1042 - Das Feuer-Monster
Die konnten wir wegwerfen, doch das alles war unwichtig, denn im Prinzip ging es nur um Malik.
An ihn dachte auch Suko, als er mich fragte: »Ist er nun verbrannt oder nicht?«
»Sollen wir es hoffen?«
»Du bist gut. Wir brauchen Gewißheit.«
Er hatte recht. Normalerweise hätte in der ersten Etage niemand eine Chance gehabt, dem Feuer zu entkommen. Malik trauten wir alles zu. Er hatte uns die Zeichen auf seinen Handflächen präsentiert, und wir hatten die beiden Teufelsfratzen sehr genau sehen können. Er stand unter dem Schutz des Höllenherrschers. Man brauchte kein großer Pessimist zu sein, um darauf zu kommen, daß der Teufel fast alles möglich machte. Da hatten wir unsere Erfahrungen sammeln können.
War er verbrannt oder war es ihm im letzten Augenblick gelungen, aus dem brennenden Haus zu entkommen?
Wir schauten hin. Es war nicht leicht. Der Rauch trieb vom Haus weg und nahm uns die Sicht. Auch jetzt hüllte er uns ein, allerdings nur sehr schwach, und nicht mit dem Rauch innerhalb des Hauses zu vergleichen. Trotzdem brannte er in unseren Augen, die zu tränen begannen. Wir weinten beide leicht. Das Augenwasser hinterließ Spuren auf unseren rauchdunklen Gesichtern. Meine Lippen fühlten sich trocken an, als wäre mit Sandpapier darüber gerieben worden.
Der Drache hielt das Haus umschlossen. Sirenen irgendwelcher Feuerwehrwagen waren nicht zu hören. Wahrscheinlich gab es in Lukon nicht einmal eine freiwillige Feuerwehr, und auch Neugierige ließen sich nicht blicken, was uns verwunderte.
Suko schüttelte den Kopf. »Verdammt noch mal, ich glaube einfach nicht daran, daß ihn das Feuer verbrannt hat. Der Teufel steht auf seiner Seite. Er wird seinen Diener nicht selbst vernichten. Da könnte er sich selbst einen Arm abhacken.«
»Keine Ahnung, Suko. Allerdings sind wir als Störenfriede erschienen. Es ist nicht so gelaufen, wie er sich das möglicherweise vorgestellt hat. Bestimmt hat er nur das Haus anzünden und dann verschwinden sollen. Das schafft er nicht mehr.«
»Ich traue dem Braten nicht.«
Deshalb blieben wir auch. Wir wollten zuschauen, bis das Haus völlig niedergebrannt war und nur noch die Grundmauern vorhanden waren. Später, wenn sich die Hitze gelegt hatte, würden wir die Ruine durchsuchen und möglicherweise Maliks Knochen finden.
Reine Spekulation, an die ich auch nicht so recht glauben wollte. Hier waren wir außen vor. Hier spielten andere Dinge mit. Und daß er nicht verbrannt war, bekamen wir in den folgenden Sekunden auf drastische Art und Weise bewiesen.
Wir zuckten beide zusammen, als uns aus dem Zentrum der Flammenhölle die schrecklichen Schreie entgegenwehten. Es waren Schreie, wie sie nur jemand ausstoßen konnte, der sich in höchster Gefahr befand. Furchtbar und grauenhaft. Wer so schrie, der litt unter einer schlimmen Tortur, und Malik war ein Mensch, auch wenn er unter dem Einfluß des Teufels stand. Er hatte sich selbst ein Feuergrab geschaufelt. Es glich sowieso einem Wunder, daß er jetzt noch vorhanden und nicht längst verbrannt war.
Die furchtbaren Schreie blieben. Sie schrillten in unseren Ohren, und sie waren einfach unerträglich.
Aber sie hörten sich jetzt anders an. Sie waren aufsässiger und wütender geworden. Einer, der tatsächlich starb, schrie seine Not anders heraus.
»Da stimmt was nicht«, sagte auch Suko. »Kann sein, daß wir noch eine Überraschung erleben.«
Ich widersprach nicht, und die Überraschung ließ auch nicht lange auf sich warten. Die Schreie ebbten ab. Dafür hörten wir plötzlich die Stimme des angeblich Verbrannten.
Sie war rauh, sie war wütend. Sie war ärgerlich, und in ihr mischte sich auch die Verzweiflung und die Enttäuschung hinein, die Malik spürte.
»Du bist mein Freund!« hörten wir sein Gebrüll aus den Flammen. »Der Satan und die Hölle sind meine Freunde. Und Freunde verläßt man nicht, verdammt! Warum hast du mich verlassen? Ich brenne im Höllenfeuer. Ich brenne, aber ich will nicht verbrennen. Du hast mir Schutz versprochen. Du hast gesagt, daß ich dir auch weiterhin zur Seite stehen soll, denn du hast mit mir viel vorgehabt. Ich sollte deinen Auftrag erfüllen. Ich habe mir Mühe gegeben, und ich wollte mir auch weiterhin Mühe geben. Warum läßt du mich verbrennen?« kreischte er, und seine Stimme überschlug sich dabei. »Warum…?«
Ob Malik eine Antwort erhielt, wußten wir nicht, aber wir verstanden noch immer nicht, daß er noch lebte und sich dabei so ausdrücken konnte. Er
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