1042 - Das Feuer-Monster
hingeben. Dabei spielte es keine Rolle, ob er bei Tageslicht im Wald hockte oder in der Nacht, denn Furcht vor der Dunkelheit kannte ein Mann wie er nicht.
Der Wald nahm ihn auf. Er war ein Freund. Je stiller die Umgebung um ihn herum war, um so schärfer waren Maliks Sinne geworden. Er fühlte sich als ein Stück Natur, denn der Wald hatte ihn mit offenen Armen empfangen.
Er gab ihm Schutz und Sicherheit vor den Entdeckungen irgendwelcher Menschen. Nicht daß er sich vor ihnen gefürchtet hätte, nein, das nicht, er wollte nur in gewissen Zeiten allein sein und selbst bestimmen, wann er sich unter die Menschen wagte. Einen bestimmten Platz hatte er sich nicht ausgesucht. Malik ließ sich zumeist dort nieder, wo das Unterholz besonders dicht war und in seinem Fall noch ein löchriges Dach aus abgefallenem Laub bekommen hatte.
Er fühlte sich wohl, denn er hockte dort wie in einer Höhle und fing nun an, sich selbst aufzubauen und sich selbst zu genießen.
Ja, er hatte es geschafft. Wieder einmal waren seine Hände zu tödlichen Waffen geworden. Und diesmal hatte es zum erstenmal einen Vertreter der Kirche erwischt, so wie es mit IHM abgesprochen war.
Sein Leben gefiel ihm. Besonders deshalb, weil es so komplex geworden war. Er hatte sich als Rächer angesehen und hätte nie damit gerechnet, daß ihm Konkurrenz gemacht wird. Von einem Mann, der ihn überholt hatte.
Sie jagten ihn als Priestermörder. Er hatte bereits vier dieser Kirchenmänner umgebracht, und man würde ihm auch den Mord an dem fünften Priester in die Schuhe schieben. Auf ihn, Malik, würde niemand kommen. Er hatte seine Spuren zu gut verwischt und das Eigentliche einem unfreiwilligen Helfer überlassen.
Der Mann gefiel ihm. Eigentlich hatte Malik dafür gesorgt, daß er diesen Weg einschlug. Kurz nach dem Brand der Kirche war Malik ihm erschienen. Er war es gewesen, dessen Bild dieser Shannon mit in die Bewußtlosigkeit genommen hatte.
Nie würde er ihn vergessen - nie! Und er hatte in Maliks Sinne genau die richtigen Schlüsse gezogen. Sollte er ruhig noch weitermachen, um so ruhiger konnte Malik im Hintergrund arbeiten.
In seiner Deckung hockte er auf einem weichen Kissen aus Moos und hatte die Beine vorgestreckt.
Die Augen hielt er halb geschlossen. Er war dabei, sich zu entspannen und horchte, in den Wald hinein, in dem es nie still war.
Selbst in der Nacht waren Geräusche zu hören. Zeugen eines geheimnisvollen Lebens, das sich im Verborgenen abspielte. Er hörte das Rascheln, das Huschen kleiner Füße über den Boden. Dann und wann ein leises Knacken oder er sah einen breiten Schatten durch den Wald segeln. Zielsicher und kurvig. Vorbei an den Hindernissen auf der Suche nach Beute. Es waren die Herrscher des nächtlichen Waldes, die großen Vögel wie Eulen oder Uhus, die auch hier ihre Verstecke gefunden hatten.
Sie schienen sich mit dem leise säuselnden Wind um die Wette zu bewegen, aber sie kamen nie zu nahe an das Versteck des Mannes heran. Ein sicherer Instinkt hielt sie davon ab. Eine gewisse Angst.
Angst!
Dieser Begriff beschäftigte auch Malik. Seine Gedanken glitten zurück, weit zurück, bis hinein in seine Kindheit, die so furchtbar für ihn gewesen war.
Eltern? Gab es sie?
Ja, für alle Menschen. Jeder besaß Vater und Mutter, Malik ebenfalls. Oder nicht?
Doch, es hatte sie gegeben. Früher, aber er konnte sich nicht mehr an sie erinnern. Er war kein Kind gewesen, sondern nur mehr ein Produkt. Es stimmte. Ein Produkt, denn man hatte ihn nicht gewollt.
Seinen Vater hatte er noch in Erinnerung gehabt. Einen großen Menschen mit dunklen Haaren, der dem Beruf des Priesters nachgegangen war. Aber er hatte viele Verfehlungen begangen, und das Produkt einer seiner Fehltritte war Malik gewesen.
Ein Kind. Ein Balg. Einer, der störte, der versteckt werden mußte, da die Gesellschaft es nicht verzieh, wenn ein Priester der Erzeuger eines Kindes war.
Deshalb hatte er verschwinden müssen. Er hatte nicht bleiben können. Er war weggegeben worden.
Irgendwohin. In ein Heim. In ein düsteres Gebäude, wie ein Gefängnis. Dort war er nicht erzogen, sondern bewacht worden. Man hatte ihm den Glauben einprügeln wollen und ihn zu den Messen gehetzt, die er aus tiefster Überzeugung ablehnte. Er erinnerte sich an die kalten Gesichter der Nonnen mit den bösen Augen und hin und wieder an die Besucher in den langen Kutten, die ihn bestraft hatten, wenn die Nonnen sie gerufen hatten.
Eines hatte er gelernt.
Es gab nicht Gut und
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