1072 - ...dann bete in der Hölle, Sinclair!
entgegenzuschauen, die sich noch nicht von der Stelle traute.
»Willst du tatsächlich sehen, was dort unten ist?«
»Man muß jede Chance nutzen.«
»Ich weiß nicht, denn…«
Suko zog die Klappe hoch. Es ging leichter, als er gedacht hatte.
Plötzlich tat sich ein viereckiges Loch auf, in das er hineinschaute.
Der Geruch von kalter Asche und Verbranntem wehte zu ihnen hoch.
Auch Sonja hatte ihn wahrgenommen. »Das… das riecht ja noch schlimmer« flüsterte sie.
»Stimmt. Intensiver.«
»Und was hat das zu bedeuten?«
Suko hielt sich mit einer Antwort zurück. Statt dessen leuchtete er in die Luke hinein. Auch Sonja war so nahe an sie herangetreten, daß sie hineinblicken konnte.
Beide sahen sie die Metalltreppe. Mehr eine schräge Leiter, die in die Tiefe führte. Auch dort waren die Stufen genoppt. Sie sollten wohl als Stopper dienen.
Das Licht lag in einer Zickzacklinie auf den Stufen und erreichte auch die letzte. Dahinter breitete sich ein normaler Stein-oder Felsboden aus.
Sonja, die in der Hocke neben Suko saß, schauderte zusammen. »Die Treppe kommt mir vor, als würde sie in die Hölle führen.«
»So schlimm ist es nicht. Ich denke, daß sie unterhalb des Krematoriums endet.«
»Nein - o nein…« Sie schloß die Augen.
»Das will ich nicht, das ist…«
»Der Weg!« sagte Suko.
»Bitte?«
»Ja, Kind. Wir müssen runter.«
»Und was sollen wir dort unten?«
»Es ist immerhin möglich, daß es von dort einen Weg nach draußen gibt. Oder zumindest in einen Teil des Baus hier, von dem aus wir fliehen können.«
Sonja schloß die Augen. Sie wirkte wie jemand, der sich wünschte, ganz weit weg zu sein. Suko konnte das sehr gut verstehen, nur mußten sie den Tatsachen ins Auge sehen. Es gab einfach keine andere Möglichkeit mehr. Er faßte sie in Höhe des Ellbogen an und flüsterte: »Komm jetzt, Sonja - bitte.«
Sie ließ sich hochhelfen. Blieb zitternd neben Suko stehen und schaute auf die Treppenstufen.
Ein gepreßt klingendes »Ja« war die Antwort.
Sonjas Hand war kalt. Das Mädchen zitterte und hatte auch eine Gänsehaut bekommen. Suko warf noch einen Blick auf das Gesicht, das nicht mehr zu stark im Dunkeln lag. Sie hatte die Lippen zusammengepreßt, ihre blassen Wangen zuckten, aber sie gab dem leichten Druck des Inspektors nach.
Sie stiegen hinab. Als sie weit genug waren, hielt Suko noch einmal an und schloß die Luke.
»Warum tust du das, mein Gott?«
»Sollte man uns trotz allem verfolgen oder auch suchen, möchte ich es den anderen so schwer wie möglich machen. Wir beide wissen, wie wir wieder hochkommen können.«
»An was du alles denkst.«
»Das gehört zu meinem Job.«
»Und du hast auch keine Angst?«
»Doch, ich habe Angst. Aber ich habe auch gelernt, sie zu überwinden. Und jetzt komm, bitte.« Er nahm wieder ihre Hand und ging langsam weiter.
Suko achtete darauf, daß er nicht rutschte, denn das Metall war recht glatt. Ein dünner Schmierfilm hatte sich dort ausgebreitet. Sicherlich bestand er aus alter Asche, die sich mit Feuchtigkeit vermischt hatte und nun festklebte.
Es gab kein Geländer, aber die Treppe war auch nicht zu lang. Suko erreichte als erster den Boden und holte Sonja nach, die neben ihm stehenblieb und sich ängstlich umschaute.
Zunächst sah sie nichts. Erst als Suko den Lichtkegel der Lampe wandern ließ, da wurde ihnen offenbart, wo sie sich überhaupt befanden.
Es war eine schaurige, eine schlimme, dunkle Umgebung. Wie ein Tal des Todes, das tatsächlich den Eingang zur Hölle darstellte. Hier unten war der schlechte Geruch noch intensiver. Normal Luft konnte man nicht holen. Es kratzte im Hals, und Sonja konnte das Hüsteln nicht unterdrücken.
Suko legte einen Finger auf die Lippen und trat einige Schritte nach vorn. Auch hier leuchtete er die Wände ab und stellte fest, daß sie ebenfalls aus feuerfestem Gestein bestanden.
Im Gegensatz zu oben war dieser unterirdische Raum nicht leer.
Diesmal leuchtete Suko zuerst nach oben. Es gab eine Decke, aber sie war anders als normal, denn über ihnen befand sich tatsächlich der verdammte Rost. Er sah die dicht nebeneinander liegenden Stangen, sogar die Düsen, aus denen das Gas drang, und er sah den breiten Trichter, in den die Asche der Verbrannten hineinfiel. Er verjüngte sich nach unten und war an seinem Ende schließlich so schmal, daß die Asche in die unter ihm stehende Urne hineinrieseln konnte.
Nicht nur eine Urne stand hier. Suko zählte ein halbes Dutzend, wobei fünf
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