1054 - Der mentale Sturm
festgefügte Ordnung so entscheidend erschüttert worden sein könnte, daß sich für uns daraus bedrohliche Folgen ergeben würden. Folglich werden wir den Anflug fortsetzen."
Er blickte seine Stellvertreterin an.
„Findest du Widersprüchliches in meiner Antwort, Sandra?"
Als sie den Kopf schüttelte, aktivierte er die Rundrufanlage und sagte: „Hier spricht der Kommandant. In zirka zwanzig Minuten schwenken wir in einen stationären Orbit um Khrat ein. Die BASIS wird so aufgehängt, daß sie ständig direkt über dem Dom Kesdschan steht, knapp fünfunddreißigtausend Kilometer über Meereshöhe.
Achtung! An den Kommandanten und die Besatzung des Kreuzers AINO UWANOK!
Bereitet bitte alles für einen Start vor! Ich werde in etwa vierzig Minuten an Bord kommen, dann landen wir auf Khrat. Ende der Durchsage."
Javier schaltete die Rundrufanlage aus und sah sich nach seinem Sohn um. Oliver schien sich beruhigt zu haben, aber er zeigte noch immer wenig Interesse für das, was in der Zentrale vorging.
„Möchtest du lieber in unsere Kabine gehen oder sonst etwas, Oliver?" erkundigte sich Javier.
„Ich bleibe lieber bei dir", antwortete Oliver.
Javier nickte ihm liebevoll und zugleich besorgt zu. Sein Sohn verhielt sich so völlig anders als sonst, daß er nicht umhin konnte, sich ständig Gedanken darüber zu machen, obwohl er doch gerade während der nächsten Stunde seine Gedanken auf etwas anderes zu konzentrieren hatte.
Als der Interkom vor ihm summte, aktivierte Javier das Gerät. Im nächsten Moment blickte er verwundert auf das Abbild von Herth ten Var. Er konnte sich nicht vorstellen, welche Probleme den führenden Mediziner an Bord der BASIS bewogen hatten, ihn ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt anzurufen. „Was plagt dich denn, Herth?" fragte er.
Dem Gesicht des Aras war deutlich anzusehen, daß er mit sich kämpfte und nicht wußte, ob er tatsächlich reden sollte.
Waylon Javier wartete geduldig, bis ten Var schließlich sagte: „Es handelt sich wieder um Sirtan Fining, Waylon. Er liegt noch immer im Koma, aber das, was sein Gehirn zu Aktivitätsspitzen reizt, hat seine Intensität mindestens verdoppelt.
Und kurz vorher war es zu einem derartigen Anstieg seiner Gehirnaktivitäten gekommen, daß ich schon fürchtete, es handelte sich um ein letztes Aufbäumen vor dem Tode."
Javier horchte auf.
„Wann war das gewesen, Herth?"
„Vor ungefähr einer Dreiviertelstunde, Waylon. Ich habe lange gezögert, es dir zu melden, aber inzwischen bin ich sicher, daß dieses Phänomen etwas mit dem Ziel zu tun haben muß, auf das wir uns zubewegen."
„Der Dom Kesdschan", erwiderte der Kommandant und dachte daran, daß vor ungefähr einer Dreiviertelstunde sein Sohn zu Demeter gegangen war, weil er fürchtete, ihr könnte etwas zustoßen. „Es wäre möglich, daß dieses Gebilde eine bestimmte Strahlung emittiert."
„Aber ich habe so eine Ahnung, als bedeute diese Strahlung nichts Gutes", sagte der Ara zögernd.
Javier warf einen schnellen Blick zu Oliver, dann wandte er sich wieder dem Interkom zu.
„Wir werden sehen, Herth. Ich danke dir jedenfalls für deine Information."
Nachdenklich schaltete er ab.
„Vielleicht sollten wir die Fakten der Hamiller-Tube eingeben und sie um Rat fragen", warf Sandra ein. „Herths Mitteilung beunruhigt mich."
„Was sollte uns der Blechkasten schon raten können", entgegnete Javier. „Ich fürchte, wir fangen allmählich an, Gespenster zu sehen und etwas in den Dom Kesdschan hineinzugeheimnissen, das es gar nicht gibt."
„Aber ...", fing Sandra an.
„Schon gut!" rief Javier. „Hallo, Blechkasten, melde dich!"
Wieder erschien auf dem Hauptbildschirm das Markenzeichen der Hamiller-Tube, das lindgrüne H.
„Ich habe alles mitbekommen, Mister Javier", sagte Hamiller. „Nach meiner Analyse der Vorfälle und Ahnungen muß ich dringend dazu raten, die BASIS zu stoppen und erst dann wieder auf Fahrt zu bringen, wenn ein Funkkontakt mit einem Verantwortlichen von Khrat zustande gekommen ist und die Frage nach den Zuständen auf Khrat positiv beantwortet wurde."
Waylon Javier runzelte die Stirn.
„Hast du konkrete Verdachtsmomente, Hamiller-Tube?"
„Nein, Mister Javier. Aber vor allem das Verhalten Olli-Bollis beunruhigt mich. Olli-Bolli, du fürchtest dich doch vor etwas. Kannst du mir etwas darüber sagen?"
Olivers Gesicht bekam einen grüblerischen Ausdruck.
„Ich fürchtete plötzlich, daß man Demeter etwas antun wollte", flüsterte der
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