1054 - Die Leibwächterin
Karina nicht trauen kann?«
»Ich kann es nicht.«
Logan Costello beugte sich vor. In seinem grauen Gesicht malte sich nicht ab, was er dachte. »Du verläßt dich also ganz auf dein Gefühl, und es hat nichts mit Eifersucht zu tun, weil Karina diesen Job hier bekommen hat?«
»Nein, das schwöre ich!«
»Bene.« Costello entspannte sich wieder. Er griff zum Glas und trank einen Schluck. »Setzen wir die Vorzeichen mal verkehrt ein, Franco. Wenn das so stimmt, was du gesagt hast, was soll ich deiner Meinung nach dann unternehmen?«
»Das weiß ich nicht.«
»Schade.«
Franco konnte es nicht gefallen, daß sein Chef sich so verhielt.
»Ich denke daran, daß Karina nur auf diese Nacht heute gewartet hat, um zu erfahren, was wir vorhaben.«
»Hat sie das denn?«
»Ja, schon.«
Costello schüttelte den Kopf. »Inwiefern? Was weiß sie, wenn wir mal nachdenken. Sie weiß, daß es Vampire auch in der Wirklichkeit gibt und sie keine Hirngespinste irgendwelcher Autoren und Filmemacher sind. Sie hat sich bei deren Anblick erschreckt. Sie verlor ihre Sicherheit. Das hat sie mir sogar sympathisch gemacht. Aber sie ist nicht in meine Pläne eingeweiht.«
»Das stimmt.«
»Befürchtest du einen Verrat?«
Nach dieser direkten Frage konnte auch Franco nicht mehr ausweichen, obwohl es ihm schwer fiel. Zudem fühlte er sich alles andere als wohl. Er ärgerte sich auch über den Schweiß auf seiner Stirn und den Glanz auf der Oberlippe.
»Also ja!«
»Si, Don, ich befürchte es«, flüsterte Franco. »Ich habe Angst davor, daß sie uns verraten könnte.«
Costello überlegte einen Augenblick. »An wen, zum Beispiel?«
»Da gibt es ja viele Organisationen.«
»Stimmt. Nicht nur die Polizei?«
»Genau. Sie kommt aus Rußland. Ich lese ja auch Zeitungen. Offiziell ist der KGB ja zerschlagen worden, aber die alten Verbindungen haben noch Bestand. Aus dem Geheimdienst sind ja die zahlreichen Banden hervorgegangen, denen Rußland zu klein geworden ist. Sie kommen doch in den Westen, um hier Geschäfte übernehmen zu können. Ich habe mir vorgestellt, daß Karina zu ihnen gehört. Sie hat sich bei uns einstellen lassen, um uns auszuspionieren und den Weg für ihre Leute freizuschaufeln, damit sie es leichter haben.«
Logan Costello ließ einige Zeit verstreichen, bis er die Antwort gab. »Nicht einmal schlecht gedacht, Franco. Auch ich habe diese Möglichkeit in Betracht gezogen. Nur ist in dieser Zeit nichts geschehen, was darauf hingewiesen hätte. Sie hat nichts getan, um sich verdächtig zu machen. Sie war mir gegenüber stets loyal. Ich kann also nichts Negatives über sie sagen.«
»Ich auch nicht.«
»Eben.«
»Aber hätte sie nicht Kontakt mit anderen aufnehmen können, trotz der Überwachung?«
Costello hob die Schultern. »Möglich ist alles. Nur ist sie, da sie bei uns lebt, ebenso gut bewacht wie wir. Eine Kontaktaufnahme wäre uns aufgefallen. Oder nicht?«
»Im Prinzip schon.«
»Aber du glaubst nicht daran?«
»Nein.«
Costello hob seine rechte Hand und legte zwei Finger unter sein Kinn. »Es ist gut«, sagte er. »Auch wenn eine gewisse Zeit vergangen ist, traust du ihr nicht. Deshalb gebe ich dir den Auftrag, mir den Beweis zu bringen oder auch nicht.«
»Was bedeutet das?«
»Wir lassen sie an der langen Leine laufen. Wir geben ihr etwas mehr Freiheit. Dann werden wir sehen, wie sie diese Lockerung ausnützt. Ich werde ihr morgen früh sagen, daß sie sich Zeit nehmen soll. Sie soll allein losgehen. Shopping machen, sich etwas gönnen. Ich werde ihr sagen, daß ich die Rechnungen übernehme. Gewissermaßen eine Belohnung zwischendurch.«
»Einverstanden.«
»Sehr schön, Franco. Und du weißt auch, was du dabei zu tun hast?«
Der Angesprochene atmete tief durch. »Und ob ich das weiß…«
***
Das Wetter – mal wärmer, mal kalt – hatte mich irgendwie müde gemacht. Nicht nur mich. Anderen Menschen erging es ebenso. Bis auf die berühmten Ausnahmen natürlich. Zu ihnen zählte ich Suko.
Er bewegte sich an diesem Montagmorgen frisch wie der Frühling an meiner Seite und wirkte schrecklich aktiv. Das änderte sich auch nicht, als wir das Yard-Gebäude betraten. Ich konnte nur den Kopf schütteln und wollte von Suko noch einmal wissen, warum er sich so super fühlte.
»Das ist ganz einfach. Ich freue mich eben auf die Woche.«
»Aha. Gibt es da einen Grund? Weißt du schon, was uns noch alles bevorsteht?«
»Bis jetzt nicht.«
»Ich verstehe«, sagte ich. »Weil du nicht weißt, was
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