105 - Trank des Verderbens
Louise da?« fragte Dave Suzman.
»Selbstverständlich, und sie hat wie immer Zeit für Sie.«
Dr. Suzmans elegante Erscheinung paßte nicht in die Spelunke. Sein Inneres aber paßte bestens hierher, denn er war verkommener als alle Gäste zusammen.
Die Rauchschwaden, die den Raum einhüllten, sahen wie Nebel aus. An den Tischen saßen Männer, denen man besser nicht über den Weg traute. Hier verkehrte der Abschaum… Und Dr. Dave Suzman.
Der Wirt hatte sofort einen Tisch für Suzman. Er verscheuchte zwei übel aussehende Kerle. Sie mußten Platz machen für den vornehmen Gast. Mürrisch verkrümelten sie sich, setzten sich zu anderen Gästen.
»Das Übliche?« fragte der Wirt dienernd.
Suzman nickte.
»Anne Louise wird es Ihnen gleich bringen«, sagte der Wirt und eilte davon.
Wenig später tauchte das Mädchen im »Nebel« auf. Sie trug ein Tablett, auf dem eine Glaskaraffe und zwei Gläser standen. Bester schottischer Whisky befand sich in der Karaffe; sehr teuer, aber das spielte bei Suzman keine Rolle.
Ein Gast angelte lachend mit beiden Händen nach Anne Louise. Er ließ sie nicht weitergehen, zog sie an sich. In Suzman erwachte sofort die Wut.
Anne Louise Cunningham balancierte das Tablett gekonnt mit einer Hand. Mit der anderen gab sie dem Gast eine kräftige Ohrfeige, die dieser nicht einfach hinnehmen wollte.
»Verdammtes Luder!« schrie er und sprang auf.
Seine Zechkumpane lachten ihn aus. Das stachelte ihn an.
»Wofür hältst du dich? Für die Königin von Saba? Du bist nichts weiter als eine miese, kleine Nutte, die jeder haben kann!«
»Nicht jeder!« widersprach ihm Anne Louise giftig. »Du zum Beispiel nicht!«
»Ich kann deinen Preis bezahlen.«
»Ich will dein Geld nicht. Steck es dir sonstwohin.«
Suzman konnte sich kaum noch beherrschen. Das Monster wollte aus ihm hervorbrechen. Er unterdrückte diesen wilden Drang mit großer Mühe.
Es durfte nicht sein, daß alle hier über ihn Bescheid wußten. Anne Louise wollte dem kräftigen Kerl noch eine kleben. Sie holte aus, und das Tablett fiel zu Boden.
Das Klirren des Glases ließ die Gäste verstummen. Alle wandten sich dem Mädchen und dem Mann zu, die eine Gratisvorstellung gaben.
»Du wirst mich jetzt küssen!« sagte der Kerl. »Vor allen hier! Und du wirst dich bei mir entschuldigen!«
»Den Teufel werde ich!« fauchte Anne Louise.
Er krallte seine Finger in ihr tizianrotes Haar. Ihr hübsches, junges Gesicht verzerrte sich. Sie schrie auf, und der Kerl lachte rauh. Er drückte ihr Gesicht an seines heran.
Da riß Anne Louise ihr Knie hoch und traf ihn schmerzhaft. Er brüllte auf, und dann wollte er sie nicht mehr küssen, sondern verprügeln. Aber der Schmerz hatte ihn gezwungen, sie loszulassen.
Sie löste sich von ihm. Er faßte nach. Es gab ein ratschendes Geräusch, und Anne Louises Kleid zerriß.
Da schnellte Dr. Suzman hoch und herrschte den Kerl an: »Jetzt ist es genug!«
Der Mann ließ sofort von dem Mädchen ab und wandte sich Suzman zu. »Was hör' ich da? Was willst du von mir, du feiner Pinkel? Du hast dich wohl verlaufen, wie? Merkst du nicht, daß du hier unerwünscht bist? Mach 'ne Fliege, sonst setze ich dich höchstpersönlich an die Luft!«
»Das wird dir nicht gelingen.«
»Ich werde es dir sofort beweisen!« knurrte der Kerl und griff an.
Anne Louise verschwand, um neuen Whisky zu holen, und Suzman empfing den Angreifer mit harten Faustschlägen. Er konnte nicht vermeiden, daß sich seine Augen rot färbten, aber es gelang ihm zu verhindern, daß die Leute sein monströses Aussehen sahen.
Kalt und berechnend schlug er auf den Mann ein. Jeder Schlag war ein schmerzhafter Volltreffer. Der Kerl kam ins Schwimmen. Es war ihm unmöglich, seine sonst so gefährliche Linke richtig einzusetzen.
Er stürzte auf seinen Stuhl, fiel damit um, rappelte sich wieder hoch, und Suzman traf ihn erneut. Diesmal landete er zwischen seinen Freunden mitten auf dem Tisch. Er räumte dabei sämtliche Gläser ab.
Blut rann ihm aus dem Mund. Sein Gesicht schwoll rot und blau an. Fluchend stürzte er sich erneut auf Suzman. Er krallte seine dreckigen Finger in die noble Kleidung seines Gegners, doch Suzman befreite sich mit einem raschen Schlag und streckte den Kerl zu Boden.
Daraufhin zog dieser sein Messer.
Mit blutverschmiertem Gesicht stand er da, leicht vorgebeugt, die Beine gegrätscht, und die Klinge pendelte vor Suzman hin und her.
»Jetzt hast du die Hosen voll, was?« fauchte der Kerl. »Mit Recht,
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