1063 - Ein Hauch von Leben
verließen, drängten die Wächter den Analytiker zur Seite und setzten ihm ihre Messer in unmißverständlicher Geste an den Hals. Die anderen bauten sich wie eine lebende Mauer zwischen dem Schiff und dem Gefangenen auf. Rhodan hatte nicht daran gezweifelt, daß sie Vejlo sofort töten würden, wenn er oder einer seiner Freunde sich in der Schleuse zeigte, und den Versuch abgebrochen. Auch das zweite Befreiungsunternehmen schlug fehl. Während einer der zahlreichen Ruhepausen versuchten sie abermals ihr Glück. Es zeigte sich jedoch, daß die Fremden keineswegs so fest schliefen, wie es den Anschein hatte. Irgendwie bemerkten sie die Annäherung und reagierten in gleicher Weise. Schweren Herzens mußte Rhodan sich zurückziehen, um den Analytiker nicht unnötig zu gefährden.
Seitdem bewegte sich die Space-Jet in ruhigem Flug über der Kolonne her.
Zwischenzeitlich ging von der DAN PICOT die Meldung ein, daß die Oberflächenvermessung von Impuls II abgeschlossen und die Absturzstelle gefunden sei.
Marcello Pantalini berichtete, daß er und seine Leute ein tief im Boden versunkenes Wrack lokalisiert hätten - außerdem ein unter der Planetenoberfläche liegendes, ausgedehntes Höhlensystem, bei dem an einer bestimmten Stelle der Massetaster anspreche. Es verstand sich jedoch von selbst, daß Rhodan dies vorerst nur in zweiter Linie interessierte. Zunächst galt es, auf eine reelle Chance zur Befreiung des Analytikers zu warten und diese wahrzunehmen.
Mit jedem Tag, der ereignislos verstrich, schien ein winziger Teil aller Hoffnungen zu zerbröckeln. Insbesondere Nuru Timbon wurde immer ungeduldiger.
„Perry!" beschwor er den Aktivatorträger. „Wir dürfen nicht mehr warten! Wenn sie ihre Oase erst erreicht haben, ist es zu spät! Dann kommen wir nicht mehr an Vejlo heran!"
Seit die Siedlung der räuberischen Eingeborenen vor wenigen Stunden in Sicht gekommen war, hatte Rhodan dazu eine andere Meinung. Er lächelte verhalten.
„Schau dir die Oase genau an!" forderte er den Dunkelhäutigen auf und deutete auf den entsprechenden Bildschirm. „Dort wächst ein ebensolcher Lebensbaum, wie wir ihn bereits kennen gelernt haben. Ich gehe davon aus, daß auch hier die Mutierten in regelmäßigen Abständen irgendwelche Rituale um das Gewächs zelebrieren - und daß sie Vejlo dabei nicht mitnehmen. Dann holen wir ihn!"
Nuru streckte ärgerlich einen Arm aus.
„Du kannst doch nicht von ungewöhnlich friedfertigen Lebewesen auf die da schließen!
Sie haben ganz andere Sitten und Gebräuche, sie sind aggressiv und eroberungslüstern.
Wahrscheinlich, scheren sie sich einen Dreck um diesen Baum!"
Rhodan furchte die Stirn, als er einen Druck im Magen und leichte Übelkeit verspürte.
Tatsächlich begann, wie er es erwartet hatte, nun auch sein Zellaktivator unregelmäßig zu arbeiten. Die Symptome waren jedoch erträglich, außerdem durfte er jetzt keine Rücksicht darauf nehmen. Er mußte sich zusammenreißen.
„Wir haben so oft darüber gesprochen", sagte er, als sei er es müde, die Diskussion erneut anzufachen. „Sobald die Fremden sehen, daß wir uns nähern, bedrohen sie den Analytiker, und wahrscheinlich würden sie auch nicht zögern, ihn umzubringen. Wir könnten sie aus der Ferne unter Beschuß nehmen, doch damit wäre ebenfalls keinem geholfen. Es braucht nur einer betäubt zu Boden zu gehen - bevor wir den nächsten erwischen, ist es um Vejlo geschehen. Nein, Nuru, wenn wir ihn retten wollen, müssen wir warten. Und hoffen, daß der Lebensbaum seine anziehende Wirkung nicht verfehlt."
„Solche Spekulationen sind riskant", protestierte der Dunkelhäutige, „und du weißt es.
Ich kenne zwar den Intelligenzgrad dieser Wesen nicht genau, aber ich kann mir vorstellen, daß sie Vejlo nur deshalb am Leben gelassen haben, weil sie damit rechnen mußten, eine Racheaktion unsererseits zu provozieren. Sobald sie sich im Schutz ihrer Oase befinden, kann sich ihr Verhalten schlagartig ändern. Sie könnten sich sicherer vor uns fühlen als in der Wüste und das nachholen, was sie bisher unterlassen haben..."
„Vejlo zu töten!" ergänzte die Pilotin mit gesenkter Stimme, und sie demonstrierte damit, daß sie Nurus Ansicht teilte, auch wenn sie in das Gespräch nicht eingegriffen hatte.
Rhodan ließ sich jedoch nicht von seiner Meinung abbringen. Ausgiebig genug hatte er in den letzten Tagen die Chancen gegeneinander abgewogen.
„Das Risiko müssen wir eingehen", entschied er. „Wir
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