1070 - Marens kleiner Horror-Laden
reagierte wie ein Loch!
Und dann griff ich ein.
Diesmal war die Waffe kein Messer, sondern mein Kreuz, dessen unteres Ende ich in das unversehrte Auge hineinstieß…
***
Ich war dabei auf die Knie gefallen. Diesmal spritzte mir keine Masse entgegen. Für einen Moment hatte ich den weichen Widerstand gespürt, ich war bereit, die Kraft noch einmal zu verstärken, um die Formel zu rufen. Nicht mehr nötig.
Der Spiegel verlor seine Kraft und auch den Sog. Ich konnte Maren zur Seite schleudern, so daß meine Sicht frei war, und ich nahm auch das Kreuz wieder an mich.
In diesen Augenblicken schien der Spiegel zu einer lebendigen Person geworden zu sein. Er drehte sich auf der Stelle. Über seinen Rahmen hinweg huschten die hellen Lichtreflexe, die sich dabei im Uhrzeigersinn drehten.
Zugleich entstand das Feuer. Kleine Flammen, nicht rot oder gelb, sondern grünlich hatten den Rahmen erfaßt. Sie waren auch aus dem Maul des Totenkopf gedrungen. Es hatte plötzlich das Feuer ausgespien und blieb dabei.
Sekunden später stand der gesamte Rahmen in Flammen. Sie fanden Nahrung. Sie huschte darüber hinweg. Sie tanzten, aber sie schmolzen ihn auch zusammen. Es war kein richtiges Verbrennen. Der Rahmen zerlief. Er verwandelte sich in eine Soße, und er war dabei, die Fläche des Spiegels ebenfalls zu vernichten. Es gab keine Hitze, keinen Rauch, es war einfach das magische Feuer, das nun das vollendete, was ich begonnen hatte.
Vor meinen Augen breitete sich eine Lache aus, über der nicht einmal Rauch schwebte. Aber die Lache blieb nicht. Sie dampfte einfach weg, als wäre sie von den letzten, tanzenden kleinen Flammenzungen regelrecht ausgetrocknet worden.
Ich hatte diesen wahnsinnigen Kampf gewonnen. Und das gegen Mächte, die tief versteckt lagen in einer uralten Vergangenheit. Es gab den Spiegel nicht mehr. Er war nur noch eine böse Erinnerung.
»John…«
Marens Stimme bebte, und ich drehte mich um. Sie stand mit dem Rücken an der Tür. Der ausgestreckte Zeigefinger wies nach vorn. Er zitterte ebenso wie die gesamte Frau.
Ich wußte, was sie meinte. Es gab noch immer diese schreckliche Masse.
Nein, es hatte sie gegeben.
Jetzt war sie verschwunden. Sie hatte sich mit der Vernichtung des Spiegels aufgelöst, aber sie hatte nicht all das wieder mitgenommen, was sie einmal als Beute besessen hatte.
Den Kleiderständer sahen wir nicht. Aber der Sarg lag verkantet mitten auf der Treppe. Und weiter vorn, zum Ende hin und mit dem Kopf fast schon auf der letzten Stufe, lag Andrea.
Sie sah aus wie eine Schlafende. Wäre da nicht das Blut und ihre aufgeschnittene Kehle gewesen.
Maren kam zu mir. Sie setzte jeden Schritt vorsichtig. Sie zitterte. Sie versuchte zu lächeln, es wurde nichts daraus. Aber sie war froh, als ich sie in die Arme nahm.
»Ich glaube, John, jetzt haben wir es überstanden, nicht wahr?«
»Ja, haben wir.«
Sie überlegte einige Sekunden, bevor sie weitersprach. »Und was ist es nun wirklich gewesen?«
»Ein Fluch, Maren. Ein Fluch aus einer uralten Vergangenheit, als es auf unserer Erde noch anders aussah. Aber Gut und Böse oder Licht und Schatten hat es schon immer gegeben, und das wird sich auch nie ändern…«
***
Liebe Leser, das war die Geschichte über das NEAR DARK. Wer in Dortmund wohnt oder nach Dortmund kommt, der sollte ruhig einmal vorbeischauen, so wie ich es getan habe.
Er wird auch auf die nette Besitzerin Maren treffen, die mir bei meinem Besuch auch alles so wunderbar erklärt und gezeigt hat. Als ich dort war, hing der Spiegel an der Wand. Wer weiß, vielleicht ist er noch nicht verkauft worden und wartet nur darauf, daß jemand zugreift. Das würde auch sicherlich Maren sehr freuen…
ENDE
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