1030 - Das Ende einer Hexe
gewachsen war. Die Augen hätten ebenso einem Fisch gehören können. Es gab keine Brauen, die Augen starrten ohne jeden Ausdruck in die Höhe.
Ein Kopf ohne Haare, dafür mit dieser grünbraunen Haut bedeckt. Auch über die Ohren zog sie sich straff hinweg, und der Killer verlor den Glauben an sich selbst.
Er befand sich inmitten der Realität, aber er kam mit ihr nicht mehr zurecht. Was er hier erlebte, überstieg sein Begriffsvermögen. Er konnte auch nicht mehr richtig denken.
»Du!« keuchte er und schaffte es, den Kopf zu drehen, um zu Mona zu schauen.
Die lehnte an der Wand und bewegte sich nicht. Sie schien an ihr festgeklebt zu sein. Den Mund hielt sie offen. Ob sie atmete, war nicht zu erkennen. Das Grauen hatte sie zu einer regelrechten Statue werden lassen.
Quiller starrte wieder nach vorn. Noch immer lag die Hexe unbeweglich. Nur ihr Mund hatte sich stärker verzogen. So sah er aus, als wollte sie damit Quiller angrinsen und ihm klarmachen, daß er dieses Spiel verloren hatte.
Er atmete saugend und laut ein. »Du!« keuchte er noch einmal, von Emotionen geschüttelt. »Du wirst trotzdem sterben. Ich werde dich…« Er vollendete den Satz nicht, sondern rammte sein Messer nach unten zu einem allerletzten Versuch…
***
Ich war nicht mehr an der Rückseite stehengeblieben, denn das schmale Fenster war einfach zu schmutzig gewesen, um hindurchschauen zu können. Nach dem scharfen Lachen der Mona Drake war ich zur Tür gehuscht und hatte versucht, sie zu öffnen.
Es war leicht gewesen, und es hatte auch kaum Geräusche verursacht. Zudem waren die drei mit sich selbst beschäftigt gewesen. Ich erlebte als Beobachter alles mit und war auch einige Male versucht gewesen, einzugreifen.
Doch ich hielt mich zurück.
Für Mona hatte sich die Lage entspannt, das war am wichtigsten. Nicht aber für Quiller und die Hexe.
Während ich zuhörte, wie die beiden zueinander gefunden hatten und wie ich ins Spiel gekommen war, schaute ich mir Quiller genauer an. Es lagen wirklich Jahre dazwischen, seit wir uns zum letztenmal gesehen hatten. Ich wäre auch nicht sicher gewesen, ob ich ihn auf der Straße erkannt hätte, denn sein Haar war noch heller geworden. Möglicherweise hatte er es auch bleichen lassen.
Dazu paßten die helle Haut und die rötlich unterlaufenen Augen. Dieser Mensch gehörte zu der seltenen Sorte der Albinos. Das Aussehen läßt bestimmt nicht auf den Charakter der Person schließen, in diesem Fall aber traf es zu.
Quiller war nicht nur ein mehrfacher Mörder, er hatte auch versucht, sich der Seite zuzuwenden, die von mir bekämpft wurde, und er war dabei einen Schritt zu weit gegangen.
Der Lehrling hatte seine Meisterin aus dem Weg schaffen wollen, aber er hatte sie nicht wirklich gekannt. Er wußte nicht, wer sich hinter dem schönen Gesicht der Giovanna Sarti tatsächlich verbarg, und mit dem Begriff der Kreatur der Finsternis konnte er nicht viel anfangen, im Gegensatz zu mir.
Ich wußte, wen ich vor mir hatte, als ich auf meinem Lauscherposten zuhörte, und mir war trotz der schwülen Hitze kalt geworden.
Über die Existenz dieser urzeitlichen Dämonen nachzudenken, dafür war nicht die Zeit, denn Quiller war einfach nicht zu belehren. Er vertraute noch immer seinem Messer.
Damit stieß er zu, und er hatte dabei auf das Gesicht der Dämonin gezielt, um es zu zerstören.
Ich stieß zugleich die Tür auf!
***
Rodney Quiller war davon überzeugt gewesen, die Hexe oder wer immer sie war, erwischen zu können, doch er hatte nicht damit gerechnet, daß andere auch schnell sein konnten.
Sein Arm mit dem Messer rammte nach unten.
Der andere aber schoß in die Höhe!
Quillers Stoß wurde gestoppt. Er mußte den Eindruck haben, gegen eine Stange geschlagen zu haben, so hart war plötzlich der Widerstand geworden. Und die Stange verwandelte ich in eine Greifklaue, die seinen rechten Arm eisern festhielt.
Quiller starrte nach unten. Er konnte es nicht fassen, daß eine derartige Kraft in dieser so zart wirkenden Frauenhand steckte, denn sie hatte sich nicht zu einer Echsenklaue verwandelt, wie es vielleicht verständlich gewesen wäre.
Der Albino stöhnte. Sein Gesicht veränderte dabei den Ausdruck. In ihm zeichnete sich eine irre Wut ab. Er kämpfte verzweifelt gegen den Druck an - vergebens.
Was ihn gewaltige Anstrengung kostete, das nahm die Hexe locker hin. Die Person, die einmal tot gewesen war, drückte den Arm des Rodney Quiller hoch und höher, und der Körper bewegte sich
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