1075 - Die Waffe der Porleyter
aus.
„Gib mir die WAFFE!" bat er erstickt. „Gib sie mir, damit ich ihn töten kann, ehe er dich und mich umbringt."
Voire wandte sich ihm zu, und er sah ihr Gesicht - es war von tiefer Trauer gezeichnet.
„Hast du immer noch nicht erkannt, was die WAFFE ist?" fragte sie leise. „Die Porleyter haben mich geschaffen, damit ich sie davor bewahre, den negativen Mächten zum Opfer zu fallen. Glaubst du, daß diese negativen Mächte ein Volk wie die Porleyter einfach, vernichten würden? Nein - sie würden sie zu ihrem Werkzeug machen. Du siehst selbst, wozu ein fehlgeleitetes Mitglied dieses Volkes imstande ist. Denkst du, daß Gewalt die richtige Antwort auf eine solche Herausforderung darstellt? Gewalt erzeugt nur neue Gewalt. Die einzige Antwort, die diesen Kreislauf durchbrechen kann, ist die Waffe der Liebe - der allesgebenden, nichtsfordernden Liebe. Nur sie ist imstande, der Gewalt zu trotzen und sogar durch sie zu wachsen, bis sie unüberwindlich stark ist. So stark, daß sie jede andere Waffe unwirksam werden läßt."
Callamon sah benommen, daß das rötliche Flimmern immer weiter zurückwich.
Gleichzeitig wurde Voire durchsichtig und verschwommen.
„Nein!" rief er verzweifelt, denn instinktiv erkannte er, daß Voire sich in dem Versuch, ihn zu beschützen, verzehrte. „Hör auf! Komm zurück!"
„Es ist zu spät", sagte Voires Stimme sehr leise, und er konnte ihr Gesicht kaum noch erkennen. „Die WAFFE kann nur einmal eingesetzt werden, wenn es einen Angehörigen meines Volkes betrifft, der sich noch dazu im Besitz des Kardec-Schildes befindet. Die negativen Mächte, gegen die ich anzutreten habe, sind zu stark..."
„Voire!" schrie Callamon wie von Sinnen. „Gib mir die Macht, diese Bestie zu töten!"
Aber Voire war nicht mehr da. Voller Wut und Entsetzen wandte Callamon sich der Kärraxe zu. Er sah, daß das rötliche Energiefeld erloschen war. Der silbrige Gürtel hatte seinen Glanz verloren und schimmerte nicht mehr wie blankes Metall.
„Du hast Voire getötet!" sagte Callamon voller Haß. Er hob die Waffe. „Dafür wirst du bezahlen, Turghyr-Dano-Kerg!"
Er erhielt keine Antwort. Die Kärraxe war wie versteinert. Callamon überlegte unsicher, welche Teufelei Dano sich jetzt wieder ausgedacht haben mochte. Aus irgendeinem Grund zögerte er, auf die nun wehrlos erscheinende Kärraxe zu feuern.
„Er hat Voire getötet", sagte er zu sich selbst. „Ich muß Rache nehmen."
Aber fast im selben Augenblick brach die Kärraxe in sich zusammen. Der lange, rostbraune Körper streckte sich zitternd und lag dann still. Diese letzte, extreme Belastung des Kampfes hatte die Reserven des Tieres erschöpft. Die Kärraxe starb, und mit ihr starb Turghyr-Dano-Kerg. Callamon glaubte, noch ein leises Zupfen zu spüren, irgendwo in seinem Geist, als versuchte Dano verzweifelt, noch einmal zu ihm vorzudringen - dann war auch das vorbei, und Callamon spürte eine schreckliche Leere.
Es lag nicht daran, daß Dano tot war. Callamon rief nach Voire, immer wieder, und er erhielt keine Antwort. Er lauschte lange, bis er es schließlich aufgab. Auch Voire war tot.
Und die anderen?
Mit müden Schritten stieg er die Rampe hinauf. Sein Kampfanzug war zerfetzt, und die Fetzen behinderten ihn. Das Flugaggregat war zerstört, und er wußte nicht, was sonst noch alles zu Bruch gegangen war, aber all das kümmerte ihn jetzt nicht.
Als er durch das halb zerstörte Portal trat, sah er Gucky, der sich um Alaska Saedelaere bemühte. Callamon atmete auf - Gucky war wohlauf, und der Mann mit der Maske würde sich sehr schnell erholen. Aber dann warf der Mausbiber einen bezeichnenden Blick zur Seite.
Lange Zeit hindurch stand Callamon regungslos vor Nuru Timbon und Cerai Hahn, die den Kampf nicht überlebt hatten. Er trauerte um beide. Aber immer wieder drängte sich Voires Bild in seine Gedanken.
Er hatte das undeutliche Gefühl, daß mit Voire etwas gestorben war, das niemals hätte sterben dürfen, und er hatte Angst vor der Zukunft.
ENDE
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