1047 - Madame Medusa
durch Wetten gewinnen wollten.
In der Regel hatten sie verloren, denn auch der beste Kickboxer war diesen vierbeinigen, dressierten Bestien unterlegen. Wer mit dem Leben davonkam, konnte von Glück sprechen.
Es gab nur eine Möglichkeit, diese Hunde zu stoppen. Man mußte eine Waffe bei sich tragen. Man mußte schneller sein. Am besten wäre eine Maschinenpistole gewesen. Nur abdrücken und die Ladung in den bulligen Körper jagen.
Joker trug die Waffe bei sich. Seine Hand war sogar auf dem Weg zu ihr gewesen, aber das Auftauchen des Hundes hatte die Bewegung gestoppt. Jetzt saß er bewegungslos da, und die Zeit um ihn herum schien eingefroren zu sein. Er traute sich nicht einmal, den kleinen Finger zu krümmen.
Selbst seine Atmung hatte er reduziert. Ihm war heiß geworden. Auf der Stirn und auch auf den Wangen malten sich kleine Schweißperlen ab. Sogar auf der Oberlippe hatte der Schweiß einen feuchten Film hinterlassen. In seinem Kopf jagten sich die Gedanken. Nur war er nicht in der Lage, sie in normale Bahnen zu lenken. Die Zeit kam ihm lang und schwer vor, und niemand vor ihm bewegte sich.
Der Rottweiler stand unbeweglich, und auch die Wahrsagerin saß bewegungslos auf ihrem Stuhl, den Blick über den Schreibtisch hinweg auf ihren Besucher gerichtet.
Joker mußte erst schlucken, bevor er sprechen konnte. Dabei ärgerte er sich über seine Stimme, weil sie einfach so dünn klang und ihre normale Schärfe verloren hatte. »Hören Sie, Madame, was soll das alles? Sie haben einen Hund. Okay, na und?«
Sehr langsam schüttelte Madame den Kopf. »Ich habe nicht nur einfach einen Hund, Mr. Joker. Ich habe in ihm einen Freund und zugleich einen Beschützer.«
»Meinetwegen auch das. Aber was ist…«
»Nichts mehr ist. Sie haben einen Fehler begangen. Sie sind zu mir gekommen in einer bestimmten Absicht. Ich habe Sie empfangen wie jeden normalen Gast, der Rat bei mir sucht. Aber ich bin es nicht gewohnt, in meinem eigenen Reich bedroht zu werden. Das sollten Sie wissen, Mr. Joker. Wenn man mich bedroht, habe ich noch immer jemand, der mir zur Seite steht. Ich gab Ihnen eine Chance, Sie haben sich gegen mich entschieden, und das kann ich nicht akzeptieren. Sie wollten keine Zeugen, wie Sie mir zu verstehen gaben. Ich kann es gut nachvollziehen, denn ich möchte auch keine.«
Joker hatte sie sehr gut verstanden. Er nickte, wollte sprechen, sprach dann auch mit heiserer Stimme. »Jetzt haben Sie den Spieß gewissermaßen umgedreht.«
»So kann man es sehen. Ich lasse mir nichts gefallen, Mr. Joker. Das darf ich einfach nicht. Es würde mein Image töten, und so etwas kann ich nicht zulassen.«
Der Schweiß rann jetzt an seinem Gesicht entlang, und in Joker stieg der Ärger hoch. »Das hat sich verdammt nach einer Drohung angehört, finde ich.«
»Es war eine.«
»Und jetzt?«
»Schlägt das Pendel zurück, Mr. Joker!«
Madame Medusa hatte nicht direkt gesagt, daß sie ihn töten würde. Joker hatte sie trotzdem verstanden. Seine innere Lähmung war vorbei. Er konzentrierte sich. Dabei versuchte er, eiskalt zu werden.
So wie früher einmal, wenn es darum gegangen war, große Aufgaben zu erledigen. Da hatte er sich auch nicht vom Kurs abbringen lassen.
Joker konzentrierte sich wieder auf den Hund. Er glaubte fest daran, daß der Rottweiler auf den Menschen dressiert worden war. In der Nähe der Wahrsagerin war er zu einem Schoßhund geworden. Doch ein Wort von ihr reichte aus, um ihn zu einer Mordmaschine auf vier Beinen zu machen.
Du hast eine Waffe! dachte er. Du hast verdammt noch mal eine Kanone. Zieh sie und schieße. Triff ihn mit einer Kugel in den verdammten Schädel. Mach ihn fertig und kümmere dich dann um die Frau.
Es waren Gedanken, die einfach kommen mußten. Er wußte auch, wie schnell diese Hunde waren, aber er kannte sich selbst, denn er war ebenfalls kein langsamer Mensch.
Seine rechte Hand hatte er nicht zurückgezogen. Sie lag noch immer wie erstarrt in seinem Schoß, auf dem Weg zur Waffe.
Schnell sein, sehr schnell.
Er packte zu.
Mit keinem Augenzucken hatte er die Reaktion angekündigt. Niemand hatte sie sehen können.
Aber der Rottweiler war auf der Hut. Er sprang. Seine Masse wuchtete er hoch, und er kannte nur ein Ziel - den Mann!
Joker bekam seine Waffe hervor, doch er schaffte es nicht mehr, sie so zu drehen, daß die Mündung auf den Hundekörper zeigte. Er drückte nicht mehr ab, denn der Rottweiler war schneller.
Mit der Wucht eines geworfenen Felsblocks prallte er
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