1040 - Madonna auf dem Höllenthron
aus Knochen, okay, nur…«
»Ich kenne ihn.«
»Ach.« Julia schüttelte den Kopf. »Haben Sie ihn schon mal gesehen. Oder dieses Bild?«
»Nein, so ist es nicht. Es gibt diesen Thron aus Knochen noch einmal, wenn Sie verstehen.«
»Noch nicht. Hat jemand das gleiche Bild gemalt? Existiert ein Duplikat davon?«
»Nein, Julia. Es gibt nur den Thron ein zweites Mal. Und nicht auf einem Bild.«
»Ahhh - ich verstehe. Sie meinen, daß es diesen Thron in der Wirklichkeit gibt. Daß er echt ist.«
»Genau das.«
Julia Ross stöhnte auf, trat etwas zurück, schlug die Hände vor ihr Gesicht und schüttelte den Kopf. »Das darf doch nicht wahr sein!« hauchte sie. »Das kann ich mir nicht vorstellen. Vielleicht hat jemand nach dem Bild gearbeitet und es als Vorlage genommen. Mittlerweile halte ich alles für möglich.«
»Das glaube ich wiederum nicht, wenn ich ehrlich sein soll. Den Sessel, den ich meine, bestand aus einem Stück.«
Sie begriff sehr schnell. »Denken Sie dabei an das Skelett eines Menschen, das nicht zerstört worden ist, so daß man aus ihm einen Sessel oder Thron gebaut hat?«
»Sehr richtig, Julia.«
»Dann hat dieser Mensch auch mal gelebt, existiert…«
»Auch das.«
»Wie war denn sein Name?«
Ich drehte meinen Kopf, um die Restauratorin anzuschauen. Personen mit derartigen Berufen kannten sich auch oft in der Geschichte aus. Ich hielt deshalb mit dem Namen nicht hinter dem Berg. »Der Mann, dessen Skelett als Thron benutzt wurde, hieß Jacques Bernard de Molay.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ein Franzose, John. Bitte, seien sie mit nicht böse, wenn ich Ihnen sage, daß mir dieser Name nichts sagt. Zwar kenne ich mich in der Geschichte etwas aus, aber ich weiß nicht, wer das gewesen ist.«
»Der letzte Templer-Führer, der auf dem Scheiterhaufen damals verbrannt wurde. In Paris. Auf der Ile de la Cite.«
»Verbrannt, sagten Sie?«
»So ist es.«
»Und trotzdem existiert dieser Knochensessel aus den Gebeinen des Verbrannten?« Sie schüttelte einige Male den Kopf. »Das verstehe ich wirklich nicht.«
Mir blieb zunächst nichts andere übrig, als die Schultern zu heben. »Gehen Sie davon aus, Julia, daß dieser Knochensessel existiert. Hier auf dem Gemälde sehen Sie einen, aber bei meinen Templer-Freunden existiert ein zweiter. Und der ist echt.«
»Auch mit dem Schädel darauf?«
»Ja.«
»Ich kann das nicht fassen.«
Das glaubte ich ihr gern. Auch mir war es ein Rätsel. Daß es zwei, beinahe identische Knochensessel gab, damit mußte ich auch erst fertig werden. Zudem stellte sich einfach die Frage, wie diese Untote und der alte Mönch dazu paßten. Für mich mußte es einfach eine Verbindung zwischen den dreien geben.
Man hatte den letzten Anführer der Templer verbrannt. In manchen Büchern waren auch andere Jahreszahlen zu lesen, doch das war jetzt unwichtig. Verglich ich das Bild mit der Jahreszahl, so konnte ich unmöglich einen Zusammenhang erkennen, denn es war sicherlich lange nach dieser Verbrennung gemalt worden.
»Was macht Sie so nachdenklich, John?«
Ich lächelte Julia zu. »Das Rechnen.«
»Bitte?«
»Dieser Templer-Führer ist im vierzehnten Jahrhundert verbrannt worden, und ich glaube nicht, daß dieses Gemälde schon so alt ist. Oder irre ich mich da?«
»Nein, Sie irren sich nicht. Das Bild ist zwar alt, aber…« Julia sprach nicht mehr weiter. Statt dessen runzelte sie die Stirn und fuhr mit einer Fingerspitze über die waagerechten Falten hinweg, als wollte sie diese nachzeichnen.
»Was haben Sie?«
»Ich schäme mich fast«, sagte sie und lief rot an. »Wirklich, ich schäme mich, denn ich kann Ihnen nicht einmal genau sagen, aus welchem Jahr dieses Bild stammt.«
»Jahrhundert würde mir schon reichen.«
»Kann ich mir denken. Da muß ich auch schätzen. Ich habe mit Scotty…«
»Wer ist das?«
»Der Besitzer der Galerie und mein Arbeitgeber. Wir nennen ihn einfach so.«
»Okay. Was sagt Scotty?«
»Das Bild kann«, sie überlegte einen Moment. »Im achtzehnten Jahrhundert entstanden sein. Nageln Sie mich nur nicht darauf fest. Es kommt mir auch zeitlos vor. Schauen Sie sich diese Blutfrau mal an. Sie trägt ein durchsichtiges Outfit, wie es heute auch wieder auf allem möglichen Laufstegen zu sehen ist.«
Da mußte ich ihr recht geben. Es lag erst einige Wochen zurück, da hatten die Conollys und ich eine Modenschau besucht und waren mit dieser Mode konfrontiert worden.
»Mehr kann ich auch nicht sagen, John.«
»Wissen Sie denn,
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