1067 - Er killt für den Satan
einen Sog hineingeraten war, aus dem es für sie kein Entrinnen mehr gegeben hatte.
Es waren die falschen Typen gewesen. Sie hatte sich blenden lassen, aber sich auch verliebt. Ausgerechnet in einen Junkie. Das aber hatte sie erst später erfahren, zu spät, denn da war sie bereits schwanger von ihm gewesen.
Sie hatte sich nicht getraut, es ihm zu sagen. In seiner Wut hätte er sie zusammengeschlagen, denn so gut kannte sie ihn mittlerweile. Und so war sie einfach abgehauen, hatte sich als Schwangere durchgeschlagen und später sogar mit Hilfe einer Freundin ihr Kind zur Welt gebracht, einen kleinen Jungen.
Julia hatte ihn nicht behalten wollen und ihn vor eine Kirchentür gelegt.
Sogar einen Brief hatte sie geschrieben, der mit dem Satz endete, daß sie sich irgendwann wieder melden würde.
Dann war sie untergetaucht. Ab in die Londoner Szene, doch nichts war mehr so wie früher. Sie konnte nicht locker sein. Zudem hatte die Polizei ihren Lover verhaftet und eingebuchtet. Er war bei einem Einbruch ertappt worden, und für einen Vorbestraften wie ihn hatte es kein Pardon gegeben.
Julia fühlte sich fremd in der Szene. Durch Gelegenheitsarbeiten hielt sie sich über Wasser, aber das Gewissen ließ sich nicht stoppen. Es meldete sich immer stärker, und Julia hatte verzweifelt nach einem Ausweg gesucht.
Da war ihr Pfarrer Draxon eingefallen. Gläubig war sie nur als Kind gewesen, später nicht mehr, aber ihr war schon eingefallen, daß gerade Pastor Draxon für junge Menschen immer ein offenes Ohr gehabt hatte.
Mit ihm würde sie über ihre Probleme reden können, und deshalb hatte sie ihn schließlich angerufen, einen Termin mit ihm vereinbart, und Julia war dann heimlich in das Dorf zurückgekehrt, aus dem sie stammte.
Niemand hatte sie gesehen, sie hatte sich nirgendwo gemeldet, nur eben beim Pfarrer, und das sehr früh am Morgen.
Beide hatten zusammen gefrühstückt und über allgemeine Dinge gesprochen. So wußte der Pfarrer jetzt, daß sie 22 Jahre alt war, und er hatte über ihr Alter gelächelt.
Dann aber war es ernst geworden. Sie hatte dem Pastor ihr Herz geöffnet. Sie hatte ihm alles erzählt, nichts ausgelassen und die Erinnerung hatte immer wieder die Tränen in ihr hochsteigen lassen.
James Draxon hatte sehr gut zugehört. Ihre Befürchtung, daß er sie verdammen oder mit moralisierenden Predigten überschütten würde, war nicht eingetreten.
Draxon hatte ihr Verständnis gegenüber gezeigt und sie sogar dafür gelobt, daß sie den Jungen nicht abgetrieben hatte.
»Wie alt ist der Kleine jetzt?« fragte er. Seine dunkle Stimme durchbrach die trüben Gedanken der jungen Frau.
Julia hob den Kopf. Sie war früher ein hübsches Mädchen gewesen. Die schlimme Zeit in London allerdings hatte bei ihr Spuren hinterlassen. So war sie ziemlich schmal im Gesicht geworden. Die Haut hatte eine ungesunde Farbe bekommen, und unter ihren tiefliegenden Augen zeichneten sich Ringe ab.
»Fast ein halbes Jahr.«
Draxon lächelte. »Und es geht ihm gut?«
»Das hoffe ich.«
»Du weißt nicht, wo er ist?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, ich hoffe, daß man ihn in gute Hände gegeben hat.«
»Das wird schon der Fall gewesen sein«, sagte Draxon und legte seine Hände übereinander. »Etwas anderes möchte ich dich fragen, Julia. Hast du schon darüber nachgedacht, dein Kind zurückzuholen, um es als Mutter aufzuziehen? Es ist noch nicht zu spät, denke ich.« Er schaute sie fragend an, und diesmal wich Julia dem Blick nicht aus.
»Deshalb bin ich ja bei Ihnen«, flüsterte sie.
»Das war eine gute Idee.«
»Ja, bitte.« Sie räusperte sich. »Können wir nicht gemeinsam darüber nachdenken, wie es nun weitergehen kann?«
»Mit dir und dem Kind?« Draxon nickte. »Es kommt darauf an, wie du dir deine Zukunft vorstellst. Willst du in London weiterhin leben oder wieder hierher zurückkommen?«
»Am liebsten würde ich hier bleiben.«
»Das ist vernünftig.«
Sie lachte krächzend. »So sagen Sie es, Mr. Draxon. Aber wie werden die Leute reagieren, wenn die verlorene Tochter nach über drei Jahren zurückkehrt und dann noch mit einem Kind?«
»Das kann ein Problem sein, da bin ich ehrlich. Aber da mußt du durch, Julia. Mal davon abgesehen, so bieder wie sich die Bewohner hier geben, das sind sie auch nur nach außen hin. Wer keine Schuld hat, der werfe den ersten Stein. Keiner aus dem Dorf würde ihn mit reinem Gewissen werfen.«
Julia lächelte den Pastor an. »Danke«, sagte sie. »Aber das
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