1066 - Avalons Riesen
wieder war es ein verdammt riskantes und lebensgefährliches Unterfangen. Mir war innerhalb kurzer Zeit eine Idee durch den Kopf gezuckt. Ich brauchte viel Glück, um sie auch verwirklichen zu können.
Noch war die Mauer kein zweites Mal getroffen worden. So lange wollte ich auch nicht warten. Ich huschte um die linke Seite herum.
Dabei befand ich mich zwar nicht außerhalb der Reichweite des Riesen, aber es war trotzdem eine gewisse Zeit gewonnen.
Er war da, aber er hatte sich hingekniet. Mit einer Hand stützte er sich dabei ab. Es war die linke, und sie drückte nicht weit von Bills Kopf entfernt gegen den Boden.
Mit der rechten Faust holte er aus. Sie hatte auch die Goldene Pistole gehalten.
Jetzt nicht mehr. Da lag sie nämlich am Boden.
Genau darauf hatte ich gewartet. Oder auch damit gerechnet, darauf gebaut, wie auch immer. Da dem Riesen noch nicht aufgefallen war, daß ich nicht mehr hinter der Wand stand, nutzte ich die Chance aus. Ich startete und flog der Goldenen Pistole praktisch entgegen. Zuletzt hechtete ich vor, rutschte über den feuchten Boden und geriet dabei unter den Körper des Riesen, dessen Gestalt sich wie eine Brücke über mir aufbaute.
Daß etwas nicht stimmte, merkte der Gigant genau in dem Augenblick, als ich mich auf den Rücken rollte, die Pistole mit beiden Händen festhielt und die Mündung in die Höhe richtete.
Der Gigant bewegte sich.
Ich schoß!
Das floppende Geräusch, mit dem die Ladung die Waffe verließ, war Musik in meinen Ohren. Ich rollte mich sofort mehrmals um die eigene Achse, damit ich dem unmittelbaren Bereich des Riesen entwischen konnte, kam dann mit einer Drehung auf die Füße, und streckte dem Monstrum die Waffe entgegen.
Es war nicht mehr nötig, zum zweitenmal abzudrücken. Der Schleim hatte sich blitzschnell ausgebreitet, oder war noch dabei, und hatte in Windeseile ein dünnes Netz geschaffen, das den massigen Körper wie einen Knoten umspannte.
Der Riese hatte mit sich selbst zu tun. Ich schaute nicht zu, weil ich Bill aus der unmittelbaren Gefahrenzone schleifte. Es wäre nicht einmal nötig gewesen, obwohl sich das gewaltige Wesen hochgewuchtet hatte, sofort aber sein Gleichgewicht verlor, weil es mit wilden Armbewegungen um sich schlug.
Der Riese prallte mit seinem vollen Gewicht auf den Rücken. Der Boden zitterte. In dieser Lage wirkte er wie ein ins Unermeßliche gewachsener Käfer. Die Beine hatte er ebenso angewinkelt wie die Arme. Durch Treten und Schlagen versuchte er, sich zu befreien, was ihm nicht gelang.
Der vom Planet der Magier stammende Schleim war einfach zu stark. Er begann mit seiner brutalen Zerstörung, der ich nicht unbedingt zuschauen wollte. Ich kümmerte mich um Bill Conolly. Die Beule an seinem Kopf war nicht zu übersehen, aber sein Stöhnen zeigte mir an, daß er zu erwachen begann.
Ich kniete. Bills Hinterkopf lag auf meinen Oberschenkeln, und ich schaute dabei nach vorn, wo die Blase ganze Arbeit leistete und den letzten Riesen zerstörte.
In der Dunkelheit sah sie aus wie ein durchsichtiges Riesenei, des zwischen den alten Ruinen tanzte.
Dann meldete sich Bill. Er konnte sogar etwas lachen, bevor er leise sagte: »War doch gut, daß ich die Goldene Pistole mitgenommen habe. Oder was meinst du, Alter?«
»Du bist wie immer super, Bill!«
»Ja!« stöhnte er. »Ja, alter Knabe. Dann sag das mal meiner Frau. Bin gespannt, ob sie dir das glaubt.« Im nächsten Moment stöhnte er auf und faßte sich an den Kopf. Er hatte sich leicht übernommen und war wieder in eine leichte Bewußtlosigkeit gefallen.
So blieb ich Zeuge dieser Zerstörung, bis ich noch einmal die Pistole nahm und den kleinen Pfeil in die Blase schoß.
Sie zerplatzte.
Nichts blieb zurück. Abgesehen von meinen Erinnerungen. Die aber drehten sich um Nadine Berger, die auch in ihrer Welt wieder den Frieden gefunden hatte.
Das war gut so…
ENDE des Zweiteilers
[1] Siehe John Sinclair Nr. 1065 »Die Blutquellen«
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