104 - Mr. Silvers Sohn
Er sagte, erst müßten wir bezahlen.
Wir hatten keine Ahnung, womit. Aterbax sagte es uns und wollte uns wieder fortschicken, aber Mr. Silver durfte vor allem wegen Cuca keine Zeit verlieren, denn sie war schon fast ganz zum Baum geworden.
Mr. Silver verlangte, daß Aterbax eine Ausnahme machte und auf eine Dämonenseele verzichtete, doch dazu war der Wächter des Zauberbrunnens nicht zu bewegen.
»Dann zwingst du mich, mir den Zugang zum Brunnen mit der Waffe in der Hand zu erkämpfen!« sagte der Ex-Dämon.
»Das würde ich an deiner Stelle nicht versuchen«, kam es dumpf unter dem Helm hervor, der Aterbax' Gesicht verdeckte. Er hatte die Form einer Wolfsschnauze, und durch zwei Öffnungen starrte ein Augenpaar, das möglicherweise einem Tier gehörte.
Aus dem Helm ragten Hörner, und von der Metallschnauze bogen sich zwei lange Zähne abwärts. Auch Aterbax' Schultertasche war aus Metall und mit weißen Federn verziert.
Der Wächter des Zauberbrunnens hatte eine eiserne Hand mit langen Metallkrallen. Über die linke Schulter trug Aterbax ein scharlachrotes Tuch.
Mir fiel keine Waffe auf. Dennoch zeigte Aterbax keine Furcht. Ich nahm an, daß ihm eine starke Magie zur Verfügung stand, die er gegen Mr. Silver einsetzten würde, wenn es zum Kampf kam.
Mr. Silver ließ mich los. Er legte Cuca auf den Boden und griff zum Schwert. Langsam zog er die schwarze Waffe aus dem Lederfutteral. Ich wich zur Seite. Meine Bewegungen waren hölzern. Ich betrachtete mich und stellte erschrocken fest, daß der Holzkeim auch bei mir schon sehr weit um sich gegriffen hatte.
»Töte ihn, Silver!« schrie ich. »Mach ihn fertig, damit wir zum Brunnen können! Wir haben keine Zeit zu verlieren! Das Holz! Es setzt sich immer mehr in mir fest! Und Cuca hat nur noch ein paar Minuten!«
Vielleicht blieb der Hexe auch noch mehr Zeit, aber ich mußte den Ex-Dämon in diesen Kampf treiben. Ich würde nicht warten, bis er ausgetragen war.
Mich interessierte nicht, wer siegte. Ob das nun Mr. Silver war oder Aterbax war, konnte mir egal sein. Hauptsache, ich wurde den Holzkeim los.
Jetzt richtete der Ex-Dämon das Höllenschwert gegen Aterbax. »Du solltest mir aus dem Weg gehen!« knurrte er.
»Ich werde dich töten!« stieß Aterbax haßerfüllt hervor, weil es Mr. Silver wagte, ihn mit der Waffe zu bedrohen. »Ich werde dich mit meinen magischen Krallen zerfleischen!«
»Das versuche erst« erwiderte der Hüne und erstarrte zu Silber.
Erst dann griff er an. Entschlossen schlug er mit dem Höllenschwert zu. Aterbax wich dem Hieb aus und parierte mit der Eisenfaust. Er traf den Ex-Dämon. Funken sprühten, als die gegnerischen Magien miteinander in Berührung kamen.
Mr. Silver ächzte.
Aterbax' Magie war nicht zu unterschätzen. Da, wo die Eisenfaust den Körper des Ex-Dämons getroffen hatte, hatte er sich zurückverwandelt, bestand also nicht mehr aus Silber und war somit verwundbar.
Der Wächter des Zauberbrunnens schlug erneut zu, und Mr. Silver setzte das Höllenschwert wieder ein, aber im Moment machte Aterbax die bessere Figur.
Vermutlich steckte dem Ex-Dämon noch der kräfteraubende Kampf gegen Reccish in den Knochen. Er hatte sich mit uns abgeschleppt, hatte mit seiner Silbermagie dafür gesorgt, daß sich der Holzkeim nicht so schnell ausbreiten konnte.
Er hatte sich einfach zu sehr verausgabt.
Der Wächter des Zauberbrunnens schaffte es sogar zwischendurch, mich mit einem Magieschlag niederzustrecken, als ich an ihm vorbeieilen wollte. Dieser Schlag hob die Silberkraft in mir auf, und ich spürte, wie der Holzkeim sich sofort wesentlich rascher in mir ausbreitete.
Das bedeutete, daß ich Cuca bald eingeholt haben würde. Und dann würde ich sie überholen und noch vor ihr zum Baumvampir werden!
***
Judy Simmons stieß ein silberhelles Lachen aus, als Henry Huston ihren schlanken Hals küßte. »Doch nicht auf dem Flur«, sagte sie gurrend. »Kannst du nicht warten, bis wir in deiner Suite sind?«
»Du bist ein atemberaubendes Mädchen«, keuchte Huston. »Du bringst jeden Mann um den Verstand.«
Er schloß die Tür auf. Sie traten ein. Drinnen wandte sich Judy ihm zu, schlang die Arme um seinen Nacken und flüsterte: »Endlich allein.«
Er spürte den Druck ihrer üppigen Brüste und grinste sie an. »Ist fast noch ein schlapper Nachmittag, erst zehn. Hast du eine Idee, wie wir die Zeit sinnvoll nützen könnten? Gegessen haben wir schon. Getrunken auch.«
»Aber noch nicht genug… Getrunken, meine ich.
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