1045 - Zombie-Eulen
leichtes Vibrieren hinterlassen.
Mara ging zurück. Sie drehte sich dann, als sie in der Höhe des Tisches stand. Ihr fiel wieder der Rat des Pfählers ein. Es gab Waffen im Haus. Unter anderem die Schrotflinte. Er hatte ihr angeboten, sie in die Hände zu nehmen und sich damit zu verteidigen.
Die junge Frau hatte noch nie mit einer Waffe geschossen. Sie mochte sie auch nicht, aber sie hatte Bekannte erlebt, die mit einer Waffe gut umgehen konnten. Dabei hatte sie die Augen stets offengehalten.
Mara kam sich vor wie zweigeteilt. Als würde sie neben sich stehen. Die eine Hälfte des Körpers wirkte wie von der Angst gelähmt, die andere war direkt aufgepowert worden.
Sie fand die Flinte, die mit zwei Läufen ausgestattet war. Mara wunderte sich, wie schwer diese Waffe in ihren Händen lag. Sie würde Mühe haben, sie zu halten, aber sie würde es schaffen, auch wenn die Hände schweißfeucht geworden waren.
Marek hatte nicht davon gesprochen, daß die Waffe nicht geladen war. Sie war gut gepflegt und gespannt.
Die junge Frau bleckte die Zähne wie ein Wolf, als sie sich drehte. Ihre Wangen waren hochrot. Sie stand unter einem gewaltigen Druck, und das Gewicht der Waffe wollte ihre Arme nach unten ziehen.
Etwa drei Schritte vor der Tür blieb sie stehen und zielte auf das hölzerne Viereck. Dahinter war und lauerte etwas, daran gab es keinen Zweifel. Sie wußte plötzlich, daß Marek nicht mehr kommen und ihr helfen würde. Er hatte es versucht und verloren. Sie war jetzt auf sich allein gestellt. Und sie würde ihre Tochter beschützen.
Rechts von ihr leuchtete das Feuer im Kamin wie ein glühendes Auge. Sie spürte die Wärme kaum, denn ihr war so kalt geworden. Den Blick konnte sie einfach nicht von der Tür nehmen, und sie hoffte förmlich, daß etwas passierte.
Nein, es geschah nichts.
Die zweimaligen Stöße hatten wohl ausgereicht. Vorerst zumindest. Wenn es die Eulen gewesen waren, die versucht hatten, in das Haus zu gelangen, dann würden sie es sicherlich noch auf einem anderen Weg versuchen. Bestimmt nicht durch den Kamin, denn dann würden sie in die heiße Glut fallen.
Mara hielt die Spannung nicht mehr aus. Das lange Warten und das Stillstehen zerrten einfach zu stark an ihren Nerven. Sie mußte etwas tun, und sie wollte auch sehen, ob sie mit ihrer Vermutung recht hatte.
Zudem dachte sie auch an Frantisek Marek. Er hatte das Haus verlassen, um sie zu beschützen. Jetzt war er möglicherweise selbst in Schwierigkeiten geraten und brauchte Hilfe.
Sie konnte ihm nur helfen, wenn sie das Haus verließ.
Nein, nur das nicht. Sei nicht dumm! Tu es nicht! Auf keinen Fall! Jana wäre dann allein zurückgeblieben und eine sichere Beute für die Monstren.
Mit einem dumpfen und auch platzenden Geräusch ging eine Fensterscheibe zu Bruch. In der Stille hatte es sich überlaut angehört, und auch Mara war überrascht worden.
Das rechte Fenster neben der Tür war zu Bruch gegangen. Wie scharfe Eiskristalle waren die Scherben in das Haus hineingeschleudert worden und breiteten sich auf dem Boden aus.
Dafür hatte die junge Frau nur einen flüchtigen Blick. Etwas anderes war viel schlimmer.
Im Fensterausschnitt hockte eine Eule.
Sie sah aus wie ein künstliches Tier, weil sie sich nicht bewegte. Nur der Wind strich gegen den massigen Körper und ließ dabei einige Federn zittern.
Die Eule glotzte sie an.
Es war dieser Blick der unbeweglichen Augen, der in Mara die Angst so hochsteigen ließ, daß sie all ihre Vorsätze über Bord warf.
Ihr Zeigefinger krümmte sich automatisch. Er hatte den Abzug längst gefunden.
Sie schoß!
***
Ein Knall, eine Feuerlohe, ein Rückstoß - da kam alles zusammen, so daß Mara Laurescu den Überblick verlor. Sie kam sich selbst vor wie eingetaucht in eine Woge von Gewalt und hatte das Gefühl, inmitten von Pulverdampf zu stehen.
Rauch trieb zwischen ihren Augen und dem Fensterausschnitt hin und her. Für einen Moment vernebelte er ihr Gesicht, dann sah sie besser - und starrte auf den zerfetzten Körper der Eule. Sie hatte ihn voll getroffen. Sie sah die Federn, sie sah die Innereien, die sogar an den Wänden klebten, wobei das meiste Zeug nach draußen geflogen war, und sie sah auch die von der Schrotladung zerfetzten Augen.
Noch stand die Eule im offenen Fenster.
Ein Fluch schien sie dort zu halten und nicht mehr freigeben zu wollen.
Dieser Anblick sorgte für eine bei Mara kaum nachvollziehbare Handlung. Zuerst brüllte sie ihren Schmerz hinaus. Während
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