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1022 - Der Lockvogel

1022 - Der Lockvogel

Titel: 1022 - Der Lockvogel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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länger aushalten könnte.«
    »Warum?«
    »Frag doch nicht so blöd.« Sie schauderte zusammen und ließ sich in einem Sessel nieder, dessen grüner Stoff zu den Vorhängen paßte.
    Dann zog sie ihre kurze Strickjacke enger um die Schultern und drehte den Kopf nach rechts, zur Tür hin, die offenstand. Wir hörten die Schritte unserer Gastgeberin, und wenig später erschien sie selbst. Auf dem Tablett standen drei Weingläser und eine Flasche Rotwein. Kathrin sprach mit uns, als sie das Tablett auf dem Tisch abstellte. »Ich hoffe, Ihren Geschmack getroffen zu haben. Rotwein ist manchmal ein gutes Mittel, um sanft einzuschlafen.«
    Da stimmten wir ihr zu.
    »Darf ich einschenken?«
    Wir nickten.
    Es war ein dunkler Wein, ein Franzose, wie uns Kathrin erklärte.
    »Ich habe die Flaschen zusammen mit dem Haus von meinen Verwandten geerbt. Es ist noch nicht lange her. Wenn Sie sich umschauen, werden Sie an der Einrichtung sehen, daß die Möblierung für mich nicht ganz passend ist. Aber das wird sich alles ändern. Kommt Zeit, kommt Rat.« Sie war mit ihrer Arbeit fertig, lächelte uns kurz an, dann verteilte sie die bis zur Hälfte gefüllten Rotweingläser.
    »Auf Sie, unsere nette Gastgeberin«, sagte ich.
    »Und ich schließe mich den Worten an«, fügte Jane hinzu.
    »Danke, Miß Collins und Mr. Sinclair. Ich habe gern Gäste, und jetzt noch nach Glasgow zu fahren, hätte sich auf keinen Fall gelohnt. Das sehe ich so.«
    »Da gebe ich Ihnen völlig recht.« Ich probierte den Wein, der nicht schlecht war. Vielleicht ein wenig zu herb. Ich kannte Rotweine, die samtiger waren, aber man will ja nicht meckern, und so nickte ich zufrieden.
    Auch Kathrin nahm Platz. Sie trug noch immer ihre Uniform und wirkte so ungewöhnlich streng darin. Mich sprach sie an. »Ich weiß, was Sie denken, Mr. Sinclair.«
    »Ah ja? Was denn?«
    »Sie wundern sich darüber, daß Sie mitten in der Nacht auf eine Polizistin getroffen sind. In der schottischen Einöde fährt jemand mit dem Rad durch die Gegend.«
    »Das hat uns allerdings gewundert.«
    »Hier ist eben vieles anders. Ich war nur auf dem Weg nach Hause. Meinen Dienst hatte ich beendet, und ich bin nun mal eine passionierte Radlerin.«
    »Obwohl es hier so hügelig ist?« fragte ich.
    »Ach, daran gewöhnt man sich.« Sie hob ihr Glas. »Trinken wir auf uns, wir haben es uns verdient.«
    Ich hob mein Glas. Jane hätte es auch heben müssen, aber sie saß im Sessel wie jemand, der kurz davor stand, einzuschlafen und der von dem Gespräch zuvor nichts mitbekommen hatte.
    Ich trank erst, dann sprach ich sie an. »He, was ist los mit dir, Jane?«
    Sie hob mühsam den Kopf und ebenso mühsam die Hand, mit der sie durch ihr Gesicht wischte. »Ich weiß es selbst nicht, John. Ich bin auf einmal so schlapp und müde«, erklärte sie mit sehr leiser Stimme. »Nimm es mir nicht übel, aber manchmal ist es…«
    »Hatten Sie einen stressigen Tag?« fragte Kathrin.
    Ich bestätigte es.
    »Dann ist diese Müdigkeit verständlich.«
    Jane versuchte es mit einem Lächeln, was ihr kaum gelang. Sie wollte sich auch entschuldigen, aber selbst diese Worte bekam sie kaum über die Lippen, und so blieb es bei einem Gebrabbel, als hätte ein kleines Kind gesprochen.
    Das war nicht normal. Ich merkte es. Ich wollte Jane zu Hilfe kommen, mußte dafür allerdings aufstehen. Da ich auch in einem Sessel saß, stemmte ich die Hände auf die Lehne, um mich so in die Höhe zu drücken. Es blieb beim Versuch. In den Ellbogen knickte ich ein und fiel wieder zurück.
    Das war ebenfalls nicht mehr normal.
    Für eine Weile blieb ich sitzen, bevor ich mich soweit erholt hatte, um den Kopf zu bewegen. Zuerst drehte ich ihn Jane zu. Ich sah, wie sie im Sessel zusammengesunken war. Dann blickte ich auf unsere Gastgeberin, die ein so ungewöhnliches Aussehen bekommen hatte, denn sie verschwamm vor meinen Augen. Sie war zu einer Spirale geworden. Körper und Kopf stiegen gedreht in die Höhe und hatten dabei eine flaschenähnliche Form bekommen. Ich schaffte es noch, mich auf das Gesicht zu konzentrieren. Es war am meisten verzogen, als spiegelte sich darin noch ein gewisser Triumph wieder.
    Der Wein, dachte ich…
    »Na, wie geht es denn meinen beiden netten Gästen?« Ob Kathrin laut oder leise gesprochen hatte, fand ich nicht mehr heraus, denn jedes Wort dröhnte an meine Ohren und hallte in meinem Kopf wider Gongschläge, die mir Schmerzen zufügten.
    Ich kämpfte gegen meinen Zustand an. Versuchte es zum

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