1026 - Blutige Vergangenheit
Möglichkeit, daß wir ihn sehen, wenn er kommt.«
Suko nickte. »Okay, ich bin dabei.«
»He, John – Suko!« Karens Ruf ließ uns zunächst mal das Vorhaben zurückstellen.
Winkend lief sie auf uns zu. Sie sah richtig glücklich aus und war aufgelöst. »Das finde ich toll. Mensch, wo habt ihr denn so lange gesteckt?«
»Ich habe Duncan gesucht.«
Karen wischte über ihr schweißfeuchtes Gesicht. Plötzlich war die Ausgelassenheit aus ihren Zügen verschwunden. »Du hast ihn nicht erwischt, John, wie?«
»Leider.«
»O Scheiße!« fluchte sie. »Dabei habe ich so darauf gehofft.« Wütend trat sie mit dem Fuß auf. »Aber das ist jetzt anders, alles wieder anders. Nun beginnt alles von vorn, nicht?«
»Es kann so sein.«
»War er denn im Turm?«
Ich nickte. »Er war dort, und ich habe auch sein Verlies gesehen, in dem er verhungerte. Es ist alles vorhanden. Sogar der Käfig mit dem Skelett seines Vaters. Duncan hat sich nämlich furchtbar an seinem alten Herrn gerächt und es ihm mit gleicher Münze heimgezahlt.«
»Was?« flüsterte Karen. »Er hat sich… es sind noch Spuren aus der Vergangenheit da?«
»Ja, und Duncan gibt es auch noch. Allerdings leicht verändert. Du wirst Mühe haben, ihn zu erkennen.«
»Wie sieht er denn jetzt aus? Kannst du ihn beschreiben?«
»Kennst du die alten Bilder, die sich die Menschen früher vom Teufel gemacht haben?«
»Klar, die kenne ich. Mit Hörnern, einem breiten Kopf, dem Bocksfuß und so weiter.«
»Genau.«
»Du willst doch nicht behaupten, John, daß Duncan Sinclair jetzt so aussieht?«
»Nicht ganz. Aber er ist auf dem Weg dazu. Also halte die Augen offen. Die Feier ist für uns vorbei, ehe sie noch richtig angefangen hat.«
»Was sollen wir denn tun?«
Suko erklärte ihr unseren Plan. Auch Karen war mit eingebunden, denn sie sollte hier zwischen den Feiernden die Augen offenhalten.
»Wir sind in der Nähe«, sagte Suko noch. »Nur nicht hier in dem großen Trubel, sondern mehr außen.«
»Ja.« Karen nickte. »Wenn das so ist…« Sie faßte sich gegen den Hals. »Mein Gott, was kann hier noch alles passieren. Und niemand außer uns weiß etwas.«
»Genau das ist unser Problem und sein Vorteil«, murmelte ich…
***
Die Bestie war wieder frei!
Sie schlich wie Schatten durch die Dunkelheit und bewegte sich noch der Nähe des Steilhangs, denn dort führte der zweite Ausgang ins Freie. Duncan hatte ihn sich selbst geschaffen, nachdem er zurück ins »Leben« gelangt war.
Seine Augen bewegten sich, als er Deckung gefunden hatte. Er sah den Widerschein der bunten Lichter, der vom Boden zwischen den alten Mauern in die Höhe stieg, aber den Himmel nie erreichte, sondern irgendwo dazwischen wie ein farbiger Nebel hängenblieb.
Menschen hatten dafür gesorgt. Und Menschen hielten sich an der alten Ruine auf. Frauen, Männer, Kinder – leichte Beute für ihn, denn niemand ahnte etwas.
Abgesehen von diesen zwei Männern, mit denen Duncan nicht zurechtkam. Der eine war ein Sinclair, der andere nicht. Aber beide mußte er als äußerst gefährlich einstufen. Zudem hatte es sein Namensvetter geschafft, ihm eine Niederlage beizubringen. Das geweihte Silber hatte die Existenz ausgelöscht, und nur durch seinen Zweitkörper war es ihm gelungen, weiterhin am »Leben« zu bleiben. Jetzt war er froh darüber, daß die Sicherung vor langer Zeit eingebaut worden war, aber er war auch verletzlicher geworden.
Und er war dabei, sich in die Person zu verändern, der er einst gedient hatte. Sie hatte ihm auch die Seele gegeben, damit er existieren konnte. Aus einer anderen Welt, einer tiefen Hölle oder wie auch immer war er gekommen, ein namenloser Dämon, bestehend aus reiner Boshaftigkeit und aus Gier.
Genau diese Gier leuchtete auch in Duncans Augen. Eine besondere Gier, über die er normalerweise nie reden wollte Sie war wild, sie war für Menschen nicht zu begreifen, aber sie hatte etwas mit Menschen direkt zu tun.
Die Gier nach ihnen.
Nach ihrem Fleisch!
Denn durch die Verwandlung hatte der Geist des schrecklichen Dämons bei Sinclair voll durchschlagen können. Er war jetzt sein Nachfolger. Einer, der den Namenlosen übernommen hatte und weiterführte. Einer, der nur eines wollte – Menschenfleisch!
Duncan Sinclair war zu einem wilden Kannibalen geworden, in dem die Unruhe tobte.
Er hockte in seinem Versteck und bewegte sich. Er scharrte unruhig mit den Füßen, die normal geblieben waren. Aber seine Hände hatten sich verändert. Zwar gab es noch
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