1049 - Geheimagent für Kran
sein Motiv beschaffen sein mochte, dem Mann in der Maske des Landstreichers Orban kam es gelegen. Er hatte gehofft, bei diesem Einsatz auf Rammbock zu stoßen und genug über ihn zu erfahren, daß ihm von Amts wegen das Handwerk gelegt werden konnte. Die Hoffnung hatte sich nicht erfüllt. Wenn er sein Ziel erreichen wollte, mußte er seine Assoziation mit der Bruderschaft aufrechterhalten. Diese Möglichkeit hatte ihm der Pilot verschafft.
Aber ganz so einfach war die Sache nicht Er war kein Einmannunternehmen. Er brauchte die Verbindung mit dem Tärtras ebenso wie den Kontakt mit der SOL. Er konnte nicht hier herumhocken und darauf warten, daß der Bruderschaft ein neuer Verwendungszweck für ihn einfiel. Er mußte weg von hier - ohne sich verdächtig zu machen.
Eines kam ihm dabei zu statten: der Schocktreffer hatte ihm weitaus weniger zugesetzt, als Dambors medizinischer Berater glaubte. Der Zellaktivator trug dazu bei, daß der Körper die nervliche Lähmung mit hoher Geschwindigkeit überwand. Solange ihn die Geheimbündler im Bann des Nervenschocks wähnten, würden sie sich nicht besonders intensiv um ihn kümmern. Es blieb ihm Zeit, die Umgebung zu erkunden und einen Plan auszuarbeiten.
Er begann allerdings, an der Richtigkeit seiner Überlegungen zu zweifeln, als sich wenige Augenblicke später die Tür öffnete und Dambor von neuem eintrat. Orban stellte sich steif, aber er hatte keine Gelegenheit mehr, die Augen zu schließen.
„Du bist also wach", sagte er, überrascht und befriedigt zugleich.
Orban rührte sich nicht, lediglich die Lider zuckten ein wenig.
„Verstehe", reagierte Dambor. „Wach, aber noch gelähmt. Der Arzt meint, du müßtest in vier bis fünf Stunden wiederhergestellt sein. Es ist ein Glück, daß der Pilot dich in Sicherheit bringen konnte. Und daß mein Schweber in der Nähe stand. Dann zum Schluß erwischte es auch den Piloten, und ich mußte euch beide an Bord zerren."
Er schien Besorgnis aus Orbans Blick zu lesen.
„Nein - wir sind alle gut davongekommen. Den Pilot hat's auf dieselbe Weise erwischt wie dich: Schocktreffer. Kaum glaublich, daß er noch bewußtlos ist, während du wenigstens die Augen schon wieder offen hast." Er musterte Orban mit nachdenklichem Blick. „Wundert mich, daß er sich die Mühe gemacht hat, dich da herauszuholen. Er hat was für dich übrig. Du kannst es bei ihm zu etwas bringen."
Über diese Worte dachte der Mann namens Orban noch nach, als Dambor längst wieder gegangen war. Dann rollte er sich von der breiten Liege herab, vergewisserte sich, daß es ihm an Beweglichkeit nicht fehlte, und machte sich an die Arbeit.
*
Die Tür war nicht verschlossen. Er gelangte in einen matt erleuchteten Korridor, der zur rechten Hand an einem kleinen Fenster endete. Orban schritt hinzu und spähte hinaus.
Hunderttausende von Lichtern funkelten ihm entgegen und verwehrten ihm den Ausblick auf die Sterne, an deren Stand er sich womöglich hätte orientieren können.
Es war anderthalb Stunden vor Mitternacht. Auch der Zeitablauf lieferte ihm keinerlei Hinweis, an welchem Ort er sich befand. Wem das geeignete Transportmittel zur Verfügung stand, für den gab es keine zwei Punkte auf der Oberfläche von Kran, die mehr als zwei Stunden voneinander entfernt waren - unter Außerachtlassung des Transmitternetzes, dessen Gebrauch derzeit noch privilegierten Personen vorbehalten war.
Der Korridor enthielt mehrere Türen zu beiden Seiten. Orban schritt von einer zur anderen und horchte nach verdächtigen Geräuschen. Es war unheimlich still in diesem Teil des Gebäudes. Er bewegte sich vorsichtig bis zum Ende des Ganges und spähte einen hell erleuchteten Antigravschacht hinab. Von unten hörte er undeutliches Stimmengemurmel. Dieser Ausweg war ihm versperrt. Er wandte sich um und musterte den Korridor von neuem. Es war undenkbar, daß es in diesem Gebäude keine weitere Vertikalverbindung gab außer dem kurzen Schacht, durch den die fernen Stimmen drangen. Hinter einer der vielen Türen lag ein Ausweg - ein zweiter Schacht, eine Rampe oder eine Treppe. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als eine Tür nach der anderen zu öffnen.
Er arbeitete flink und zielbewußt. Von Zeit zu Zeit hielt er inne, um zu horchen. Im Grunde hatte er nicht viel zu fürchten. Kam Dambor unerwartet zurück, so brauchte er ihm nur zu sagen, die Lähmung sei früher als erwartet gewichen, und er habe die Gelegenheit genützt, sich umzusehen. Er blickte in ein paar mit
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