Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1059 - Fels der Einsamkeit

Titel: 1059 - Fels der Einsamkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
wie viel hunderttausend Jahren hier gestanden hatten. Es schien eine geheimnisvolle Macht zu geben, die den Felsen als einzigen den Kräften der Verwitterung hatte trotzen lassen, Als sei ihm eine besondere Bestimmung zugedacht - als wolle das Schicksal ihn für eine bestimmte Aufgabe verwenden.
    Und der See? Er hielt den Wind von sich fern, der seine Oberfläche gestört und verdampfendes Methan entfernt hätte. Er wies die EM-Schwämme von sich, die ihn leergesaugt hätten. Er hielt sich Steinbrocken vom Leib, die ins Rollen geraten und in ihm versunken wären. Er war auf Selbsterhaltung bedacht. Ebenso wie der Fels wollte er in seiner ursprünglichen Form erhalten bleiben.
    Bestand zwischen beiden Phänomenen ein Zusammenhang? Alaska wußte es nicht.
    Man müßte nachforschen, ob es auf EMschen noch mehr solcher Gebilde gab, die die Fähigkeit besaßen, den Kräften der Veränderung und der Erosion zu widerstehen.
    Aber dazu blieb keine Zeit. Die Aufgabe dieser Expedition war nicht, Geheimnisse fremder Welten zu enträtseln, Sie hatte sich zum Ziel gesetzt, die Porleyter zu finden.
    Alaska hatte das Ostufer des Sees überquert und landete sanft in der Nähe der Gruppe von Personen, die Carfesch zur Durchführung seines Experiments um sich versammelt hatte.
     
    *
     
    In knapp zwei Kilometern Höhe bewegte sich die DAKOTA mit mäßiger Geschwindigkeit über die felsige Einöde. Der Feldschirm war mit 50 Maximalleistung ausgefahren. In den äußeren Energieschichten wetterleuchteten der Sturm und die dünnen Wolken aus Ammoniak-Schnee, die immer seltener wurden, je höher die Sonne stieg.
    Der EM-Scanner, wie Irmina ihn genannt hatte, war in Betrieb. Hin und wieder zeigte er Reflexe von einzelnen oder sich in kleinen Gruppen bewegenden Rollschwämmen. Aber das war nicht, wonach die DAKOTA suchte. Gesucht wurden Spuren massiver Rollschwamm-Bewegungen, die auf die Nähe einer „Siedlung" hinwiesen.
    Das Gelände unter der Space-Jet war von grandioser, düsterer Einsamkeit. Gigantische Felsen, wirr durcheinandergeworfen, häuften sich auf flachem, steinernem Untergrund -einer Steinplatte, die bis zum Horizont reichte. Der Sturm blies aus Nordost.
    Anemometer-Sonden, die Nikki Frickel hin und wieder ausfuhr, registrierten Windgeschwindigkeiten bis zu 140km/h. Die wildbewegte Luft hatte eine milchige Konsistenz. Hinzu kam die geringe Leuchtkraft der roten Sonne und schuf eine Szene, wie sie unheimlicher und bedrückender nicht gedacht werden konnte.
    Was haben wir hier verloren? dachte Nikki und sehnte sich zurück nach dem weißen Strand, der tropischen Sonne von Waigeo.
    „Es ist seltsam", sagte sie, „nach welchen Launen die Natur ihre Geschöpfe erschafft."
    Irmina sah verwundert von ihrer Beschäftigung auf.
    „Wie meinst du das?"
    „Wir alle haben gelernt, daß die Intelligenz das Ergebnis immer weitergehender Spezialisierung ist. Die primitivsten Geschöpfe sind jene, deren Körper ein Minimum an Gliederung aufweist. Intelligente Wesen dagegen sind ungeheuer komplex in ihrem Aufbau. Mit der zunehmenden physischen Spezialisierung schrumpft die Spanne der Umweltgegebenheiten, in denen das Wesen überleben kann. Von allen Geschöpfen, die die Erde bevölkern, ist der Mensch das empfindlichste.
    Aber jetzt haben wir die EM-Amöben. Ihr Körper besitzt keinerlei Gliederung, wie du sagst. Sie existieren in einer Sauerstoffatmosphäre bei hohen Temperaturen ebenso wie in der natürlichen Wasserstoffhülle dieses Planeten, bei Temperaturen von siebzig Grad unter null. Da geht unsere ganze Theorie zum Teufel, nicht wahr?"
    Irmina lächelte. „Wir wissen so gut wie nichts über die Amöben", antwortete sie. „Die Untersuchungen, die Geoffry und ich in der vergangenen Nacht durchgeführt haben, waren oberflächlich. Wer das Geheimnis der Rollschwämme und ihrer Symbionten enträtseln will, der muß sich länger und eingehender mit ihnen befassen. Du hast recht.
    Auf den ersten Blick wirken die Amöben, als habe die Natur ihr eigenes Gesetz auf den Kopf gestellt. Außer Wesen, die aus nichtsubstanzieller Energie bestehen, kennen wir keine, die in einer reduzierenden ebenso wie in einer oxydierenden Atmosphäre überleben können. Aber dann wissen wir auch nicht, ob die Amöben überhaupt atmen und ob ihre Körpersubstanz nicht chemisch inert ist. Wenn wir uns Zeit nähmen, genau nachzusehen, fänden wir womöglich eine komplexe Gliederung des Amöbenkörpers auf ganz anderer Ebene, und das Gesetz von der

Weitere Kostenlose Bücher