1075 - Horror auf Mallorca
Gegenstand. Sie traute dem Kreuz nicht.
»Das ist egal. Wenn ich mich nicht auf mein Kreuz verlassen kann, worauf dann?«
»Wenn du es so siehst, hast du recht.«
Wir hatten genug Zeit verloren. Wir mußten die Chance nutzen. Das Templerkreuz war kein normales, das stand fest, und wieder fiel mir die Kälte auf, als ich es anhob.
Ich hielt es in der linken Hand. Mein eigenes Kreuz hielt ich mit der rechten fest. Ich trat von der Leiche zurück und hinein in einen der schmalen Lichtstreifen, der mich von der Seite her erfaßte.
Jane Collins hielt sich an der anderen Seite des Toten auf. Sie schaute mich gespannt an. Das Lächeln wirkte angespannt und verkrampft.
Ich blieb ruhig. Beide Kreuze zitterten nicht. Mit ihnen kam ich gut zurecht, und auch mein Herzschlag hatte sich kaum verändert. Mein Kreuz bewegte ich auf das fremde zu.
Kälte gegen Wärme. Aber auch Gut gegen Böse? Oder Licht gegen Schatten?
Noch war alles Spekulation, wenig später nicht mehr. Da berührten sich beide Gegenstände.
Alles wurde anders. Ich hörte Janes Schrei, und im gleichen Augenblick explodierte die Welt um uns herum…
***
Godwin der Salier hatte sein Handy wieder eingesteckt. Für einen Moment dachte er daran, daß er sich so etwas in seinem ersten Leben nicht hatte vorstellen können. Da war er ein Mann des Mittelalters gewesen. Ein Templer, der ausgezogen war, um die eigentlichen Kreuzritter zu schützen. Einer, der das Mittelalter kannte, sich auch darin zurechtgefunden hatte, in Kämpfe verwickelt gewesen und dann in die Gewalt des Prinzen Mleh geraten war, schwer verletzt, dem Tod geweiht, doch ein John Sinclair hatte ihn gerettet, ihn aus der Vergangenheit geholt und in die Gegenwart geschafft, zu den Templern um Abbé Bloch.
Dort hatte sich Godwin der Salier gut zurechtgefunden und sehr bald die unterschiedlichen Leben egalisiert. Er war jetzt ein Mensch der Gegenwart, ohne allerdings seine Vergangenheit vergessen zu haben. Oft genug wurde er mit ihr konfrontiert. Zumeist allerdings theoretisch. Wie beim Lesen alter Schriftstücke oder Fragmente. Dank seiner Erfahrungen hatte er der Templer-Gruppe um den Abbé herum stets sehr hilfreich sein können, und manch wertvoller Tip war von ihm gekommen.
Unter die Vergangenheit hatte er auch insofern einen Schlußstrich gezogen, indem er sich den dichten Bart abrasiert hatte. Überhaupt hatte er rasch gelernt und sich der neuen Zeit angepaßt. Er wußte auch mit den Waffen umzugehen, die nicht mehr aus einem Schwert, einer Lanze oder einem Morgenstern bestanden.
Beim Telefonieren hatte de Salier auf einem kleinen Felsvorsprung gesessen und seinen Blick über das Meer schweifen lassen, über eine wogende und von der Sonne grell beschienene Wasserfläche, auf der die farbigen Segel der Boote wie bunte Tupfer aussahen, die über das Meer hinwegschwebten, mal in die Höhe gehoben wurden und dann wieder in die Wellentäler hineinsanken.
Wie tief sich die Höhlen unter der Erde ausbreiteten, wußte Godwin nicht. Er war geklettert, hatte gesucht und sich dabei auch in Gefahr begeben, denn es war nicht einfach gewesen, sich immer zu halten.
Die Felsen hier waren ziemlich steil. Wenn er abrutschte, würde er, bevor er im Wasser landete, auf anderen Steinen aufschlagen, wo er sich leicht tödliche Verletzungen holen konnte.
Ein Gefühl, eine Ahnung - oder war es schon Wissen - sagte ihm, daß er in den Drachenhöhlen fündig werden würde. Er kannte die Geschichte. Er wußte, daß vor einigen hundert Jahren schon einen Gruppe von Menschen nach dem Schatz der Templer gesucht hatte. Offiziell war diese Suche anders bezeichnet worden. Angeblich hatte sich nur nach dem Gold der Sarazenen Ausschau gehalten, doch das stimmte nicht.
Die Männer waren nie wieder aufgetaucht. Die Drachenhöhlen hatten sie verschluckt. Sie mußten elendig verhungert und verdurstet sein. Es gab einige Sträucher und Pflanzen, die es geschafft hatten, sich in den Felsspalten festzuklammern. Sie waren mit dem kargen Boden zufrieden, den sich hier vorfanden und hatten Godwin auch manches Mal Deckung gegeben.
Daß er einen Eingang gefunden hatte, war Schicksal oder Fügung gewesen. Er hatte auch kurz hineingeleuchtet und festgestellt, daß er sich nicht in einer Höhle befand, sondern in einem Stollen, der tiefer in den Berg hineinführte. Das Ende hatte er nicht erkennen können. Allerdings ging er davon aus, daß er ihn zu einem Ziel führte. Wie es aussah und wo es letztendlich lag, stand noch in den
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