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1059 - Der Scharfrichter

1059 - Der Scharfrichter

Titel: 1059 - Der Scharfrichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Noch halb naß lief er wieder zurück in das Zimmer und zog sich an.
    Er fluchte dabei über sich selbst, weil er zu stark zitterte. In seinem Kopf wurde noch immer »gearbeitet«. Die Stiche würden auch erst nach Stunden richtig verschwinden. Da kannte er sich aus.
    Trotzdem blieb die Sorge um seine Frau bestehen. Einen Koffer hatte er nicht mitgenommen. Was er brauchte, das paßte auch in seine Reisetasche hinein. Er hängte sie über seine Schulter, als er das Zimmer verließ und ging die alte Treppe hinab. Sie endete dort, wo so etwas wie eine Rezeption stand. Nur ein Brett auf zwei Latten. Dahinter las eine Frau Zeitung und nahm den Gast nicht zur Kenntnis.
    »Wo kann ich was essen?«
    »Links.«
    Damit war eine Tür gemeint, die einen gelben Glaseinsatz besaß.
    Pinter drückte sie auf und betrat einen Raum, in dem es nach dem Qualm der am letzten Abend gerauchten Zigaretten roch. Kein Wunder, denn die vollen Ascher waren nicht geleert worden. Das Mobiliar war schon mehr als verschlissen, und außer ihm hielten sich noch zwei Männer in diesem Raum auf.
    Den Kaffee mußte er sich selbst holen. Die Warmhaltekanne stand bereit. Daneben war das Frühstück aufgebaut, das nicht gerade appetitlich aussah.
    Brot in Plastiktüten. Etwas Käse, der auch schon bessere Zeiten erlebt hatte. Dazu eine Pastete, die in einer Dose lag, nicht eben das Wahre.
    Die Zeit drängte. Pinter trank zwei Tassen Kaffee, aß so gut wie nichts, stierte vor sich hin und dachte dabei immer an seine Frau.
    Bevor er abfuhr, wollte er noch anrufen.
    Das Telefon hing an der Wand im Foyer. Die Frau las noch immer Zeitung. Sie schaute nicht hin, als Pinter mit zitternden Fingern seine Nummer wählte.
    Er wartete darauf, daß Mary abhob.
    Es war wie in der Nacht. Nichts geschah. Der Ruf ging durch, aber sie hob nicht ab.
    Noch blasser hängte er den Hörer wieder ein. Die Frau mit der Zeitung schaute ihn an. Sie sah aus, als wäre sie aus der Mülltonne gekrochen, passend zu diesem Laden. Sie trug einen Kittel. Das graue Haar hatte sie zu Locken gedreht.
    »Keine Verbindung?«
    »So ist es. Ich will zahlen.«
    Die Frau grinste schief. »Das ist immer gut. Manche hauen ab, ohne zu zahlen.«
    »Sehe ich wie manche aus?«
    »Nein, nein, schon gut.«
    Pinter legte den Zimmerschlüssel auf den Tresen und zahlte die Summe, die in einer Kitteltasche verschwand. Man wünschte ihm noch eine gute Fahrt, dann war er entlassen.
    Draußen atmete Pinter tief durch. Er hatte das Gefühl, aus einem Gefängnis gekommen zu sein und schlurfte mit müden Schritten zu seinem Fahrzeug. Er hatte für den Wagen einen Parkplatz gefunden, gar nicht so leicht in dieser Stadt.
    Pinter fuhr los. Er war so aufgeregt und durcheinander, daß er sich in der Stadt verfranste. Er mußte den richtigen Weg suchen, was wieder Zeit kostete, und rollte dann in Richtung Osten.
    Mayne war ein Kaff, das auf dem platten Land lag. Ungefähr zwei Stunden von London entfernt. Noch nicht am Wasser, aber auch nicht zu weit davon entfernt.
    Das Land war dort so flach, daß die Bewohner am Montag schon sehen konnten, wer am nächsten Wochenende zu Besuch kam.
    Keine Gegend, in der Fremde Urlaub machten, und auch die Londoner fuhren dort nicht hin, sondern weiter bis zum Meer.
    Er fuhr schnell. Die Zeit drängte.
    Die Vorwürfe bleiben nicht nur, sie verstärkten sich sogar. Er hätte nicht allein zu Bischof Crayton fahren, sondern seine Frau mitnehmen sollen. Er hatte sie nicht beunruhigen wollen, weil er wußte, wie ängstlich sie war.
    Viel Verkehr herrschte nicht. Er kam gut voran. Sah bekannte und weniger bekannte Orte und atmete auf, als er zum erstenmal den Namen Mayne auf einem Schild sah.
    Nur noch zehn Meilen.
    Seine Ungeduld verstärkte sich ebenso wie die Furcht, etwas Schreckliches zu entdecken.
    Er hatte keine konkreten Vorstellungen. Schlimme Bilder erschienen vor seinem Auge. Manchmal glaubte er, Mary um Hilfe schreien zu hören. Er sah sie blutüberströmt im Flur liegen, durchbohrt von zahlreichen Messerstichen.
    Oder sie war verschwunden. Einfach weg. Geraubt und danach getötet worden. Wie die anderen.
    Drei Gräber! Oder drei flache Hügel. Eigentlich keine direkten Gräber. Jemand hatte da gebuddelt, aber niemand im Ort traute sich, dort nachzuschauen. Die Leute waren geschockt. Sie wollten es nicht glauben, denn so etwas paßte nicht in ihr Leben.
    Die Augen des Mannes brannten. Er fühlte sich erschöpft, ausgelaugt. Es war nicht einfach für ihn, die Spur zu halten. Immer

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