Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1066 - Gesils Punkt

Titel: 1066 - Gesils Punkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
in dem Melborn sich eine Doppelunterkunft mit Caela teilte.
    Sie war über Atlans Kommen nicht überrascht.
    „Ich habe dich früher erwartet", sagte sie. „Es ist alles vorbereitet."
    Sie hatte ein Abspielgerät aufgestellt und brauchte es nur noch einzuschalten.
    Melborns Aufzeichnungen waren, vom Formalen her, eine Mischung aus Bildkompositionen, gesprochenen Texten, bei denen sich Melborn selbst als Sprecher einblendete, bildlich dargestellten Schemata und poesievollen Farbspielen. Inhaltlich gesehen, waren sie mehr als ein persönliches Tagebuch, schon eher eine Bestandsaufnahme zur Person der Gesil, reale Begebenheit vermischte sich mit Fiktion und Spekulation.
    Der gesamte Ablauf war chronologisch. Aber Melborn war sehr sprunghaft vorgegangen, was auf starke Impulsivität schließen ließ. Bilder wurden oft zusammenhanglos in den Raum gestellt, der dazugehörige Text diente nicht immer der Interpretation der Bilder, war oft sogar unpassend.
    Melborns Aufzeichnungen begannen an dem Tag, als Gesil an Bord der SOL gekommen war. Es war der 20.2. Das lag nun schon fast vier Monate zurück.
    Über den Bildschirm huschten flackernde dunkle Schatten. Atlan war sofort klar, daß Melborn auf diese Weise versucht hatte, mit dem Bildzeichner die „schwarzen Flammen", darzustellen, die Gesil in den Bewußtseinen der Männer entfachte, denen sie begegnete.
    Dazu sprach Melborn: „Die Begegnung mit dieser Frau hat mich zu einem Gedicht angeregt, das vielleicht imstande ist auszudrücken, was ich dabei empfand."
    Es folgte eine kurze Pause, und dann fuhr er mit veränderter, geradezu leidenschaftlicher Stimme fort: „Die Schwarze Flamme.
    Sie ist nicht Licht, nicht Feuer, keinem Element zuzuordnen.
    Und doch brennt sie in einer alles verzehrenden Glut der Leidenschaft ..."
    Die dunklen Flammenzungen wanden sich und zuckten im Rhythmus der Worte.
    Atlan kannte dieses Gedicht, denn er hatte es schon oft von verschiedenen Seiten im Zusammenhang mit Gesils Namen gehört. Aber bis jetzt hatte er nicht gewußt, daß es von Melborn stammte.
    In der Folge trat Melborn selbst als Sprecher auf und versuchte sich als Analysator der Situation an Bord, die durch Gesils Anwesenheit entstanden war. Dabei hörte Atlan auch seinen Namen fallen. Melborn sagte wörtlich: „Cae ist natürlich eifersüchtig auf Gesil, eigentlich müßte ich sagen, verständlicherweise. Als Frau sieht sie eine Rivalin in ihr. Aber das will Gesil gar nicht sein. Sie ist, wenn ich es profan ausdrücken darf, nicht auf Männerfang aus. Sie will etwas ganz anderes, ohne Zweifel hat sie viel höhere Ziele. Cae meint, daß Atlan dieser Frau verfallen sei und daß sie einen zerstörerischen Einfluß auf alle Männer habe.
    Daran mag etwas Wahres sein, darum habe ich mir vorgenommen, diesen Aspekt zu untersuchen. Ich habe es mir zur Aufgabe gestellt, Gesil zu beobachten und alle Phänomene, die in ihrem Bereich vorkommen - und zu welchen ich auch die Vision von schwarzen Flammen zähle - festzuhalten. Ich hoffe, daß ich Erfolg habe und meine Dokumentation umfangreich wird..."
    Caela warf ein: „Ich stehe zu dem, was ich gesagt habe."
    Atlan mußte schmunzeln, aber er sagte nichts. Er konzentrierte sich auf Melborns Dokumentation.
     
    *
     
    Melborns Sammlung von Phänomenen, die Gesil zuzuschreiben waren, oder von Vorkommnissen, die mittelbar oder unmittelbar auf ihre Einwirkung hinwiesen, war in der Tat sehr umfangreich.
    Hatte er sich anfangs begnügt, über Vorfälle, die er selbst nur vom Hörensagen kannte, zu berichten, so ging er immer öfter dazu über, aus eigener Erfahrung zu erzählen, nicht als Betroffener, sondern als Zeuge. Das zeigte, daß er sich immer intensiver mit Gesil zu beschäftigen begann. Er sagte es ganz deutlich: „Manchmal schäme ich mich meiner selbst, wenn ich mich in Gesils Nähe herumtreibe, in der Hoffnung, eine Sendung von ihr zu erhalten, irgendein paranormales Signal. Aber ich weiß, daß ich nicht anders kann. Nicht weil ich ihr verfallen bin, weil ihre starke sexuelle Ausstrahlung mich fesselt, nein, das überlasse ich den älteren Narren.
    Mich fesselt ihr Wesen, das vielschichtig und - soll ich sagen - zwiespältig ist. Wer ist Gesil? Was ist sie? Was will sie? Ist ihre Anwesenheit auf der SOL Zufall? Ich kann es nicht glauben. Oder Bestimmung? Ich kann sie nicht eine Heilige nennen, aber eine Missionarin ist sie bestimmt... Ich muß in ihrer Nähe sein und alles festhalten, was sich in ihrem Bereich begibt. Ich bin ihr

Weitere Kostenlose Bücher