1068 - Der Höllenstar
düsterer Todesengel, der das Grauen in die Welt der Menschen brachte.
Flügel also, dachte Ryback. Ich erhalte Flügel. Ich soll so werden wie der Teufel. Ich soll ihm fast gleichkommen. Er wußte nicht, ob der Teufel auch Flügel besaß, eigentlich ja nicht, aber er ging davon aus, daß ihn der Satan durch diese Verwandlung in seinen Dunstkreis geholt hatte. Als böser, als schlechter Engel. Als einer, der nur dem Teufel selbst gegenüber verantwortlich war.
Die Schmerzen an seinem Rücken waren kaum noch zu spüren. Ein leichtes Ziehen, sonst nichts, und das ließ sich sehr gut ertragen.
Wer Flügel hat, kann fliegen!
Dieser Satz schwebte ihm wie eine Headline vor. Allerdings war Ryback unsicher. In seinem Leben hatte er sich niemals vor etwas gefürchtet, er war der große Kämpfer gewesen, berüchtigt für seine Härte und Rücksichtslosigkeit. Nicht nur anderen gegenüber, sondern auch sich selbst. Es gab nichts, was er nicht angepackt hätte. Für alles seinen Bereich betreffende Neue war er aufgeschlossen gewesen und hatte die Dinge auch eiskalt durchgezogen.
Nun waren ihm Flügel gewachsen. Damit hatte sich für ihn der Traum fast jeden Menschens erfüllt.
In die Lüfte zu steigen, wegzufliegen, einfach das normale Leben hinter sich lassend, genau das war es, was er schon immer gewollt hatte.
Und jetzt war dieser Traum in Erfüllung gegangen.
Ryback drehte sich vor dem Spiegel. Er schaute sich wieder frontal an. Die Veränderung seines Gesichts nahm er auch weiterhin wahr. Er hatte sich an diesen Anblick gewöhnt, doch nun kam etwas hinzu. Die Spitzen der Flügel ragten über seine Schultern hinweg. Zwar sahen sie spitz aus, waren jedoch auch abgerundet. Leider konnte er nicht erkennen, ob sie sich aus Federn zusammensetzten oder aus einem anderen Material geschaffen worden waren. Für ihn war es auch zweitrangig.
Seine gesamte Gestalt hatte sich verändert. Er wirkte jetzt anders. Sehniger, gefährlicher und auch höllischer.
Gerade der letzte Begriff gefiel ihm gut. Ja, er wollte höllischer wirken, um seinem großen Vorbild so nahe wie möglich zu kommen. Jetzt war er so perfekt, daß er auch in seinem Sinne handeln konnte. Nur darauf kam es ihm an.
Er grinste sich selbst zu - und sah dann wieder die Bewegung im Spiegel. Plötzlich war sein eigenes Spiegelbild verschwunden. Obwohl er seinen Platz nicht gewechselt hatte, zeichnete sich sein Körper nicht mehr ab.
Dafür erschien etwas anderes. Abermals tauchte es aus dem Hintergrund auf.
Diesmal war es nicht der Teufel, das konnte Ryback gut erkennen. Ein Gegenstand bewegte sich in der Spiegelfläche und wurde immer weiter nach vorn gedrückt.
Es dauerte nicht lange, da sah Ryback, was ihm geschickt worden war. Eine Waffe, ein Dreizack, der nicht aus Metall bestand. Das Material sah aus wie Holz, allerdings schimmerte es etwas heller und auch mehr ins Gelbliche hinein.
Knochen!
Genau das war es. Die Waffe, die ihm Satan schickte, bestand aus Gebein. Vielleicht aus den Knochen eines Menschen oder eines großen Tieres, die so geformt worden waren, daß dieser Dreizack entstehen konnte.
Ryback hörte ein Fauchen. Er wartete darauf, daß die Spiegelfläche zersplitterte. Das trat nicht ein.
Sie blieb heil, aber sie entließ den Dreizack, der sich beinahe in seine Füße gebohrt hätte, so dicht blieb er vor ihm stecken.
Ryback faßte ihn an. Kaum hatte er ihn berührt, da hörte er das Lachen aus der Ferne. Er wußte sofort, wer sich gemeldet hatte und hob den Kopf leicht an.
Das Lachen verstummte. Dafür vernahm er die Stimme des Teufels, die beinahe mit einem säuselnden Klang zu ihm sprach. »Jetzt bist du perfekt, mein Freund. Jetzt hast du die Chance, in meiner unmittelbaren Nähe zu sein. Die Kraft hast du selbst aufgebracht. Ich aber habe dir zusätzlich die Macht gegeben, und nur das zählt. Du kannst dich jetzt in meinem Namen ausbreiten. Du kannst tun und lassen, was du willst, denn ich gebe dir meinen Segen.«
»Was soll ich tun?«
»So handeln wie ich.«
»Die Menschen knechten.«
»Ja, sie auf meine Seite ziehen!« hörte er die knirschende Stimme. »Dafür sorgen, daß sie ihrer Religion abschwören und mich als ihren neuen Herrn anerkennen. Mehr verlange ich nicht, und ich vertraue dir, denn ich weiß, daß du den richtigen Weg gehen wirst. Ich habe dich dazu auserkoren und will keine Enttäuschung erleben.«
»Nein, Satan, da brauchst du keine Sorge zu haben. Ich werde alles in deinem Sinne richten!« flüsterte
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