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105 - Das indische Tuch

105 - Das indische Tuch

Titel: 105 - Das indische Tuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Schriftstücke, die ich unterzeichnen mußte, wurden mir nach Indien gesandt. Ich hätte meine Dienstzeit dort auch beenden können, aber kurz nachdem ich den Treiber angeschossen hatte, packte mich ein böses Fieber. Ich habe dann ziemlich lange gelegen – wie lange weiß ich nicht mehr. Es muß aber wohl eine ernste Krankheit gewesen sein, denn meine Mutter schickte Dr. Amersham, damit er mich nach Hause zurückbringen sollte.
    Ich merkte gleich, mit was für einem Mann ich es zu tun hatte. Er verkehrte mit niemand und verließ das Haus kaum. Ich staunte auch darüber, daß er sich auf der Reise nach Indien einen Bart hatte wachsen lassen. Es wurde wohl über ihn geklatscht, aber ich hatte nie darauf geachtet. Eine unangenehme Geschichte mit einem Mischlingsmädchen spielte dabei eine Rolle – darüber werde ich Ihnen später genauer berichten.
    Ich hatte den Eindruck, daß er sich fürchtete, mit Leuten zusammenzukommen, die er von früher her kannte. Er ging auch erst nach Einbruch der Dunkelheit aus dem Haus.
    Als ich dann nach England zurückkehrte, fand ich eine merkwürdige Lage vor. Amersham war der eigentliche Herr von Marks Priory, und die beiden amerikanischen Diener waren inzwischen eingestellt worden. Sonderbarerweise kannte ich sie schon von früher her. Entweder hatten sie in Amershams Diensten gestanden, oder sie waren bei meiner Mutter gewesen, bevor ich nach Sandhurst ging. Damals hatte ich nicht darauf geachtet; man merkte auch nicht viel von ihrer Anwesenheit. Aber nun waren sie Hauptpersonen geworden.
    Meine Mutter hatte sich kaum verändert, aber ich fand eine neue Hausgenossin auf dem Schloß vor – Isla, die Tochter eines Vetters meiner Mutter. Eine charmante junge Dame, sehr ruhig und zurückhaltend, dabei aber gescheit und klug. Sie ist die Sekretärin meiner Mutter, nimmt aber eine viel bedeutendere Stellung ein, da meine Mutter sie sehr gern hat.« Lord Lebanon zögerte einen Augenblick. »Ich werde sie heiraten. Ich selbst habe zwar keine besondere Lust dazu, aber meine Mutter wünscht es.
    Es herrschte eine eigenartige Spannung zu Hause: Amersham dirigierte alles. Die beiden amerikanischen Diener schienen ganz unabhängig zu sein, sie kümmerten sich jedenfalls kaum um andere Leute und traten unverschämt auf, allerdings niemals mir gegenüber. Sie taten, was sie wollten, und versahen ihren Dienst so schlecht, daß ein junger Mann, der bei uns im Pferdestall angestellt war, mehr geleistet hätte als die beiden.
    Es stimmte also etwas nicht; es mußte ein Geheimnis geben, das mir verschwiegen wurde. Ich hatte früher keine Ahnung, daß meine Rückkehr jemand unangenehm werden könnte, aber nun merkte ich, daß ich bei jeder Gelegenheit beobachtet wurde.
    Meine Krankheit und meine Rückkehr schienen gewisse Pläne umgestoßen zu haben. Was man im Schilde führte, wußte ich allerdings nicht. Man fürchtete wohl, daß ich vielleicht später dahinterkommen würde. Selbst meine Mutter schien ängstlich geworden zu sein. Auch ich wurde schließlich unruhig, aber nach einiger Zeit gewöhnte ich mich daran.
    Als ich Gilder wegen Unfähigkeit entließ, bekam ich einen Schock, als er am Ende der Woche immer noch in Marks Priory war. Zuerst war ich wütend darüber, ging zu meiner Mutter und bestand darauf, daß der Mann das Haus verlassen sollte.«
    Der Lord lachte leise.
    »Aber meiner Aufforderung wurde keine Folge geleistet. Ich hätte ebensogut verlangen können, daß das ganze Schloß dem Erdboden gleichgemacht werden sollte! Nach zwei weiteren vergeblichen Versuchen fand ich mich mit meiner Lage ab. Die beiden Amerikaner waren meine Diener, und ich zahlte für sie, aber ich hatte ihnen nichts zu sagen. Es war ja in der Tat nicht so schwer, mit ihnen auszukommen. In gewisser Weise benahmen sie sich auch nett, und ich habe eigentlich wenig über sie zu klagen.
    Mit Dr. Amersham dagegen ist es anders. Er tritt öffentlich so auf, als ob er Herr in meinem Hause wäre. Er hat viel Geld, hält sich ein teures Auto und Rennpferde – aber das wissen Sie wahrscheinlich alles selbst. Wenn Gilder und Brooks auch sonst sehr großspurig tun, vor dem Doktor haben sie großen Respekt. Er behandelt die beiden aber auch, als ob sie seinesgleichen wären. Meiner Mutter gefällt das gar nicht, aber sie sagt nichts dazu und hat auch niemals etwas gegen diese Zustände unternommen.
    Der Mann, den Amersham am meisten haßte, war mein Diener Studd, der arme Kerl, den sie ermordet haben. Wenn die beiden

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