1075 - Horror auf Mallorca
sich weiter. Er schlug einen rechten Bogen. Der Templer wollte jede Stelle innerhalb dieser neuen Grotte ausleuchten. Es gab etwas, er war sich sicher - und seine Hand zuckte zurück, als der Lichtkreis etwas Helles gestreift hatte, das auf dem Boden lag.
Zuerst dachte der Templer an ein Kalksteingebilde. Es wäre zumindest natürlich gewesen, aber um genau Bescheid zu wissen, leuchtete er noch einmal hin.
Nein, das war kein Gebilde aus Kalk. Das war auch nicht in den Jahrmillionen entstanden. Was dort auf dem Boden lag, war zwar alt, aber trotzdem viel, viel jünger.
Der Lampenstrahl war geradewegs auf einen blanken Totenschädel gefallen…
***
Godwin de Salier blieb ruhig stehen. Er hatte sich gut unter Kontrolle und atmete nur hörbar aus.
Für einen Moment drehte sich einiges in seinem Kopf, er mußte sich erst fassen, und wollte auch wissen, ob ihm die Phantasie keinen Streich gespielt hatte, deshalb leuchtete er noch einmal direkt die Stelle an und war auch um eine Idee nach rechts gegangen, um einen besseren Blickwinkel zu haben.
Ja, es stimmte.
Dort lag ein Schädel.
Alt, bleich, wie abgenagt. Auch etwas feucht schimmernd, aber noch gut erhalten. Die Luft hier mußte ihn konserviert und für die Nachwelt aufbewahrt haben.
De Salier überlegte, ob das tatsächlich die Spur gewesen war, nach der er so lange gesucht hatte.
Während er auf den Schädel zuschlich, dachte er auch darüber nach, wem er gehören konnte. Wer war denn so verrückt gewesen, in diese Höhle zu schleichen, wie er es getan hatte?
Eine Antwort würde ihm der Tote nicht geben. Der Lichtturm wanderte und war auch von seinem Ziel abgeglitten. Jetzt konnte der Templer die gesamte Wahrheit erkennen.
Er sah nicht nur einen Schädel, sondern gleich mehrere. Auch sie waren nicht allein, denn die dazugehörigen Knochen hatten sich ebenfalls um die Skelettköpfe herum verteilt. Sie alle lagen in einer flachen Mulde, die zu einem Grab geworden war.
Blasse, feuchte und gelblich schimmernde Gebeine. Arm- und Beinknochen. Brustkörbe, die nicht zusammengebrochen waren. Überhaupt waren die Skelette noch gut erhalten, auch wenn sie übereinander lagen und eigentlich hätten zusammenbrechen müssen.
Es gab keinen Zweifel. Das hier waren die Überreste mehrerer Menschen, die hier unten elendig umgekommen waren.
Durch Godwins Kopf huschten die Gedanken. Sie beschäftigten sich wieder mit der Vergangenheit.
Er dachte an die Menschen, die versucht hatten, den versteckten Schatz der Templer zu finden. Sie hatten es nicht geschafft, ihm jedoch war es gelungen, die Männer zu finden. Es gab keine andere Möglichkeit für ihn. Vor ihm lagen die gut erhaltenen Überreste der Schatzsucher.
Eine Frage beschäftigte ihn besonders. Es interessierte ihn sehr, aus welchem Grund die Menschen ihr Leben hatten lassen müssen. Diese Höhle lag zwar tief eingebettet in das unterirdische Labyrinth, aber sie war nicht so versteckt, als daß die Schatzsucher den Rückweg vergebens gesucht hätten.
Sie waren gestorben. Gemeinsam und alle an dieser Stelle. Innerhalb der kleinen Senke, an deren Rand Godwin stand. In Gedanken versunken bewegte er seine Lampe, ohne direkt zu sehen, was er geboten bekam. Seine Gedanken hatten sich auf dem Weg gemacht. Sie hingen in der Vergangenheit fest, und sie beschäftigten sich mit dem Ende der Schatzsucher. Es mußte einfach einen Grund dafür gegeben haben, daß ihnen so etwas widerfahren war.
Der Tod war nicht von allein eingetreten. Ein äußeres Ereignis mußte dafür gesorgt haben. Ein Angriff, ein Überfall. Allerdings einer der besonderen Art, denn irgendwelche Verletzungen entdeckte der einsame Mann an diesen Gestalten nicht.
Sie waren und blieben tot. Nicht zerstört, recht normal, was er nicht begreifen konnte.
Godwin stand vor der Lösung des Rätsels. Er brauchte nur zuzugreifen, um es voll und ganz fassen zu können, aber er wußte nicht, was er unternehmen sollte.
Jedenfalls waren die Schatzsucher den gleichen Weg gegangen wie er jetzt einige Jahrhunderte später. Einen Erfolg hatten sie nicht erreicht. Es gab keinen Schatz in der Nähe. Auf dem Weg zu ihm hatten die Männer ihr Leben verloren.
De Salier hätte enttäuscht sein müssen. Das war er seltsamerweise nicht. Er war sogar der Meinung, etwas Wichtiges entdeckt zu haben, und das zu einem sehr günstigen Zeitpunkt. Es drängte ihn auch nicht danach, die schaurige Umgebung zu verlassen. Er wollte bleiben und abwarten, was geschah, denn eine innere
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