1049 - Der Geist des Vaters
bestätigte der Konstabler. »Was du heute erlebt hast, ist ein Nichts dagegen. Besonders John Sinclair hat schwer leiden müssen…«
»Aber es hängt doch mit diesen neuen Vorgängen zusammen - oder?«
»Irgendwie schon.«
»Mehr wissen Sie nicht?«
»Nein, und ich will auch nicht mehr wissen.«
Sugar starrte den Polizisten an. »Meine Güte, Ihre Ruhe möchte ich haben, ehrlich.«
»Gottvertrauen.«
»Hat meine Oma auch immer gesagt.«
»Da wird Sie recht gehabt haben.« Sugar schielte auf seine Uhr. Bull bemerkte den Blick und fragte: »Willst du nach Hause?«
»Nein. Ich habe ja meinen Alten erzählt, daß ich unterwegs bin. Aber Nicos Eltern müssen irgendwann erfahren, was mit ihrem Sohn geschehen ist.«
»Das werden sie auch. Nur ist die Zeit jetzt nicht reif dafür. Wir müssen abwarten, was die nächsten Stunden bringen. Außerdem hast du mir erzählt, daß Nico zu Hause wohl nicht vermißt wird.«
»Ja, das stimmt.«
»Dann kann ich mir noch Zeit lassen.«
»Wollen Sie das denn übernehmen?«
»Auch wenn es mir nicht gefällt, aber einer muß die Aufgabe übernehmen. Das gehört sich so.«
»Ja, stimmt.« Sugar wischte gedankenverloren über seine Lippen. »Wenn ich schon noch bei Ihnen bleibe, konnte ich dann wohl einen Schluck zu trinken haben?«
»Sicher. Was denn?«
Sugar beugte sich vor. »Haben Sie auch einen Drink. Einen harten, meine ich.«
»Whisky?«
»Gern.«
Bull schüttelte zwar den Kopf, er stand trotzdem auf und ging auf einen Aktenschrank zu. Eine Hälfte der Front war offen, die andere verschlossen. Den Schlüssel zählte der Konstabler von einem Bund ab, dann öffnete er die Tür und holte eine beinahe noch volle Flasche Whisky und ein Glas hervor. Beides stellte er auf seinen Schreibtisch. »Vielleicht ist es sogar besser, wenn du dir einen hinter die Binde kippst, Sugar. Da kann man hin und wieder vergessen.« Er grinste ihm zu und nickte dabei einige Male.
»Ja, Sir, das stimmt.«
»Aber laß es nicht zu schlimm werden. Ich will hier keine Alkoholleiche liegen haben. Schenk dir selbst ein.« Er drehte sich weg und ging auf die hintere Tür zu. Der Schatten des Konstablers malte sich dabei an der Wand ab.
»Wo wollen Sie denn hin?«
»Mal für die großen Königstiger. Dauert nicht lange. Ich komme gleich zurück.«
»Klar«, murmelte Sugar. »Machen Sie für mich mit.«
Der Konstabler verschwand und ließ Sugar allein zurück. Der junge Mann fühlte sich sofort unwohl.
Zwar drohte ihm in der Polizeistation keine Gefahr, aber daß er hier allein am Schreibtisch saß, gefiel ihm ganz und gar nicht.
Vorsichtig schaute er sich um. Mit dem Licht hatte der Konstabler gespart. Es brannte nur die Schreibtischlampe, die Deckenbeleuchtung war ausgeschaltet geblieben. Zwei Fenster besaß der Raum. Dazwischen befand sich die Eingangstür. Auch draußen leuchtete eine Laterne. Sie stand am Rand der Straße, doch ihr Schein floß kaum bis zur Haustür hin. Die Luft war stickig, obwohl niemand geraucht hatte. Eine Schachtel mit wenigen Zigaretten steckte noch in Sugars linker Hosentasche. Er holte sie hervor. Sie sah zerknittert aus.
Bevor er den Glimmstengel anzündete, goß er Whisky in das Glas. In einer Kneipe wäre ihm diese Menge als Dreifacher verkauft worden. Sugar nahm den weichen Geruch des Getränks auf, nahm das Glas in die rechte Hand und jagte den ersten Schluck hinter die Binde.
Es tat ihm gut.
Er behielt das Glas in der Hand und trank auch noch einen zweiten Schluck. Der Whisky sorgte für eine wohlige Wärme in seinem Magen. In der letzten Zeit hatte er gefroren. Da kämpfte der Whisky schon gegen die Kälte an.
Er leerte das Glas und lauschte. Von Konstabler Bull war nichts zu hören. Der Mann hielt sich länger auf der Toilette auf, als Sugar angenommen hatte.
Das konnte für ihn nur von Vorteil sein. Schnell noch einen Schluck nachkippen, danach verschloß er die Flasche und schob sie von sich weg, auf die andere Seite des Schreibtisches zu.
Nie hätte er damit gerechnet, daß es auf einer Polizeistation so ruhig zugehen würde. Das war ganz anders als in den TV-Serien. Da herrschte immer Hektik. Nicht hier in Lauder. Konstabler Bull hatte wirklich einen ruhigen Job. In der gesamten Zeit hatte sich nur einmal das Telefon gemeldet, und das Fax hatte auch keine Nachricht ausgespuckt. Vor dem Trinken hatte Sugar die Zigarette zur Seite gelegt. Jetzt klemmte er sie wieder zwischen seine Lippen und zündete sie auch an. Gleichzeitig stand er auf.
Ob
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