105 - Der Leichenfledderer
hielten ihn zurück.
Der Schamane leistete keinen Widerstand. Er ließ alles willig mit sich geschehen. Was hätte er auch gegen die geballte Kraft der Weißen ausrichten können? Selbst wenn er alle Klapperschlangen und Gila-Monster der Wüste gerufen hätte - gesetzt den Fall, sie würden seinem Ruf wirklich folgen -, so besaßen die Männer noch genügend Munition, um sich die Biester vom Halse zu halten.
Auf dem Plateau wehte der Wind Holzasche und Staub davon. Die verbrannten Bäume ragten wie Totenfinger in den Himmel.
„Schafft ihn genau in die Mitte, Jungs!"
Sie warfen den Alten auf den Rücken. Er wehrte sich immer noch nicht. Was mochte in seinem Kopf vorgehen? Baxter wurde aus dem Verhalten des Schamanen nicht schlau. In einer solchen Situation hätte er wie ein Löwe gekämpft oder sich selbst ein Messer in den Bauch gerammt.
Baxter baute sich vor dem Schamanen auf. Die anderen stellten ihre Füße auf die Handgelenke des Indianers.
„Wo ist das Gold?"
„Gold, Gold, Gold", kam es von den vertrockneten Lippen Ta-Ko-Tes. „Ihr habt die letzten Krieger meines Stammes in die ewigen Jagdgründe geschickt. Könnt ihr an nichts anderes als an Gold denken?"
Einige durchstöberten die nähere Umgebung. Als sie die Reste des verbrannten Tipis mit den Stiefelspitzen auseinanderschoben, sahen sie die funkelnden Nuggets.
Der Mexikaner stieß einen gierigen Schrei aus.
„Gold, Amigos! Gold!"
Die Männer waren nicht mehr zu halten. Sie rissen den Mexikaner fast um. Die Nuggets wanderten von einem zum anderen. Einer biß darauf und stieß einen fassungslosen Schrei aus.
„Gold!"
„Wartet, Männer!" verlangte Baxter. Ihr könnt anschließend suchen. Zuerst nageln wir den Schamanen fest."
Baxter, wartete, bis die Burschen vier Pflöcke in den Boden getrieben hatten, dann zerschnitt er die Zügel eines Pferdes in vier gleichgroße Teile. „Da, nehmt! Und bindet ihn fest! Aber so, daß er nie wieder freikommt. Verstanden?"
„Sehr gut, Hombre", pflichtete ihm der Mexikaner bei. „Er soll auf indianische Weise zur Hölle fahren - genauso wie der Mann, dessen verkohlte Leiche dort drüben liegt. Vermutlich gehörte er zu den Männern, die wir heute früh begraben haben."
Baxter knirschte mit den Zähnen. Er war müde und wollte nicht mehr töten. Am liebsten hätte er jetzt schon einen Schlußstrich unter das Ganze gezogen. Widerwillig folgte er dem Treiben der Männer. Sie fesselten den Schamanen an die Pflöcke. Wenig später lag der Alte ausgestreckt auf dem Boden. Die Sonne stand genau über ihm.
Baxter gab ihm höchstens noch ein oder zwei Stunden. Länger konnte es kein Mensch in der Gluthitze aushalten. Die Steine waren schon so heiß, daß man Spiegeleier darauf braten konnte.
Als der Mexikaner mit dem Gewehrkolben zuschlagen wollte, fiel ihm Baxter in den Arm.
„Laß ihn! Seine Stunden sind gezählt, Hombre."
Der Mexikaner stieß einen derben Fluch aus, dann wandte er sich den anderen zu, die nach den Nuggets suchten. Sie drehten jeden Stein um. Trotz der fürchterlichen Hitze scheuten sie keine Mühe. Ihr Geschrei erfüllte das Plateau, und Baxter, der abseits stand, fühlte sich irgendwie nicht dazugehörig. Er mußte den Schamanen ansehen. Der Alte lag ganz entspannt da, hatte die Augen geschlossen und einen unerklärlichen Gesichtsausdruck.
Baxter wußte nicht, was er davon halten sollte.
„Soll ich dir eine Kugel verpassen, Alter?"
Ta-Ko-Te lachte verächtlich.
„Du wirst schwach, Bleichgesicht. Beteilige dich lieber an der Suche nach den Nuggets! Wenn ich dir einen Tip geben soll…"
„Ja?"
„… drüben bei der Feuerstelle, vor meinem Tipi, findest du die heiligen Nuggets der Mohaves." Baxter nahm den Colt und ließ den Zylinder dicht neben dem Ohr einrasten. Es knackte metallisch. Er wollte dem Alten weitere Leiden ersparen.
„Fahr zur Hölle, Rothaut!"
„Nein, Bleichgesicht!" schnarrte der Alte monoton. „Spar dir den Schuß! Heb ihn für dich auf! Morgen wirst du sterben. Hörst du? Morgen gehst du in die ewigen Jagdgründe ein."
Baxter schluckte nervös. Verspottete ihn der Schamane? Was sollte das dumme Gerede?
Er kam nicht mehr dazu, weiter in den Alten zu dringen. Die Männer veranstalteten einen Höllenlärm. Sie balgten sich um die Nuggets. Baxter sah, daß sie die Feuerstelle des Schamanen durchwühlten. Sie förderten ein Goldstück nach dem anderen zutage.
„Warum hast du mir verraten, wo die Nuggets liegen, Alter?"
Der Schamane schwieg. Sein
Weitere Kostenlose Bücher