1049 - Geheimagent für Kran
einzuprägen. Chaktar hatte nicht versäumt, den vereinbarten Mietpreis in einer Ecke des Planes zu vermerken. Atlan beschloß, nachdem er die Ziffer gesehen hatte, in seine Schilderung des Tagesablaufs eines fiktiven Orakeldieners die Variante einzubauen, wonach die Diener des Orakels vielerlei, darunter auch durchaus unethische, Möglichkeiten besaßen, sich Geld zu verschaffen.
Das Schloß der Eingangstür lieferte ebenfalls keinen Hinweis, ob sich ein Unbefugter Zugang verschafft hatte. Es war unbeschädigt. Wenn tatsächlich ein Spitzel der Bruderschaft hier gewesen war, dann mußte er erheblichen Sachverstand in der Entriegelung fremder Schlösser besessen haben.
Was, wenn er auf dem falschen Weg war? Dambor mußte schon vor Stunden festgestellt haben, daß er aus dem Versteck verschwunden war. Konnte es sein, daß die Bruderschaft sich für weitere Dienste seinerseits nicht mehr interessierte? Hatte er sich all diese Mühe umsonst gemacht?
Kaum zu glauben. Der Pilot hatte ihn nicht aus dem Wasserpalast gerettet, um ihn Stunden später sang- und klanglos verschwinden zu lassen. Welchem Ziel auch immer das Attentat auf den Sitz des Orakels hatte dienen sollen, es würde wahrscheinlich wiederholt werden. Die Bruderschaft konnte keinen geeigneteren Helfer finden als einen ehemaligen Orakeldiener.
Atlan kehrte schließlich in die kleine Transmitterkammer zurück. Diesmal kümmerte er sich nicht um den Steuermechanismus, sondern inspizierte das elektronische Log, in dem der das Gerät kontrollierende Mikrocomputer jede seiner Aktivitäten verzeichnete. Schon nach wenigen Minuten erkannte er, daß ihn der Spürsinn richtig geleitet hatte. Das Log verzeichnete einen Zugriff zum Adreßspeicher. Die neue Adresse des Standardkanals war von Chaktar eingebracht worden, als er den Transmitter auf sein neues Ziel umpolte.
Nach Chaktars Eingriff war der Zugriffzähler auf null gesetzt worden. Es hatte sich also nach Chaktar noch jemand anders an dem Gerät zu schaffen gemacht - um zu erfahren, auf welches Ziel der Transmitter gepolt war.
Jetzt war Atlan seiner Sache sicher. Gleichzeitig wuchs sein Respekt vor den Experten der Bruderschaft. Es war keine leichte Sache, den Zielcode eines Transmitters in eine Adresse mit Bezirk, Straße und Gebäudenummer umzurechnen.
*
Der Entzerrungsschmerz war geringfügig, Atlan blickte in einen hell erleuchteten Raum, der wesentlich größer war als seine bescheidene Transmitterkammer in der alten Wohnung. Ein frischer, angenehmer Duft hing in der Luft. Das Gebäude war vor kurzem gründlich gereinigt worden.
Aus dem Transmitterraum gelangte er in einen Korridor, der die Pyramide in ihrer ganzen Breite durchzog. Er wußte aufgrund des Planes, daß er sich im ersten Obergeschoß befand. In einer Wandnische führte ein Antigravschacht zur höchsten Etage hinauf, die von dem charakteristischen gläsernen Dach eingeschlossen wurde. Er trat auf die kleine Plattform und schwebte in die Höhe.
Es war dunkel in der Spitze der Pyramide: Drüben im Osten zeigte sich der erste Schimmer des neuen Tages. Atlan trat aus der Nische hervor. Sein Gewicht aktivierte den Servomechanismus, der die Beleuchtung in Gang setzte.
Der Krane musterte ihn aus großen, gelben Augen, denen die plötzliche Helligkeit nichts auszumachen schien. Atlan, in der Maske des Landstreichers Orban, hielt dem Blick gelassen stand.
„Du hast dich rasch wieder erholt, Pilot", sagte er. „Ich hatte mit eurem Besuch gerechnet, aber nicht mit dir selbst."
„Du bist ein Verräter!" Die Stimme des Kranen klang hart und rau, wie das Bellen eines gereizten Hundes.
Orban machte eine verächtliche Geste.
„Ich bin dir zu Dank verpflichtet. Du hast mich aus dem Wasserpalast geschleppt und vor den Gardisten gerettet. Fordere deinen Dank, in welcher Form du willst. Aber bleib mir mit lächerlichen Anschuldigungen vom Leib."
„Wer außer dir könnte unseren Plan verraten haben?" grollte der Pilot. „Von drei Robotfahrzeugen, die den Scheinangriff gegen die Südseite des Palasts vortrugen, gingen zwei verloren. Die Garde war längst zur Stelle, als man uns das Tor öffnete. Sie wartete auf uns!"
„Frag dich lieber, wie ich deinen Plan hätte verraten sollen", hielt ihm Orban entgegen.
„Ich erfuhr erst im letzten Augenblick, welches unser Ziel war, und selbst dann wurde mir noch die falsche Zeit genannt!"
„Du besitzt einen Mikrokommunikator!" stieß der Krane hervor.
„Der nicht sofort sämtliche Warngeräte
Weitere Kostenlose Bücher