1070 - Marens kleiner Horror-Laden
daß ich Sie nicht zu einem Arzt bringe. Dafür aber in meine Wohnung. Dort können Sie sich auch säubern und bei einer Tasse Tee oder Kaffee von dem Schock erholen. Sind Sie damit einverstanden?«
»Gut.«
Wieder glaubte Sarah, daß die junge Frau noch nicht sie selbst war, aber das konnte sie nicht von ihren Plänen abbringen. Die Horror-Oma war eine hilfsbereite Person, das hatte sie schon oft genug unter Beweis gestellt. Hinzu kam, daß sie auch auf ihr Gefühl hörte. Schon am Morgen nach dem Aufstehen war ihr so komisch gewesen. Da hatte sie irgendwie gewußt, daß noch etwas passieren würde.
»Ich heiße übrigens Sarah Goldwyn.«
»Maren Black.«
»Ihr Nachname hört sichenglischan.«
»Mein Vater war Brite. Hat meine Mutter aber dann im Stich gelassen. Den Namen habe ich behalten.«
»Wunderbar, Maren. Wir brauchen nur einzusteigen und zurückzufahren.«
Das war gar nicht so einfach, denn inzwischen war ein Bobby erschienen, der genau wissen wollte, was passiert war. Sarah Goldwyn und auch Eric antworteten für Maren Black. Beide mußten schon Überzeugungskraft aufwenden, um dem Polizisten zu erklären, daß der Frau nichts weiter geschehen war. Er überzeugte sich noch selbst davon, sprach auch mit ihr und schaute sich das Knie an. Er war beruhigt, als er keine größere Wunde sah.
»Dann können wir ja starten«, sagte Sarah und schob ihren Schützling auf den Wagen zu.
Beide Frauen stiegen in den Fond. Eric war noch immer etwas blaß um die Nase herum, als er einstieg und nach hinten schaute. »Das ist mir auch noch nicht passiert«, sagte er.
Sarah zuckte mit den Schultern. »Manchmal steckt das Leben eben voller Überraschungen«, erklärte sie. »Den Weg kennen Sie ja, Eric.«
»Darauf können Sie sich verlassen, Mrs. Goldwyn.«
Die Horror-Oma lächelte zufrieden. Kein Argument würde sie je davon überzeugen können, daß dieser Tag normal verlaufen würde. Daran glaubte sie einfach nicht. Das Schicksal hatte ihr mal wieder einen Fingerzeig gegeben. Während die Deutsche stumm neben ihr saß, dachte Sarah darüber nach, was sie aus Marens Mund erfahren hatte.
Die junge Frau hatte von einem Monster gesprochen, das ihr über den Weg gelaufen und dann verschwunden war.
Einbildung? Wahrheit?
Sarah wartete ab. Im Schutz der Wohnung würde ihr Maren Black sicherlich mehr sagen.
Darauf war Lady Sarah mehr als gespannt…
***
Maren Black hatte sich für einen starken Kaffee entschieden, und die Horror-Oma hatte ihr Bestes getan. Sie selbst trank lieber Tee, denn der Kaffee war nicht so ihr Fall. Da blieb sie sehr konservativ. Im Gegensatz zum allgemeinen Trend. Mittlerweile wurde im Vereinigten Königreich mehr Kaffee als Tee getrunken.
Sie hatte ihren Gast auch verarztet. Die Wunde war ausgewaschen, mit einer Salbe behandelt und anschließend verpflastert worden. Schmerzen verspürte Maren nicht, wie sie sagte. Nur ein Ziehen, wenn sie das Bein streckte.
Sie saß da und trank ihren Kaffee. Allmählich kehrte auch die Farbe in ihr Gesicht zurück. Sie war längst nicht mehr so blaß wie zu Beginn, und Sarah sah die Zeit gekommen, um ihr einige Fragen zu stellen. Noch immer gefiel ihr Marens Blick nicht. Er war einfach zu stark nach innen gerichtet. So schaute nur jemand, der mit bestimmten Dingen noch nicht zurechtkam.
Sarah Goldwyn erfuhr, daß die Frau praktisch beruflich und nur auf einer Stippvisite nach London gekommen war, um etwas für ihren Laden einzukaufen.
»Sie haben ein Geschäft?«
»Ja. Ich verkaufe gruselige und mystische Dinge.«
Sarahs Augen blitzten hellwach. »Das ist aber interessant. Erzählen Sie mehr, bitte.«
Maren tat es. Sie taute dabei auf. Sie war wieder normal, und darüber freute sich die Horror-Oma. So erfuhr sie von dem Geschäft in Dortmund, das sich NEAR DARK nannte und das einzige in dieser Stadt war, in dem Grusel- und Gruftiefans sich mit dem eindecken konnten, was ihnen Spaß machte.
»Dann kaufen Sie immer in London ein?«
»Nein, nicht nur. Ich bestelle auch per Katalog. Aber es ist nun mal so, daß in dieser Stadt die Trends gemacht werden. Dabei sind die Gebiete wahnsinnig verschieden. Nicht nur in der Mode, sondern auch bei den Dingen, die ich vertreibe. Ich habe hier schon so manche Novität erwerben können.«
»Das glaube ich Ihnen gern.«
Ihr Gesicht verschloß sich wieder, bevor sie sagte: »Aber jetzt ist alles anders geworden.«
»Wie meinen Sie das?«
Maren senkte den Blick und starrte in ihre halbvolle Kaffeetasse. »Mich
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