1054 - Die Leibwächterin
noch auf uns zukommt, freust du dich auf die Woche.«
»Richtig, John. Und ich habe ein wunderbar ruhiges Wochenende hinter mich gebracht.«
»Das war keine Kunst bei dem Wetter.« Ich zählte alles auf.
Sturm und Regen. Überschwemmungen in Wales. Schneechaos in Schottland. Das war wirklich toll.
Er grinste mich an. »Vergiß die Ruhe nicht, die ich mir gegönnt habe.«
»Ja, die hatte ich auch.«
Er lachte. »Ich weiß, daß du davon nicht reden willst. Du bist leicht erkältet, du hast dich gepflegt und bist trotzdem nicht zufrieden an diesem Montag.«
Ich winkte ab. »Es hat keinen Sinn, mit dir noch länger darüber zu reden. Ich brauche erst mal einen Kaffee. Wie ich Glenda kenne, hat sie ihn schon aufgesetzt.«
»Mr. Sinclair!«
Es war der Ruf eines Mannes, der mich nach zwei Schritten stoppte. Der Lift mußte zunächst ohne uns hochfahren, denn auch Suko war stehengeblieben.
Ich drehte mich zur Empfangsloge um und sah den Kollegen, der seinen Platz dahinter verlassen hatte, auf mich zukommen. Er hielt etwas in der Hand und schwenkte den weißen Gegenstand auch.
Erst beim Näherkommen indentifizierte ich ihn als Briefumschlag.
Die Aktivität des Kollegen verschwand, als er vor mir stehenblieb, denn er gähnte.
»Auch müde?« erkundigte ich mich und mußte mein eigenes Gähnen mühsam unterdrücken.
»Ja, sorry, Sir, aber das Wetter.«
»Kann ich verstehen.«
Er fuchtelte mit dem Umschlag herum. »Das ist heute morgen schon für Sie abgegeben worden.«
Ich nahm ihm den Umschlag aus der Hand. »Ein Brief?«
»Ja, Sir, aber ein normaler. Keine Briefbombe oder eine eingepackte chemische Keule.«
»Das haben Sie untersuchen lassen?«
»Ich war so frei.« Er bekam einen leicht roten Kopf. »Zudem stehen Sie auf der Liste der nicht eben beliebten Personen. Sie wissen ja, was ich damit meine.«
»Klar, das weiß ich.«
Ich bedankte mich bei dem Kollegen, und wenig später standen Suko und ich im Aufzug und fuhren hoch. Die beiden anderen Kollegen, die einen Teil der Strecke mit uns fuhren, waren ebenfalls vom Montags-Syndrom erfaßt. Ihre Blicke »sprühten« fast vor Lust an der Arbeit.
Suko starrte den weißen Umschlag an. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Meine Laune besserte sich. »Jetzt willst du wissen, wer mir geschrieben hat?«
»Wie könnte sie denn heißen?«
»Was heißt sie?«
»Schau doch mal nach, ob es einen Absender gibt.«
Ich tat ihm den Gefallen und drehte den Umschlag, der auf der Rückseite neutral weiß und nicht beschriftet war.
»Du hättest den Kollegen unten nach dem Aussehen der Überbringerin fragen sollen.«
»Stimmt. Habe ich vergessen. Aber es läßt sich nachholen.«
»Ist dein Problem.«
Wir gingen die letzten Schritte zu unserem Büro, öffneten die Tür zum Vorzimmer und erwarteten Glendas übliche ironisch- süffisante Begrüßung, doch die fiel an diesem Tag aus, denn Glenda Perkins war nicht da.
Das Vorzimmer sah verwaist aus. Aber Glenda mußte schon eingetroffen sein, denn in der Kanne auf der Kaffeemaschine stand die braune Brühe bis zur Hälfte.
»Brav, Glenda«, sagte ich, obwohl sie nicht anwesend war und holte mir schon eine Tasse.
Suko wollte keinen Kaffee. Er war bereits in unserem gemeinsamen Büro verschwunden. Wenig später saß ich ihm gegenüber.
Die Tür zum Vorzimmer hatten wir nicht geschlossen. Der Umschlag lag neben der Tasse. Ich ließ mir Zeit, trank zunächst einen Schluck und grinste Suko an, der seinen Blick nicht von dem Umschlag losreißen konnte.
»Was hast du?«
»Willst du den Brief nicht lesen?«
»Immer mit der Ruhe. Die Woche fängt gerade erst an. Wir sollten uns Zeit lassen.«
»Aha.« Er ließ einen Brieföffner zu mir rüberrutschen. Jetzt mußte ich den Brief öffnen.
Auch ich war gespannt und hatte schon überlegt, wer mir die absenderlose Nachricht zugeschickt haben könnte. Ein Name war mir nicht eingefallen. Mein Gesicht wurde lang, als ich den Inhalt aus dem Umschlag hervorholte.
Er bestand aus Papier. Allerdings aus Toilettenpapier oder demjenigen, das zum Abtrocknen der Hände benutzt wurde.
Auch Suko hatte es gesehen und lachte leise. »Das ist wirklich ein Ding«, kommentierte er. »Da will dich jemand – verarschen.«
»Na, na na.« Ich faltete das Papier auseinander. Es war innen beschrieben. Ohne daß ich den Text richtig gelesen hatte, fiel mir auf, wie schnell die einzelnen Buchstaben hingekritzelt worden waren.
Da hatte jemand unter Druck gestanden. Plötzlich fühlte ich
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