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105 - Trank des Verderbens

105 - Trank des Verderbens

Titel: 105 - Trank des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
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»Das kommt in solchen alten Häusern leider immer wieder vor.«
    »Aber zuvor hat er geschrien, Tony«, sagte Peckinpah. »Gebrüllt hat er, wie ich noch keinen Menschen brüllen gehört habe. Todesangst, Grauen und Entsetzen befanden sich in diesem letzten Schrei vor dem Sturz. Es war so schrecklich, daß ich den Schrei immer noch höre. Der Schrecken fuhr mir bis ins Knochenmark.«
    »Wovor hatte der Lord so große Angst?« wollte ich wissen. »Hat er Ihnen gegenüber irgendwelche Äußerungen gemacht?« Meine Frage war an das Personal gerichtet.
    Harold schüttelte den Kopf. Er war ein bulliger Mann mit angegrauten Schläfen.
    »Lord Greenaway hat nie gesagt, er fühle sich bedroht oder würde sich in seinem Haus fürchten.«
    »Was für eine Beziehung hatten Sie zu ihm?« fragte ich.
    »Eine sehr gute«, antwortete der Butler. »Das gilt auch für meine Schwester.«
    Janet Fraser, gut zehn Jahre jünger als ihr Bruder, nickte beipflichtend.
    »Wenn er Angst vor etwas gehabt hätte, hätte er mit Ihnen darüber gesprochen?« fragte ich.
    »Davon bin ich überzeugt«, antwortete Harold.
    »Wie erklären Sie sich dann die Furcht, die Mr. Peckinpah aus der Stimme seines Freundes zu hören vermeinte?«
    »Sie kann sich erst kurz vor seinem Tode eingestellt haben«, mutmaßte der Butler.
    »Hatte er kurz zuvor Besuch?« erkundigte ich mich.
    »Nein, Mr. Ballard.«
    »Rief ihn jemand an?«
    »Auch nicht«, sagte Harold Fraser. »Wir hätten es läuten gehört.«
    »Er muß sich dennoch irgendwie bedroht gefühlt haben«, warf Tucker Peckinpah ein. »Sein Anruf kam mir vor wie… wie ein Hilferuf. Deshalb habe ich ja so prompt darauf reagiert.«
    »Hatte Lord Greenaway Feinde?« fragte ich.
    »Nicht, daß ich wüßte«, antwortete der Butler.
    Ich wandte mich Harolds Schwester zu. Sie hatte kurzes blondes Haar und braune Augen, an denen mich plötzlich irgend etwas störte.
    Doch was war es? Ihre Form? Daran gab es nichts auszusetzen. Ihr Ausdruck? Ja, der mußte es sein.
    Mir kam die Frau nicht ganz aufrichtig vor. Ihre Trauer, die ich noch vor wenigen Minuten für echt gehalten hatte, kam mir mit einemmal gespielt vor.
    Ihr schien es um Lord Greenaway nicht leid zu tun.
    Und ihr Bruder? Auch bei ihm bemerkte ich - wenn auch nicht so deutlich - jenen Funken Unaufrichtigkeit.
    Ich bildete mir ein, die beiden würden Masken tragen, und ich bemühte mich, einen Blick dahinter zu werfen.
    Was verbargen Janet Fraser und ihr Bruder mehr oder weniger geschickt vor uns?
    Ich beschloß, die Sache von einer anderen Seite anzupacken. »Wem nützt Lord Greenaways Tod?«
    Tucker Peckinpah sah mich überrascht an. »So etwas fragt man normalerweise nur bei einem gewöhnlichen Kriminalfall. Wenn übernatürliche Dinge mit hineinspielen, kommen andere Gesetzmäßigkeiten zum tragen.«
    Ich lächelte ihn an. »Das weiß ich, Partner. Trotzdem: Vielen Dank für die Belehrung.«
    Der Industrielle rückte auf der Sitzbank hin und her. »Das sollte doch keine Belehrung sein, Tony. Im Grunde genommen war's nur laut gedacht.«
    »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen«, erwiderte ich und wandte mich wieder an den Butler und die Haushälterin. »Meine Frage steht noch: Wem nützt Lord Greenaways Tod? Ihnen beiden?«
    Tucker Peckinpah sah mich entgeistert an. »Tony, was soll das?«
    Die Frasers schienen zu wissen, worauf ich hinaus wollte. Janet wurde nervös. Sie starrte mich wütend, ja schon haßerfüllt an, und ich hatte den Eindruck, daß mir der Butler liebend gern an die Kehle gegangen wäre.
    Ich mußte einen wunden Punkt berührt haben. Janet ballte die Hände zu Fäusten. Es entging mir nicht.
    Doch sie mußten heraus mit der Wahrheit. Ich erfuhr, daß Lord Hugh Greenaway im Falle seines Todes gut für das Geschwisterpaar gesorgt hatte. Alles aber erbten sie nicht. Ich fragte nach Verwandten. Es gab keine. Nicht einmal entfernte Verwandte hatte Lord Hugh Greenaway. An wen also ging der Großteil des Greenawayschen Vermögens?
    Diese Frage konnten mir die Dienstboten nicht beantworten.
    »Gibt es ein Testament?« forschte ich weiter.
    »Das ist anzunehmen«, sagte Tucker Peckinpah.
    »Bei welchem Anwalt hat er es hinterlegt?« wollte ich wissen.
    »Es müßte bei Dr. Neil Higgins liegen«, sagte Harold.
    Ich nahm mir vor, diesem Mann noch heute einen Besuch abzustatten. Nun entschuldigte ich mich wegen meiner Unhöflichkeit und sagte zu Janet Fraser: »Zurück zu Greenaways ›Unfall‹. Wo waren Sie zu dem Zeitpunkt, als es

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