1025 - Planet der Spiele
kämpfte ohne Waffen, aber unter Einsatz des ganzen Körpers, während der um gut einen Meter größere Cylam sich darauf beschränkte, den Schlägen und Hieben kaum merklich auszuweichen und nur hier und da einen Fuß oder eine Hand, die ihn ernstlich hätten treffen können, mit einer fast nachlässig wirkenden Bewegung abzuwehren. Beide Kranen hatten ihre Oberkleidung abgelegt. Im Licht der tiefstehenden Sonne glänzten ihre Körper. Ihr Fell lag dicht an und ließ das Spiel der Muskeln erkennen. Das noch braune Brustfell des Jungen war bereits naß und dunkel vom Schweiß, während dem heller bepelzten Erwachsenen nichts von der Anstrengung anzumerken war, die ihn dieser Kampf kostete.
Unwillkürlich blieben die Betschiden stehen. Der Junge steigerte sich in immer größere Wut hinein. Knurrend und schreiend fuhr er auf Cylam los, der unbeirrbar jedem Ansturm standhielt.
„Der arme Kerl", murmelte Mallagan.
„Ich kann mir nicht vorstellen, daß der Junge ihn ernsthaft zu treffen vermag!" antwortete Scoutie.
„Ich meine nicht Cylam, sondern den Jungen", erklärte Mallagan nüchtern. „Er sollte seine Gefühle in Zaum halten. Wenn er es nicht tut, wird er die Folgen zu spüren bekommen."
„Du mußt es ja wissen", bemerkte Scoutie anzüglich.
Mallagan lächelte seltsam.
Die Wut des jungen Kranen auf den schier unverwundbar erscheinenden Gegner wurde so groß, daß er seine eigene Sicherheit außer acht ließ. Er sprang in die Luft, offenbar in der Absicht, Cylam einen Tritt gegen Kopf oder Hals zu versetzen. Der ältere Krane bückte sich beinahe lässig. Der Junge beherrschte seinen Körper schon fast perfekt. Er landete auf den Füßen, drehte sich blitzschnell um und wollte erneut angreifen. Aber inzwischen zuckte Cylams Fuß bereits nach hinten, und der Junge lief direkt in diesen Tritt hinein. Er wurde zurückgeschleudert und stürzte zu Boden. Ehe er sich aufraffen konnte, war Cylam bereits bei ihm und stellte ihm den Fuß auf die Brust.
„Schluß", sagte er ruhig. „Steh auf."
Er nahm den Fuß weg, und der Junge kam schweratmend auf die Beine. Beschämt, mit gesenktem Kopf und vor der Brust zusammengepreßten Händen blieb er vor dem Sieger in diesem ungleichen Kampf stehen.
Cylam hatte die Betschiden längst bemerkt.
„Warte hier!" befahl er dem Jungen und ging den Menschen entgegen.
„Der führt doch etwas im Schilde!" bemerkte Scoutie mißtrauisch. „Laßt euch bloß nicht provozieren!"
„Wie kommst du darauf, daß er es auf Brether oder mich abgesehen hat?" fragte Mallagan spöttisch.
Dann war Cylam heran. Er blieb einige Schritte von den Betschiden entfernt stehen.
Scoutie fragte sich, ob er das aus Höflichkeit tat, oder ob es bloßer Zufall war. Es war nicht sehr erhebend, direkt vor diesem 2.80 mgroßen Hünen zu stehen und zu ihm aufzusehen. Man kam sich klein und unbedeutend dabei vor. Hinzu kam, daß Cylam ohne den üblichen Overall noch beeindruckender wirkte.
„Ich möchte euch um einen Gefallen bitten", sagte der Krane leise. „Der Junge da drüben ist nicht nur unbeherrscht, sondern auch noch hochmütig. Ich habe ihm angeboten, gegen Garayn oder Wyskynen zu kämpfen. Gegen den Tart hätte er sogar eine Chance gehabt. Aber er meint, daß es unter seiner Würde ist, seine Kräfte an einen anderen als einen Kranen zu verschwenden. Es wäre sehr leicht, ihm eine Lehre zu erteilen. Ihr habt gesehen, wozu die Wut ihn verleiten kann."
„Wir sind nicht hier, um uns mit deinen Schülern herumzuprügeln!" bemerkte Surfo Mallagan.
Cylam lächelte und zeigte dabei sein prächtiges Raubtiergebiß.
„Ich verlange nicht, daß ihr es ohne Gegenleistung tut", sagte er sanft. „Es gibt Leute, die auf euch nur gewartet haben. Ihr werdet schon bald Ärger bekommen, und es werden genug Kranen unter euren Gegnern sein. Wäre es nicht interessant für euch, zu wissen, wie ihr einen von uns vorübergehend ausschalten könnt?"
Die drei Betschiden sahen ihn überrascht an.
„Du willst uns einen wunden Punkt deiner Rasse verraten?" fragte Scoutie fassungslos.
„Ja."
„Man wird dich auf den allerletzten Planeten verbannen, wenn jemand das erfährt!"
warnte Mallagan.
Cylams Lächeln wurde noch breiter, und seine Wolfsohren zuckten.
„Was kümmert euch das?" fragte er. „Ihr werdet euch doch um mich keine Sorgen machen! Oder ist eure Ehrfurcht vor den Kranen so groß, daß ihr es gar nicht wagt, gegen sie anzutreten?"
„Du redest Unsinn!" behauptete Surfo Mallagan grob.
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