1023 - Die Quarantäneflotte
Bild auf den Schirm projizieren.
Es war tatsächlich ein Lebewesen, was da gemächlich auf die Seoli-Flotte zuschwebte.
Eiling, der sich mit solchen Dingen recht gut auskannte, tippte auf einen Warmblüter jenes Typus, der im Universum recht verbreitet war.
Im stillen bewunderte Eiling den Fremden. Die Kühnheit des Heranschwebenden war beeindruckend. Schließlich konnte der Fremde ja nicht wissen, daß die Seolis für ihre Friedfertigkeit so bekannt waren.
Oder wußte er es doch? Waren die Seolis am Ende gar nicht so weit von ihrer Heimat entfernt? Wer konnte das schon mit Bestimmtheit sagen?
„Was habt ihr vor?" fragte Eiling den Kommandanten.
„Wir ziehen uns zurück", schlug Beneder vor.
„Vor einem einzigen?"
„Wie viele es sind, die die Pest weitertragen, spielt keine Rolle", bemerkte der Kommandant. In diesem Punkt hatte er recht.
„Ich möchte mit dem Fremden reden", sagte Eiling.
„Wir können eine Funkverbindung herstellen", sagte Beneder zögernd. Ihm gefiel dieser Vorschlag offensichtlich wenig.
„Das meine ich nicht", sagte Eiling. „Ich möchte mit ihm reden - von Angesicht zu Angesicht."
Diese Bemerkung war so ungeheuerlich, daß sie dem Kommandanten fürs erste die Sprache verschlug.
„Du willst was?"
„Ich will einen Raumanzug anlegen und dem Fremden entgegenfliegen", sagte Eiling.
„Das... das ... Niemand hat so etwas jemals getan!" stieß Beneder hervor. „Das ist gegen jedes Herkommen."
Du armer Narr, dachte Eiling. Du ahnst nicht, wie viele Gebote ich schon übertreten habe. Trotzdem lebe ich noch, und manchmal fühle ich mich sogar wohl...
Laut sagte er: „Ich beharre auf meinem Vorschlag. Es scheint mir der einzige Weg zu sein."
„Wir können eine Funkverbindung herstellen", sagte Beneder noch einmal.
Eiling schüttelte den Kopf.
„Macht, was ihr wollt", sagte er schließlich. „Ich werde auch tun, was ich will."
„Das ist Revolution!" stieß Beneder hervor. „Wenn nicht gar Schlimmeres."
Eiling sah ihn an. Er machte eine Geste der Zustimmung.
„Du hast recht", sagte er. „In einem Punkt bin ich mir sicher - von jetzt an wird die Geschichte der Seolis so oder so einen anderen Verlauf nehmen."
Er verließ die Zentrale. Es reizte ihn, noch einen kurzen Blick in sein Labor zu werfen, aber dann sagte er sich, daß der Fremde in seinem Raumanzug schließlich nicht ewig herumtreiben konnte. Irgendwann mußte ihm die Luft ausbleiben. Eiling mußte sich also sputen, wenn er mit dem Fremden noch reden wollte.
Zwei aufgeregte Seolis erwarteten ihn in der Schleuse. Sie hielten einen Raumanzug in den Greiforganen. Eiling begrüßte die beiden, dann machte er sich daran, den Anzug überzustreifen.
Er hatte Mühe damit.
Nie zuvor war er draußen gewesen. In den Raum gingen nur Reparaturkommandos, wenn etwas am Äußeren eines Schiffes nicht in Ordnung war und instand gesetzt werden mußte. Eiling hatte damit nicht das geringste zu tun gehabt - es war eine Premiere besonderer Art. Auf seltsame Weise war Eiling fast süchtig geworden nach solchen Erlebnissen - es gab so unendlich viel, was man zum erstenmal tun konnte.
„Viel Glück", sagten die beiden, als sie die Schleuse verließen. Während die Pumpen die Luft aus der Schleuse saugten, überprüfte Eiling ein letztes Mal die Verschlüsse und Kontrollen.
Dann öffnete sich langsam das stählerne Tor der Schleuse. In der silbrigen Wandung des Schiffes tat sich das schwarze Loch auf, das in die Unendlichkeit des Weltraums führte. Im Hintergrund sah Eiling Sterne schimmern, einer darunter war recht nah.
Eiling spürte, daß er am ganzen Leibe zitterte. Er machte einige zaghafte Schritte, dann stieß er sich ab. Der Rückstoßtornister begann zu arbeiten.
Eiling flog von seinem Schiff weg. Er überschlug sich einige Male, bis er die Kontrolle über seinen Flug gewonnen hatte.
Gräßliche Angst griff nach dem Seoli. Niemals zuvor hatte er sich so grauenvoll verlassen gefühlt wie in diesem Augenblick. Um ihn herum war eine grenzenlose Leere, dazu die tiefste Kälte, die nur vorstellbar war. Zwischen ihm und dem Tod waren nur ein paar technische Hilfsmittel - und wie oft hatten die Seolis erleben müssen, daß die Technik versagte.
Die Schiffe der Seolis bewegten sich. Eiling spürte plötzlich ein warmes Gefühl der Freude - die Kommandanten halfen ihm, obwohl er gegen alle Regeln verstieß und die Seolis in ihrem Selbstverständnis erbarmungslos hart prüfte.
Sie formten mit ihren Schiffen einen Trichter,
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