1075 - Horror auf Mallorca
war, hatte für ihn persönlich ein zweites Leben begonnen. Mit all seinen interessanten Aspekten, mit Vor- und auch Nachteilen. Es war so gravierend gewesen, daß es sein Leben und auch die Erinnerung daran überdeckt hatte.
Bis jetzt!
Plötzlich war alles anders. Er fühlte sein erstes Leben immer näher zu sich herankommen und ging davon aus, daß er keinesfalls einer Täuschung erlegen war.
Da gab es etwas zu finden. Eine Erinnerung der besonderen Art. Etwas durchaus Gefährliches, das auch mit dem Kreuz in einer gewissen Verbindung stand.
Wenn er hin und wieder nach rechts oder links leuchtete, um die Seitenwände abzutasten, dann war ihm bewußt, daß die Höhle an Ausmaßen verloren hatte. Sie war nicht mehr so groß. Die Wände waren näher zusammen. Alles wirkte enger, und sein Gefühl, durch einen Kellergang zu gehen, verstärkte sich immer stärker.
Seine Füße platschten durch das Wasser. Er hörte und achtete nicht darauf, und er merkte, wie sich die Wände der Grotte immer mehr zusammenzogen.
Dann stand er vor der Wand. Der Lichtkegel klebte darauf wie ein nasses Auge, durch das dünne Wasserstreifen rannen. Über seinem Kopf hing ein dicker, gelblicher Arm nach unten, der aussah, als könnte er sich jeden Moment lösen und auf seinen Schädel fallen.
Er ging zur Seite.
Mußte wieder leuchten.
Hier war der Weg zu Ende. Zumindest sah es so aus. Godwin wollte nicht daran glauben. Diese unterirdischen Höhlen konnten auch als ein System bezeichnet werden, das untereinander in Verbindung stand. Deshalb mußte es weitergehen.
Keine Menschenhand hatte hier eingegriffen. Kein Tourist hatte diesen Teil jemals betreten. Hier war die Natur sich selbst überlassen worden, und sie hatte es geschafft, wieder eine neue Umgebung aufzubauen. Godwin, der sich so dicht wie möglich an der feuchten Wand hielt, ging daran entlang.
Die Gitter aus Stalagmiten und Stalaktiten lagen links von ihm, sie störten ihn jetzt nicht mehr. Vor ihm lag ein relativ freier Weg, auch wenn er sich um die Gebilde herumdrücken mußte.
Dann senkte sich die Decke. Nicht sehr plötzlich, sie bildete auch keine Grenze, sie fiel nur sacht herab, und sie war dabei mit dicken, feuchten Wülsten aus Kalkstein beklebt.
War das der Weg?
Für Godwin gab es keine Alternative. Er mußte ihn gehen und duckte sich, um weiterzukommen.
Er hatte den Eindruck gehabt, so etwas wie ein Tor hinter sich gelassen zu haben. Ein anderer Teil der Drachenhöhlen, ein anderes Gebiet, das alles sah er im Schein der Lampe vor sich.
Die neue Höhle - sein Ziel!
Es war komisch, ungewöhnlich und seltsam zugleich, aber er wußte plötzlich Bescheid.
»Hier bin ich richtig!« Er hatte eigentlich nicht sprechen wollen, die Worte waren automatisch aus seinem Mund gedrungen. Er hatte den Druck einfach loswerden müssen.
In den ersten Sekunden tat er nichts. Er stand einfach nur da und wartete ab. Dann bewegte er seine rechte Hand und damit auch die Lampe.
Der Strahl stieß hinein in die dichte und feuchte Finsternis. Es war der helle Arm der alles aus den Schatten hervorholte. Godwin sah die Decke, die Seitenwände und den Boden, auf dem sich das Wasser gesammelt hatte. Mal bildete es Lachen, dann wieder tiefe Pfützen, aber eines registrierte er mit Erstaunen.
Diese vor ihm liegende Höhle war einfach anders. Sie wies nicht mehr das auf, was für seinen bisherigen Weg so typisch gewesen war. Hier wuchsen die Gebilde weder als Stalaktiten, noch als Stalagmiten. Es gab sie einfach nicht. Sie hatten die Höhle ausgelassen oder gemieden, weil in dieser Umgebung andere Bedingungen herrschten.
Den Eindruck zumindest hatte der Templer. Er war vorsichtig, auch bei seinem Denken. Daß diese Grotte entstanden war, entbehrte jeder Logik. So etwas brauchte nicht zu sein. Grundlos machte die Natur keinen Bogen, und de Salier konnte sich durchaus vorstellen, einen besonderen Platz innerhalb der Drachenhöhlen erreicht zu haben.
Er leuchtete jetzt den Boden ab. Dabei ging er systematisch vor, weil er keine Stelle auslassen wollte.
Natürlich war der Untergrund nicht glatt oder geschliffen. Auch er zeigte die Spuren der Vergangenheit. Es lagen genügend Steine herum, es gab auch die Pfützenaugen mit dem dunklen Wasser, über das der helle Schein huschte und die Oberfläche aufblinken ließ.
Auch hier schimmerten die Wände feucht. Es hatte sich Wasser gesammelt, das seinen Weg nach unten fand und wie Regen an der Fensterscheibe herabrann.
Der Lichtkegel bewegte
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