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1035 - Sphinx

Titel: 1035 - Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Angelegenheit erscheint mir zu wichtig, als daß ich sie allein erledigen könnte. Ich will sehen, ob der Bürgermeister schon eingetroffen ist."
    Er schaltete ein Bildsprechgerät ein. Ellmer sah Deernos Gesicht und hörte van Duren respektvoll sagen: „Da ist dieser Jakob Ellmer mit einem Mädchen, das er letzte Nacht gefunden haben will, Bürgermeister."
    „Ellmer!" rief Deerno mit einer Betonung, als spräche er vom Teufel persönlich. „Will er schon wieder für Ärger sorgen?"
    „Du solltest dir das Kind einmal ansehen, Brude", schlug van Duren vor. „Wahrscheinlich kommt es von einem der Handelskontore. Ich bin sicher, daß seine Eltern bald auftauchen, um nach ihm zu fragen."
    „Ich komme", sagte Deerno.
    Van Duren begann hastig die verstreuten Papiere einzusammeln. Es war ihm anzumerken, daß er vor Eintreffen des Bürgermeisters damit fertig sein wollte.
    Als gleich darauf Deerno den Raum betrat, stand eine steile Falte auf seiner Stirn, und er deutete mit dem Daumen hinter sich.
    „Du hast diesen Schnapsdieb tatsächlich mit hierher gebracht!" fuhr er den ehemaligen Raumfahrer an. „Nun ist er draußen im Gang und schwatzt mit den Evakuierten."
    Sein Blick fiel auf Srimavo, und für Ellmer war es ein abermals faszinierender Prozeß, dieses Wechselbad von Gefühlen auf dem Gesicht eines Menschen ablesen zu können.
    „Sie heißt Srimavo", erklärte van Duren. „Sie ist zwölf. Ellmer hat sie im Park gefunden.
    Sie weiß angeblich nicht, woher sie kommt und zu wem sie gehört."
    Deerno, der gern als ein Mann auftrat, der auf alle Fragen eine Antwort wußte, sagte großspurig: „Sie hat einen Schock erlitten und dabei das Gedächtnis verloren, so was gibt es. Haben wir schon eine Vermißtenmeldung?"
    „Hier nicht", sagte van Duren nervös.
    „Die Sache ist ganz einfach", behauptete Deerno. „Wir lassen sie ins medizinische Zentrum von Shonaar bringen. Die Ärzte werden sich ihrer annehmen und untersuchen.
    Bevor sie damit fertig sind, werden vermutlich die Eltern auftauchen."
    Er zwängte sich zwischen van Durens Schreibtisch und der Wand und den hinteren Teil des Raumes und begab sich an das Bildsprechgerät. Dann gab er ein paar Anweisungen.
    Zwei Beamtinnen der Stadtverwaltung sollten kommen und Srimavo ins medizinische Zentrum fliegen.
    „Du kannst gehen", sagte Deerno abschließend zu Ellmer. „Übrigens wird dir der Einsatz von Gerätschaften und Beamten der Stadtverwaltung in Rechnung gestellt."
    „In dieser Reihenfolge?" erkundigte sich Ellmer spöttisch.
    Er sah Srimavo an. Sie hielt den Kopf gesenkt, aber Ellmer hatte nicht den Eindruck, daß sie ängstlich oder traurig war. Er legte ihr eine Hand auf die Schulter.
    „Man wird sich um dich kümmern", versicherte er ihr. „Du bist jetzt in guten Händen."
    Sie sah kurz auf, und Ellmer zuckte unter dem Blick zusammen wie unter einer Berührung. Er wandte sich abrupt ab und floh förmlich auf den Gang hinaus. Gleich darauf spürte er, wie die dunklen Flammen in seinem Bewußtsein zusammenfielen und schließlich erloschen. Er fühlte sich wie von einer Last befreit, gleichzeitig hatte er das Gefühl, etwas sehr Wertvolles verloren zu haben.
    Parnatzel kam von einer Gruppe von Evakuierten herangeglitten.
    „Wo ist sie?" erkundigte er sich.
    Ellmer nickte in Richtung der Tür.
    „Sie geben sie in ärztliche Obhut und warten darauf, daß die Eltern sich melden."
    Parnatzel schien damit nicht zufrieden zu sein, aber er schwieg verdrossen.
    Drinnen im Büroraum sagte Brude Deerno zu van Duren: „Die meisten dieser Raumfahrer sind aufsässige Liberale."
    Ein Schatten fiel über das Fenster, und vorübergehend herrschte innerhalb des Raumes Halbdunkel. Es dauerte nur einen Augenblick, aber Deerno erbleichte und fragte erschrocken: „Was war das?"
    „Eine Wolke, vielleicht", entgegnete van Duren mit krächzender Stimme. „Soll ich draußen nachsehen?"
    „Unsinn", lehnte Deerno ab. „Wozu?"
    Srimavo stand still da und rührte sich nicht. Ihr Gesicht wirkte auf eine Weise weltentrückt, wie Deerno es bei einem jungen Menschen noch nie gesehen hatte. In der Gegenwart dieses Kindes fühlte er sich unbehaglich, aber irgend etwas an ihm zog ihn auch wiederum an.
    „Eine richtige kleine Sphinx", sagte er beunruhigt.
    So erhielt Srimavo jenen zusätzlichen Namen, unter dem sie bald über die Grenzen von Shonaar hinaus bekannt werden sollte.
     
    3.
     
    Als sich Jakob Ellmer und Parnatzel dem Bungalow des ehemaligen Raumfahrers näherten,

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