1067 - Er killt für den Satan
nur er selbst und einige seiner Vertrauten. Er hatte viele Unterschlüpfe, und wir fuhren auch nicht dorthin, wo die meisten Chinesen in London lebten, sondern rollten in Richtung Belgravia, weil wir da in einem Lokal mit dem großen Meister verabredet waren.
Das Wetter hatte sich gut gehalten, auch jetzt, am Abend, war es noch wunderbar. Eine Juninacht lag vor uns, in der sicherlich nicht wenige Londoner die Stunden im Freien verbrachten, aßen, tranken und sich wohl fühlten.
Ich saß neben Suko. Wir hatten seinen BMW genommen. Ein Zeichen, daß es ihn drängte. Viel hatte er mir nicht gesagt, und auch jetzt war er wieder schweigsam geworden.
Ich bohrte weiter. »Hat dieser Chang dir wirklich nicht gesagt, um was es geht?«
»Nein.«
Ich mußte lachen. »Ausgerechnet du fällst auf ihn rein. Der ruft dich an, und du springst.«
»So ist es nicht ganz.«
»Wie denn?«
»Nicht, daß du denkst, ich würde vor Chang ducken oder hätte Furcht vor ihm. Er ist normalerweise ein Mensch, der seine Probleme allein erledigt. Wenn er sich schon mit mir in Verbindung setzt, dann brennt die Hütte, kann ich dir sagen. Er hat Probleme. Es geht rund. Ich kenne den genauen Grund nicht, aber es scheint mir so zu sein, daß er mit seinen eigenen Leuten nicht mehr zurechtkommt.«
»Hast du ihn nicht gefragt?«
»Das habe ich versucht und zur Antwort bekommen, daß wir die richtigen Männer wären.«
»Oh. Er hat mich einbezogen.« Ich mußte lachen. »Wie nett von dem alten Chang.«
»Er ist eben informiert.«
»Wir werden sehen.«
Ich lehnte mich entspannt zurück und störte Suko auch nicht mehr mit meiner Fragerei. Wir rollten bereits durch Belgravia, diesem Londoner Stadtteil, in dem die Post abging. Hier paarte sich das Konservative mit der Ideenvielfalt der Kreativen. Belgravia lebte. Tolle Geschäfte, Restaurants, Kneipenvielfalt. Szenelokale, Bars, Designerschuppen, aber auch vornehme Läden, in denen sich die Gentlemen und Lords einkleideten. Mir war das egal, denn ich dachte mehr an die Zukunft und natürlich an Chang, der uns in einem seiner Lokale empfangen wollte. Ich hätte mir einen aufregenderen Namen vorstellen können, aber es hieß einfach nur China Room.
Suko ließ seinen BMW davor ausrollen. Allerdings in der zweiten Parkreihe, was mich wunderte und mich zugleich zu der Frage veranlaßte: »Willst du deinen Liebling hier stehenlassen?«
»Das hatte ich nicht vor.«
»Dann fahr weiter.«
Er schüttelte den Kopf. »Brauchen wir nicht. Der Wagen wird abgeholt und geparkt.«
»Gratuliere. Das ist ein Service.«
»Nur bei guten Gästen.«
»Fast fühle ich mich geschmeichelt.«
Wir stiegen aus und traten hinein in eine bunte Glitzerwelt aus Reklamefarben. Nicht nur, daß dieses China-Restaurant seine grellen Lichter als leuchtender Widerschein auf das Pflaster warf, auch andere Lokale und Restaurants in der Nähe sorgten durch ihre Reklame dafür, daß man sie nicht übersehen konnte.
Wir hatten den BMW kaum verlassen, als ein Angestellter im schwarzen Anzug erschien, als wäre er aus dem Boden gezischt. Er blieb vor Suko stehen, verbeugte sich, flüsterte mit ihm, und ich bekam große Augen, denn ich sah, daß Suko ihm den Schlüssel seines Autos übergab. Das tat er nicht bei jedem. Er hatte eben zu Chang und seinen Mitarbeitern großes Vertrauen.
Mal sehen, wie es lief.
Suko winkte mir von der anderen Wagenseite her zu. Wir gingen auf den Eingang zu, den zwei mit chinesischen Schriftzeichen bemalte Säulen flankierten. Besonders originell war das nicht, denn das sah man bei fast jedem China-Lokal.
Ich folgte Suko, der mir die Tür aufhielt. Eine gediegene Atmosphäre umgab uns. Die Decke war als Sternenhimmel gedacht. Es leuchteten zwar keine richtigen Sterne, man hatte sie durch kleine Lampen ersetzt, die ihren Schein nach unten warfen, ohne zu blenden. Das Licht war bewußt eingesetzt worden, um all den dunklen Lack auf den Möbeln besser zur Wirkung kommen zu lassen. An einigen Stellen wurde das Licht reflektiert, so daß auf Tischen oder Stühlen bestimmte Stellen so aussahen wie kleine Spiegel.
Es gab eine Garderobe, vor der ein lächelndes Mädchen stand, das uns allerdings nichts abnehmen konnte. In der Nähe sah ich einen mit Kunstwerken bestückten Tisch. Die Kunstwerke waren aus Gemüse geschnitzt worden und stellten große Fabelwesen war. Ich sah einen Adler mit dem Kopf eines Pferdes und ein Pferd mit dem dünnen Hals eines Schwans. Alles sah gut aus, und auch das Lokal selbst
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