1072 - ...dann bete in der Hölle, Sinclair!
legte.
Sonja verstand. Die nächste Frage flüsterte sie. »Was ist denn los?«
»Es kommt jemand!«
Das Mädchen schrak zusammen. Es schaute zur Tür. »Hierher zu uns?«
»Ja.« Suko flüsterte, aber seine Stimme klang dabei ernst. »Tu genau, was ich dir jetzt sage, Sonja. Du wirst dich wieder setzen, und ich werde mich hinlegen. Es soll so aussehen, als wären wir beide noch völlig fertig, okay?«
»Ja, verstanden.«
»Dann los.«
Sie stellte keine Fragen mehr und tat, was Suko ihr geraten hatte. Suko lehnte sich zurück, dann streckte er seinen Körper und blieb rücklings auf dem kalten Steinboden liegen.
So warteten sie ab. Niemand von ihnen sagte ein Wort. Selbst das Atmen schränkten sie ein. Suko hatte sich nicht getäuscht. Es war jemand an der Tür.
Er hörte auch Stimmen.
Zwei Männer mußten es sein.
Noch unterhielten sie sich. Aus dem Gemurmel war nichts herauszuhören, aber Sekunden später verstummte die Unterhaltung, und ein anderes Geräusch war zu vernehmen.
Von außen her wurde ein Schlüssel in das Schloß geschoben. Man drehte ihn. Suko öffnete die Augen noch einmal so weit wie möglich, weil der Sonja sehen wollte.
Sie hockte wieder, zitterte, hielt den Kopf gesenkt und schluchzte leise vor sich hin. Es war gut, daß sie sich so verhielt. Damit konnte sie die Kerle täuschen. Suko hoffte nur, daß ihm dies auch gelang und man ihm die Bewußtlosigkeit noch abnahm.
Die Tür wurde aufgestoßen. Etwas knirschte in den Angeln. Außerdem schabte sie über den Boden hinweg.
Zwei Herzschläge später hatten die beiden Männer den Stall betreten…
***
Ich war ein Mörder!
Nicht direkt, sondern nur indirekt. Aber ich mußte mich einfach so fühlen, als ich sah, was mit Kathy geschah, die nun diesen Streifen nicht mehr im Mund trug.
Er hatte es praktisch geschafft, sie zusammenzuhalten. Staub an Staub geklebt, und genau diese Verbindung war nun gerissen. Es gab für sie keinen Halt mehr.
Was ich zu sehen bekam, war einfach furchtbar. Schon zuvor war sie durch meine Griffe deformiert worden, aber ihr Körper hatte noch immer die menschliche Form besessen. Das wurde nun anders. Vor mir lag eine Person, die in einen Windkanal hineingeraten zu sein schien, obwohl kein Wind wehte.
Sie löste sich auf.
Unter dem Kleid rann der Staub hinweg. Ich dachte an meinen fürchterlichen Alptraum kurz vor dem Erwachen. Hier und jetzt erlebte ich die Realität.
Am besten konnte ich ihr Gesicht sehen, aus dem die Merkmale verschwanden. Nicht sichtbare Hände strichen darüber hinweg, drückten, lösten auf und so wurde das Gesicht zu einer zunächst glatten Fläche. Ohne Nase, ohne Mund und auch ohne Augen.
Das gleiche geschah mit dem Körper, und in der Stille war nur ein leises Rieseln zu hören, wenn der Staub oder die Asche, was immer es sein mochte, über den Boden schleifte.
Kathy mußte den Preis für ihre neue Existenz zahlen, und der war eben die Auflösung oder das völlige Verschwinden einer Existenz. Der Staub blieb auch nicht liegen. Kleine Körner waren noch zu dick. Sie verloren ihren physikalischen Zusammenhalt und wandelten sich dabei um in Asche. Ja, graue Asche!
Die eigentlich in eine Urne gehört hätte, aber nicht vor meine Füße, vor der sie lag.
Ich war zurückgetreten und kam mir zusammengeschrumpft vor, so dicht und dick war die Gänsehaut geworden. Dieses Bild würde ich einfach nicht vergessen können, und mein Haß oder meine Wut auf diesen verdammten Major Blake verstärkte sich noch mehr.
Der Vorgang dauerte nicht lange. Ich hatte auch keinen Schrei, Ruf oder Wehlaut gehört. Was da vor mir lag, war die reine Asche, die es schon einmal gegeben hatte, als Kathy verbrannt worden war. Diesmal würde sie nicht mehr zurückkehren, was unter Umständen sogar besser war, denn ihre letzte Existenz war als solche nicht mehr zu bezeichnen gewesen.
Ascheteilchen flogen durch die Luft wie gefärbte Schneeflocken. Sie sanken irgendwann zu Boden, auf dem auch die letzte Erinnerung an Kathy lag. Es war ihr hübsches Sommerkleid. Der Stoff mit dem Streublumenmuster. Das gleiche Kleid hatte auch ihre Schwester getragen; ich wußte nicht, was mit ihr geschehen war.
Ich wandte mich ab, ging zum Bett und nahm dort auf der Kante Platz, denn meine Knie zitterten. So einfach konnte ich dieses Geschehen nicht abhaken.
Gut, Kathy war durch meine Schuld getötet worden. Aber was hatte ich wirklich getan? Ich hatte ihr nur einen Metallstreifen aus dem Mund gezogen und hielt ihn noch in
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