1042 - Das Feuer-Monster
für uns wichtig.«
»Was wollen Sie denn?«
»Ich möchte, daß Sie sich erinnern, Mr. Shannon. Und zwar an den Mann, der Sie damals niedergeschlagen hat.«
Seine gefesselten Hände zuckten in Walter Kinsleys Richtung. »Das war einer von denen, verflucht.«
»Das glauben wir Ihnen auch. Nur möchte ich gern wissen, wie er ausgesehen hat. Können Sie sich erinnern? Haben Sie ihn noch genau in Ihrem Gedächtnis?«
»Ja!« stöhnte er mir die Antwort entgegen. »Den vergesse ich nie. Ich werde ihn auch noch kriegen. Ich habe es meiner Familie geschworen. Er starrte mich noch an, bevor er zutrat. Ich hab' ihn trotz des schlechten Lichts erkennen können.«
»Dann sagen Sie uns endlich, wie dieser Mann aussah. Geben Sie uns die Beschreibung.«
»Es war der Teufel in Verkleidung. Der Satan in Gestalt eines Pfarrers.«
»Tatsächlich?«
»Es kann nur so gewesen sein?«
»Wuchsen Hörner aus seiner Stirn?« fragte ich und das nicht einmal spöttisch.
»Nein, das nicht. Ich sprach von einer Verkleidung. Er war ein Mensch, und er sah auch so aus. Dunkle Haare, die lang um sein Gesicht wuchsen…« Shannons Augen hatten einen nachdenklichen Ausdruck angenommen. Er dachte nach und holte sich die für ihn schrecklichen Bilder wieder zurück. »Ein langes Gesicht, eine schartige Haut, dichte Brauen und böse, sehr böse Augen. Ja«, flüsterte er, »sie waren schlimm. Sie waren sogar verdammt schlimm.«
»Hat er etwas gesagt?«
»Nein, nichts. Ich hörte nur noch immer die Schreie. Aber er hat gegrinst, bevor er zutrat. Dunkle, lange Haare, so sieht kein Priester aus…«
»War er jung, alt…?«
»Recht jung noch.«
»Wie jung?«
»Weiß ich nicht!« schrie Shannon mich an. »Verdammt, es war so schlimm. Das Feuer, die Schreie, dann dieser Mann. Ich bin damit nicht zurechtgekommen.«
»Haben Sie ihn vorher einmal gesehen?« erkundigt ich mich.
»Nein, nie. Er war fremd.«
»Gut, Mr. Shannon, dann werden wir…«
Ich sprach den Satz nicht mehr aus, denn hinter mir hatte ich einen erstickt klingenden Schrei vernommen. Ich drehte mich auf der Stelle, ebenso wie Suko und der Inspektor.
Den Schrei hatte Walter Kinsley ausgestoßen. Er sah zitternd auf seinem Stuhl. Von seiner Ruhe und der Übersicht, die er ausstrahlte, war nichts mehr zu spüren. Das Gesicht war schrecklich bleich geworden, und er schaute uns aus leeren Augen an.
»Was haben Sie?« rief Suko.
Der Geistliche hob mit einer müden Bewegung seinen rechten Arm und suchte nach Worten. »Ich kenne den Mann, den Shannon beschrieben hat«, gab er zu. »Ja, ich kenne ihn, denn ich habe ihn in meinem Haus zwei Nächte und zwei Tage wohnen lassen…«
***
Jetzt waren wir von den Socken, denn mit einer derartigen Wendung des Falls hatte keiner von uns gerechnet.
»Das darf nicht wahr sein«, murmelte Biker.
Ich hob nur die Schultern, während Suko nickte.
Walter Kinsley stöhnte auf und wischte über sein Gesicht. »Ich wußte es ja nicht. Ich… ich… glaubte, ihm einen Gefallen zu tun. Er war auf der Durchreise, wie er selbst sagte.«
»Wie hieß er?« fragte Suko.
»Malik. Bruder Malik.«
Wir schauten uns an. Den Namen hatten wir nie zuvor gehört. Aber er klang fremd.
»Was hat er von sich erzählt?« wollte ich wissen. »Woher ist er gekommen?«
Der Geistliche hob die Schultern. »So genau weiß ich das nicht. Ich habe ihm entsprechende Fragen gestellt. Er hat sie auch beantwortet, aber eher ausweichend. Er sagte mir, daß er aus dem Osten käme. Nicht nur aus dem Osten unseres Landes, sondern aus dem Osten Europas. Nicht einmal das genaue Land kenne ich.«
»Und Sie haben ihn bei sich wohnen lassen?«
»So ist es, Mr. Sinclair.«
»Haben Sie ihm auch die Kirche gezeigt?«
»Ja.«
»Dann hat er sie abgefackelt«, resümierte Suko. »Das liegt auf der Hand.«
Das wußte auch Walter Kinsley. Es war ihm peinlich, und er schämte sich. Er hielt den Kopf gesenkt, schüttelte ihn und hatte die Hand vor die Augen gelegt. »Ich begreife es nicht«, flüsterte er.
»Ich komme damit nicht zurecht. Es ist doch alles nicht wahr, verflucht. Das kann ich einfach nicht nachvollziehen. Dann habe ich eine Schlange in meinem Nest genährt, wenn alles so stimmt.«
»Davon müssen wir leider ausgehen«, sagte Biker. »Und Sie haben nichts bemerkt?«
»Nein.«
»Hat er sich nicht anders verhalten?«
Biker schaute mich bei der Frage an. »Wenn er die Kirche und alles, was damit in Zusammenhang steht, derartig haßt, dann kann er sich nicht normal
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