105 - Der Leichenfledderer
die Fremden zerfetzt, wenn Marvin nicht eingegriffen hätte. Er stieß einen schrillen Pfiff aus. Die gut dressierten Tiere ließen die Fremden sofort los.
Marvin beugte sich über den Verletzten. Der Junge war höchstens neunzehn Jahre alt. Sein pockennarbiges Gesicht war schmerzverzerrt. Seine Augen funkelten kalt und ohne Mitgefühl. Der andere hatte eine schlecht verheilte Narbe unter dem rechten Rippenbogen. Er trug den Tapferkeitsorden der Armee. Seine Arme waren blutig von den Hundebissen.
„Heute verdienst du dir keinen Tapferkeitsorden, Dreckskerl", fauchte Marvin Wood. „Höchstens einen Strick. Ich liefere dich beim Sheriff ab. Würde mich nämlich wundern, wenn ihr nicht die Schufte seid, die Reynolds und seine Frau umgebracht haben."
„In unserem Staat wird man nicht mehr gehängt, Mister."
Marvin trat dem Kerl unbeherrscht in die Seite. Er würde ihm seine Kaltschnäuzigkeit schon noch heimzahlen. Niemand durfte Eileen ungestraft mißhandeln.
„Seid ihr allein gekommen?"
Der Blonde mit der Narbe grinste frech.
„Das mußt du schon allein rausfinden, Rinderschreck."
Marvin riß den Verletzten hoch und ohrfeigte ihn. Dabei löste sich der Riemen des Stahlhelms.
„Wie viele noch?"
Jetzt kam Eileen wieder in den Hof gerannt. Maria folgte ihr. Als die beiden Fremden das hübsche Mädchen sahen, pfiffen sie anerkennend durch die Zähne.
„Die Leitung ist tot, Marvin."
Der Rancher hatte auf einmal das Gefühl, eine eiskalte Hand würde seinen Nacken streifen. Sie waren von der Außenwelt abgeschnitten. Es gab zwar ein Funkgerät, aber das war fest in die Cherokee-Maschine installiert; und die stand fünf Kilometer von seinem Haus entfernt.
„Was sollen wir machen?" fragte Maria nervös:
Marvin antwortete nicht. Er sah den Schatten am Fenster des Kinderzimmers im ersten Stock. Dort lag der kleine Billy. Blitzschnell riß er den Colt aus dem Halfter und verlor keine Zeit. Dem Dröhnen des 45ers folgte das Splittern der Scheiben.
Maria und Eileen schrien entsetzt auf. Da beugte sich der Kerl aus dem zersplitterten Fenster, breitete beide Arme aus und stürzte in den Hof. Er war sofort tot. Die Kugel hatte ihn genau zwischen die Augen getroffen.
Die beiden verletzten Hippies zeigten kein Gefühl. Sie lagen auf dem Boden, während die Schäferhunde auf sie aufpaßten.
„Das ist der Kerl, der die Leitung zerschnitten hat", bemerkte Marvin.
Er wunderte sich, wie ruhig er war.
„Er war bei dem Kleinen oben!" rief Eileen schrill.
Dann sieh nach, ob er O.K. ist! Aber mach schnell!"
Maria hob trotz der großen Hitze fröstelnd die Schultern. „Was machen wir jetzt, Dad?"
„Wir fahren zum Flugzeug rüber. Ich bringe euch nach Palm Springs."
Hinter Marvin war eine Bewegung. Maria schlug entsetzt die Hand vor den Mund. Die Fremden kamen auf Motorrädern. Sie hatten sich hinter den Hügeln versteckt gehalten. Jetzt dröhnten die Maschinen wie ein Tornado. Sie jagten im Höllentempo den Abhang hinunter.
Sie kamen zu siebt.
Marvin legte an. Er schoß dem ersten Motorradfahrer in den Vorderreifen. Die Maschine brach aus und überschlug sich. Der Kerl wurde in hohem Bogen davongeschleudert.
„Mistkerle!" preßte Marvin aufgeregt hervor.
Er wußte, daß er nicht genügend Munition dabei hatte. Jetzt steckten nur noch vier Patronen in der Trommel.
„He, Viehtreiber!" ertönte eine krächzende Stimme vom Schuppen her.
Marvin wirbelte herum. Bevor er schießen konnte, erwischte ihn der Peitschenriemen am Handgelenk, Der Fremde hatte einen alten Zylinder auf dem Kopf. Seine Augen glühten unheimlich. Er trug einen langen Staubmantel. Vermutlich war er der Anführer dieser Höllenhunde.
Marvin konnte den Colt nicht mehr halten. Die Peitschenschnur riß ihn zu Boden. Der Unheimliche sprang sofort heran und kickte den Colt mit der Stiefelspitze außer Reichweite.
Die Schäferhunde sprangen los. Aber die Motorradfahrer waren schneller. Das Dröhnen der Motoren hallte über den Hof. Die Fahrer nahmen keine Rücksicht auf die Hunde; sie veranstalteten eine richtige Treibjagd auf sie.
„Hört auf! Die Tiere haben euch nichts getan!"
Marvin schrie vergeblich. Die Fremden kurvten wie die Wahnsinnigen durch den Hof. Staub wallte auf und stach ihm in die Augen. Das Winseln der Hunde war schrecklich.
„Ist das gar nichts?" fragte der Narbige und streckte Wood die blutigen Arme entgegen. „Dafür sollte ich dich den Klapperschlangen zum Fraß vorwerfen, Alter."
Marvin Wood preßte die Lippen vor
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