1059 - Fels der Einsamkeit
Labor als auch in der Südschleuse beobachtet wurden. Diese Fähigkeit dient der Amöbe als Schutz. Wird sie angegriffen, löst sie sich einfach auf. Da nach unserem Wissen Amöben nur in Symbiose mit Rollschwämmen leben und da die Natur keine Fähigkeiten schafft, die nicht gebraucht werden, bleibt uns nur die Annahme, daß zu irgendeiner früheren Zeit die EM-Amöben für sich existierten und die Symbiose mit den Schwämmen erst später zustande kam.
Die Frage ist nur: wie finden die Tröpfchen wieder zusammen, nachdem die Gefahr vorüber ist? Jedem einzelnen wohnt nur ein winziger Bruchteil der Gesamtintelligenz inne.
Reicht dieser Bruchteil aus, um wenigstens eine Art Instinkt zu bilden, die die Tröpfchen schließlich wieder zusammenführt? Die Simulation beantwortet diese Frage im bejahenden Sinn. Der Instinkt ist offenbar nicht untrüglich. Alaska sah, wie die Gallertkügelchen sich augenblicklich vereinen wollten, nachdem er sie von der Wand der Schleusenkammer gewischt hatte. Eine Zehntelsekunde später jedoch erkannten sie, daß ihre Handlung verfrüht war, und wichen wieder auseinander."
Er seufzte und fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
„Das also ist die EM-Amöbe - eines der seltsamsten Geschöpfe, das mir je über den Weg gelaufen ist."
Nachdenkliches Schweigen folgte seinen Erklärungen. Das menschliche Bewußtsein fand es schwierig, eine derart groteske Vorstellung zu verdauen. Schließlich war Carfeschs sanfte Stimme zu hören: „Es besteht also kein Zweifel daran, daß die EM-Amöbe die Kuppel durch die südliche Schleuse verlassen hat?"
„Kein Zweifel", bestätigte Geoffry. „Wir haben keinen Versuch gemacht, sie wieder einzufangen."
„Das bedeutet aber", fuhr der Sorgore fort, „daß die Amöbe gelernt haben muß, die Schaltkontrollen der Schotte zu bedienen."
Geoffry machte ein Gesicht, als hätte er in das bittere Ende einer Salatgurke gebissen.
„Das ist richtig. Wie wir uns die Sache vorstellen, hat die Amöbensubstanz sich selbständig gemacht, während Roboter die Steinstücke aus der Laborzelle in einen Lagerraum nahe der Südschleuse brachten. In Form von tausend winzigen Tröpfchen war sie praktisch unsichtbar. Später, als keine Gefahr der Entdeckung mehr bestand, vereinigten sich die Tröpfchen. Die Amöbe kroch an der Wand empor bis zur Schaltleiste und öffnete das innere Schott. Als Alaska nachsehen kam, fand er die Sperrschaltung deaktiviert, weil sie nur von einer Last ausgelöst wird, die auf den Boden der Kammer drückt. Er betrat die Kammer. Die Amöbe spürte die Gefahr und löste sich auf. Nachdem Alaska gegangen war, setzte sie ihr Werk fort. Sie öffnete das äußere Schott und entkam."
„Ich verstehe", sagte Carfesch. „Aber woher hat sie die Kenntnisse, die man braucht, um die Kontrollen zu bedienen?"
Geoffry hob die Schultern. „Das wissen die Götter", sagte er bedrückt.
„Das wäre etwas", rief Gucky fröhlich, „wenn die Amöbe den Aufenthalt im Labor dazu genutzt hätte, unsere Technik zu erlernen!"
Niemand fand den Gedanken erheiternd.
*
Perrys Plan lag fest. In zwei Tagen würde die DAN PICOT starten. In der Zwischenzeit galt es, soviel Information wie möglich zu gewinnen. Für den Augenblick war das Interesse, eine Spur der Porleyter zu finden, in den Hintergrund getreten. Es ging darum, Daten über eine Welt von exotischer Fremdartigkeit zu sammeln, wie sie der terranischen Raumfahrt so rasch nicht wieder in die Quere kommen würde - oder mit anderen. Worten: die Summe menschlichen Wissens zu erweitern. Denn der Wunsch nach vermehrtem Wissen war es gewesen, der den Menschen hatte zu den Sternen aufblicken lassen mit dem Vorsatz: eines Tages werde ich euch aus der Nähe sehen!
Zwei Phänomene warteten darauf, untersucht zu werden. Das erste waren offenbar die geheimnisvollen EM-Amöben, die so erstaunliche Fähigkeiten besaßen und mit denen eine Verständigung bisher nicht in Gang hatte gebracht werden können. Das zweite war der Ammoniak-See in der südwestlichen Ecke des Talkessels, dessen merkwürdiges Verhalten die Phantasie beschäftigte.
Perry beauftragte Alaska Saedelaere, eine Mannschaft aus geeigneten Personen zusammenzustellen und den See zu untersuchen. Flüssigkeitsproben mußten entnommen and analysiert, die aerodynamischen Charakteristiken der Umgebung untersucht werden; denn zu den merkwürdigsten Fähigkeiten des Sees gehörte, daß er es offenbar verstand, den Wind von sich fernzuhalten. Carfesch hatte
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