1070 - Gefangene der Materie
fassungslos an, und seine Haltung war so eindeutig, daß der andere verblüfft fragte: „Kannst du das denn nicht verstehen?"
„Nein", sagte Oso brummig.
Die beiden anderen sahen sich verlegen an, als wüßten sie nicht, wie sie auf Osos Verhalten reagieren sollten. Oso genoß es, sie aus der Fassung gebracht zu haben, weil ihm die Selbstverständlichkeit, mit der der Plan überall akzeptiert wurde, zuwider war.
„Du hast doch sicher einen Integratorplatz?" fragte der erste Sprecher.
„Ja", sagte Oso.
„Und die Losgelöstheit von allem, was dich bisher als Ballast bedrückte, erscheint dir nicht erstrebenswert?"
Grimmig versetzte der Wasserrechtler: „Stellt euch vor: Ich war ganz zufrieden mit meinem Ballast."
Das mußten sie erst einmal verdauen! konstatierte er zufrieden.
Er kümmerte sich nicht weiter um sie, sondern wartete, daß das Transportfeld sie einhüllte. Er warf einen Blick zum Himmel, wo die Sonne als rote Scheibe zwischen den hohen Gebäuden am Ende der Straße gerade noch zu sehen war. Es regte sich kein Windhauch, als sei die Stille dabei, alles zu erfassen, die gesamte Natur des Planeten, den Planeten selbst und schließlich das System der Fünf-Planeten-Anlage und den Kugelsternhaufen in seiner gewaltigen Ausdehnung.
Diese Art von Ruhe war gefährlich, dachte Oso. Wenn sie erst einmal Fuß gefaßt hatte, ließ sie sich schwer wieder zurückdrängen, sondern dehnte sich nach allen Seiten aus.
Die Ruhe des Todes! dachte Oso.
Das Transportfeld erfaßte sie und trug sie davon zum Raumhafen.
Oso hatte schon oft viele Raumschiffe gesehen, aber selten eine derartige Menge von Personen, die mit ihnen wegfliegen wollten. Es war ein Anblick, der ihn völlig unvorbereitet traf, als er aus dem Transportfeld entlassen wurde.
Vor ihm lag das Raumfeld.
Es war eine künstliche Ebene, übergossen mit einer so harten Schicht aus Kunststoff, daß weder hitzefauchende Triebwerke noch Tonnengewichte ihm bisher einen Kratzer zugefügt hatten. Die Schiffe standen darauf wie Figuren auf einem Spielbrett und so ordentlich in langen Reihen hintereinander, daß nicht einmal der Verdacht aufkommen konnte, hier würde irgend etwas nicht nach Plan ablaufen.
Diese Schiffe würden, sobald sie ihre Passagiere auf den Planeten überall im Kugelsternhaufen abgesetzt hatten, zur Fünf-Planeten-Anlage zurückkehren und die Auswanderer erst wieder abholen, wenn man sie rief.
Zwischen Oso und den Schiffen warteten die Auswanderer.
Der Wasserrechtler nahm an, daß inzwischen alle hier waren, die Schanad verlassen würden. Seine beiden Begleiter und er gehörten zu den letzten Ankömmlingen.
Die schweigende Menge verkörperte in ihrer Haltung deutlich sichtbar den Wunsch, so schnell wie möglich zu den Schiffen zu gelangen. Niemand drängte zur Eile, aber die Blicke der Wartenden waren auf die Schiffe gerichtet.
Es ist wie ein Fieber! dachte Clynvanth-Oso-Megh. Ein Rausch, der unser ganzes Volk erfaßt hat.
Er dachte, daß jeder ihm ansehen würde, daß er nicht von diesem Zustand erfaßt war, aber niemand kümmerte sich um ihn. Er umklammerte sein Bündel und suchte den Sektor, wo seine Gruppe wartete. Die anderen sechzehn waren schon eingetroffen, aber das hatte er nicht anders erwartet. Sie begrüßten ihn stumm. Er stellte sich hinter sie.
Dann ließ er seine Blicke umherwandern und sah, daß Roboter dabei waren, die Verwaltungsgebäude des Raumhafens zu versiegeln.
Es geschieht wirklich! dachte Oso matt.
Nichts und niemand kann es noch aufhalten.
Immerhin, dachte er ironisch, nahm er an einem einmaligen Exodus teil, der seinen Anfang bereits auf Khrat genommen hatte.
Ein Bildfeld erschien über der Menge. Die jähe Hoffnung Osos, Voire zu sehen, wurde schnell enttäuscht. Auf dem Bildfeld erschien das Gesicht von Fargath-Jozo-Kerg, der zu den wichtigsten Persönlichkeiten der gesamten Fünf-Planeten-Anlage gehörte. Es war nicht zu erkennen, von wo er sprach; vielleicht weilte er in diesem Augenblick sogar auf Schanad, obwohl das Bildfeld das Symbol der Fünfersendung trug.
Der dritte Name des Sprechers sagte aus, daß er zur Obersten Instanz gehörte. Eine Handvoll Persönlichkeiten, die den Kerg-Status besaßen, würden auf den Welten der Fünf-Planten-Anlage zurückbleiben. Oso wußte nicht, ob Jozo dazugehörte.
Bisher war Oso nur der Name eines seiner Artgenossen bekanntgeworden, die in der Fünf-Planeten-Anlage zurückbleiben würden: Turghyr-Dano-Kerg auf dem Planeten Yurgill.
Und natürlich
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