfolgte er, wie sie Icho Tolot filmte, als dieser ins Freie heraustrat. Doch sein Lächeln erlosch bald. Überrascht blickte er den Haluter an.
Irgend etwas stimmt nicht, schoß es ihm durch den Kopf. Er ist anders als sonst.
Die riesige Gestalt schwankte leicht, so, als sei Icho Tolot betrunken. Egk wußte jedoch, daß Alkohol so gut wie keine Wirkung auf den Haluter hatte.
Icho Tolot grüßte und blieb einige Sekunden lang vor den Touristen stehen, dann aber setzte er sich mit auffälliger Eile in einen Gleiter. Seine mächtige Gestalt bäumte sich auf, als sei sie von einem Schlag getroffen worden. Dann flog die Seitentür der Maschine krachend heraus.
Brüllend wandte sich der Haluter zur Seite. Er preßte seine vier Hände gegen den Schädel, schlug dann wild um sich und zertrümmerte den Gleiter, als bestünde dieser nur aus Papier. Dann ließ er sich keuchend aus den Resten der Maschine fallen und rannte davon. Er verschwand hinter der nächsten Hausecke, bevor irgend jemand ihm folgen konnte.
„Irre", rief Gerard Meyer, ein kahlköpfiger, schwergewichtiger Mann. „Ich habe alles eingefangen. Die werden zu Hause staunen, wenn sie die Aufnahmen sehen."
„Was war denn mit dem los?" fragte Angela Gore, das blonde Mädchen, für das Gernon Egk sich interessierte. Sie schüttelte verwundert den Kopf. „Ist er verrückt geworden?"
Sie blickte Egk an, weil sie von ihm am ehesten eine Auskunft erwartete. Sie wußte, daß er den Haluter von allen
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