1035 - Sphinx
groß."
Klinocs hatte sich im Portierzimmer niedergelassen, in dem ein grauhaariger Mann mit einem faltigen Gesicht an einem Tisch saß, auf dem sich Akten stapelten und Kaffeeflecke ein landkartenähnliches Muster bildeten.
Der alte Mann blickte Ellmer unwillig an.
„Ich habe schon gehört, was in der vergangenen Nacht los war, und ich sage dir ..." Sein Blick fiel auf Srimavo, und er verstummte augenblicklich. Er sah erstaunt aus.
„Wer ist das?" fragte er regelrecht hingerissen und mit einer Betonung, als hätten alle anderen Dinge ihre Bedeutung verloren.
„Srimavo", sagte Ellmer und war sicher, daß der Mann überhaupt nicht zuhörte.
„Mein Gott, Kind!" rief der Alte. „Wer hat dich denn so zugerichtet? Mit diesen Kleidern kann man dich doch nicht herumlaufen lassen!"
Ellmer errötete unwillkürlich.
„Ich habe ihr Sachen von mir gegeben", sagte er schuldbewußt. „Wir, das heißt Parnatzel hat das Mädchen im Park gefunden. Wir wissen nicht, zu wem sie gehört - deshalb sind wir hier."
„Ich gehöre zu niemanden", verkündete Srimavo.
Ihre Stimme schwang durch den farblosen Raum und schien in den Gängen und im Treppenhaus ein Echo hervorzurufen.
„Sie ist nicht von hier", erklärte der Grauhaarige bestimmt. „Das seht ihr doch!"
Ellmer sagte geduldig: „Wir möchten mit jemand von der Einwohnermeldebehörde sprechen. Ich glaube, Jedrik ist dafür zuständig."
„Jedrik befindet sich in Terrania", versetzte der Alte. „Er versucht zu verhindern, daß man uns weitere Evakuierte schickt. Wir haben keinen Platz mehr für sie."
Klinocs richtete sich auf und beugte sich erwartungsvoll vor.
„Möchte jemand einen Kaffee?" fragte er völlig unmotiviert.
„Um Himmels willen!" rief der Grauhaarige. An Ellmer gewandt, sagte er entschuldigend: „Nicht, daß du denkst, ich wollte euch nichts anbieten, aber wenn dieses Wrack von einem Roboter Kaffee kocht, gibt es hier eine Überschwemmung."
Srimavo deutete hinter die große Frontscheibe des Portierraums.
„Aber der Kaffee ist ja bereits fertig", stellte sie fest.
Während die Stimme in ihm nachklang, folgte Ellmer mit seinen Blicken ihrer ausgestreckten Hand und sah einen dampfenden Topf auf einer Anrichte stehen. Der Alte drehte sich auf seinem Sitz um und runzelte die Stirn.
„Das ist ja wohl nicht möglich", sagte er stirnrunzelnd. „Klincos, wann hast du das gemacht?"
„Überhaupt nicht", versetzte der Roboter.
Der Portier machte ein gequältes Gesicht.
„Mit diesem Burschen lebt man gefährlich", behauptete er. „Er macht jeden Tag ein paar Fehler mehr. Vermutlich wird er noch explodieren."
Ellmer hatte ein Gefühl, als verlöre er den Boden unter den Füßen. In seinem Bewußtsein tanzte das schwarze Feuer, das von diesem Kind ausging.
„Wer vertritt Jedrik?" hörte er sich fragen.
„Van Duren. Ihr findet ihn im ersten Stock, drittes Zimmer links." Der Grauhaarige war aufgestanden, zur Anrichte gegangen und starrte ungläubig in den Topf.
„Das ist ja wohl nicht möglich", wiederholte er. Dann besann er sich seiner Pflichten.
„Natürlich kann ich euch unter diesen Umständen etwas ..."
„Nein!" rief Jakob Ellmer hastig. Er floh förmlich zur Treppe, die in die oberen Etagen hinaufführte. Es gab auch einen Antigravschacht, aber der war, wie ein Hinweisschild die Besucher belehrte, nicht in Betrieb.
Parnatzel schwabbelte hin und her wie ein zu groß geratener Pudding.
„Es ist vielleicht besser, wenn ich hier unten warte", schlug er vor. „Die Beamten haben von dir erfahren, wer für die Diebstähle der vergangenen Wochen verantwortlich ist."
Ellmer hörte Srimavo lachen - zum erstenmal. Das Gelächter war glockenhell und melodisch wie ihre Stimme, aber es schwang ein aufreizender Unterton darin mit. Ein Gefühl der Abneigung überkam Ellmer. Er kämpfte gegen das Gefühl an und überwand es, denn es war zweifellos irrational.
„Du brauchst dir keine Sorgen zu machen", sagte er geistesabwesend zu dem Wesen von der Hundertsonnenwelt. „Ich habe das alles geregelt. Wir beide kommen für die Schäden auf, die du angerichtet hast. Das heißt", schloß er seufzend, „ich werde dafür aufkommen, denn du bist arm wie eine Kirchenmaus."
Prompt fragte Parnatzel: „Was ist das?"
Ellmer ignorierte ihn, löste seinen Blick fast gewaltsam von den Augen des Mädchens und stieg die Treppe hinauf. Im Gang in der ersten Etage warteten ein paar Männer und Frauen. Ellmer kannte keinen von ihnen. Vermutlich waren es
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