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105 - Das indische Tuch

105 - Das indische Tuch

Titel: 105 - Das indische Tuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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ein rotes Tuch um ihren Hals geschlungen, genau wie bei Studd.«
    »Das war mir neu«, sagte Tanner, nachdem er sich von seinem Erstaunen erholt hatte. »Weiß Ihre Mutter davon?«
    Der junge Lord zögerte.
    »Es ist schwer zu erfahren, was sie weiß, und was sie nicht weiß. Hoffentlich hat sie keine Ahnung davon. Aber nun möchte ich Sie um Ihren Rat bitten, Mr. Tanner. Was soll ich unter diesen Umständen tun? Sie werden mir wahrscheinlich erklären, daß es doch sehr einfach ist, Dr. Amersham das Haus zu verbieten. Vom juristischen Standpunkt aus ist das auch richtig. Aber meine Mutter hat ihren eigenen Willen, und ich kann mich ihr gegenüber unmöglich durchsetzen. Würden Sie so liebenswürdig sein, einmal als mein Gast ein Wochenende in Marks Priory zu verbringen?«
    Tanner lächelte.
    »Was würde Ihre Mutter dazu sagen?«
    Lord Lebanon machte ein langes Gesicht.
    »Das ist natürlich eine andere Frage. Nein, so einfach geht es wirklich nicht, es könnte furchtbar unangenehm werden.«
    »Aber wie wäre es, wenn Sie selbst einmal eine Erholungsreise machten? Gehen Sie doch auf ein paar Jahre außer Landes.«
    »Das scheint mir eine gute Lösung zu sein, aber Sie vergessen ganz, daß ich mit meiner Mutter und Dr. Amersham rechnen muß. Es kommt zwar nicht darauf an, was er dazu sagt, aber gegen den Willen meiner Mutter kann ich nichts tun. Ich habe ja schon früher erklärt, daß ich gern nach Amerika gehen würde, um mir dort eine Farm zu kaufen. Ich will unter diesen Umständen ganz auf den Titel verzichten. Meinetwegen mag mein nächster Verwandter die Erbschaft antreten.«
    Er lachte, als er das sagte.
    »Wer ist denn der nächste Erbe?«
    »Ist es nicht merkwürdig? Der Mann lebt auch in Amerika und ist Kellner. Nein, ich scherze nicht. Die erste Erbin ist übrigens Isla! Das habe ich erst neulich von meiner Mutter erfahren. Ja, es wäre eine großartige Idee, wenn ich nach Kanada ginge und einmal für kurze Zeit vergessen könnte, daß es überhaupt ein Marks Priory gibt. Das habe ich meiner Mutter mindestens ein dutzendmal gesagt, aber sie behauptet immer, ich müßte hierbleiben.«
    Er stand auf und trat an den Tisch. Jetzt lächelte er nicht mehr; sein Gesichtsausdruck war mitleiderregend.
    »Chefinspektor, ich bin nun einmal ein Schwächling. Es gibt ja Hunderttausende solcher Leute auf der Welt. Ja, ich sage sogar offen, die Mehrzahl aller Leute gehört dazu. Starke, schweigsame Menschen scheint es nur in Scotland Yard zu geben.
    Ich bin vollkommen in der Hand meiner Mutter, und, um ganz offen zu sein, ich habe nicht die Energie, es auf eine Auseinandersetzung mit ihr ankommen zu lassen.«
    Plötzlich wandte er sich um.
    »Es ist jemand an der Tür«, sagte er leise.
    »Aber, mein lieber Lord Lebanon, ich versichere Ihnen …«
    »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich einmal nachsehe?«
    »Öffnen Sie die Tür, Totty.«
    Der Sergeant kam der Aufforderung nach und schrak zusammen. Draußen stand ein Mann, der den Kopf gesenkt hatte, als ob er lauschte. Als das Licht auf ihn fiel, erkannten sie Gilder, den amerikanischen Diener.
    »Entschuldigen Sie vielmals«, sagte Gilder und trat ruhig ins Zimmer. »Lord Lebanon hat sein Zigarettenetui zu Hause liegenlassen, und ich bin hergekommen, um es ihm zu bringen.«
    »Warum haben Sie an der Tür gelauscht?« fragte Tanner streng.
    »Ich habe nicht gelauscht, ich wußte nur nicht genau, welches Zimmer Ihr Büro ist. Und um sicherzugehen, horchte ich, ob ich nicht die Stimme von Lord Lebanon erkennen könnte, bevor ich anklopfte.«
    »Wer hat Ihnen gesagt, daß Sie heraufgehen sollen?«
    »Der Polizeibeamte am Haupttor«, erklärte Gilder, der in keiner Weise verlegen wurde.
    Er zog ein Zigarettenetui aus der Tasche und reichte es dem Lord. Mit einer freundlichen Verbeugung entfernte er sich dann wieder. Tanner sah ihm nach, bis der Mann die Tür geschlossen hatte, dann gab er Totty ein Zeichen.
    »Folgen Sie ihm und passen Sie auf, wohin er geht.«
    Der Chefinspektor war erstaunt über die Kühnheit Gilders. Wie lange hatte er nun schon hinter der Tür gestanden, und was hatte er alles gehört? Die Unverschämtheit einer solchen Spionage innerhalb von Scotland Yard machte ihn sprachlos.
    »Ich habe also doch recht gehabt«, meinte Lord Lebanon. »Ich dachte, ich wäre heute morgen unbemerkt von Marks Priory fortgegangen, aber Gilder hält sehr scharf Wache, dem kann man nicht so leicht entkommen.«
    »Seit welcher Zeit werden Sie so scharf

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