1076 - El Toros Totentanz
die beiden Ägypter haben laufen gelassen?«
»Nein, ich denke nicht. Was hätten wir von ihnen gehabt? Nichts, sage ich dir. Die hätten den Mund nicht aufgemacht.« Ich trank wieder einen Schluck. »Außerdem möchte ich keinen neuen Streß mit den Behörden haben.«
»Der wird sich wohl nicht vermeiden lassen.«
»Abwarten.«
Jane setzte sich ebenfalls. Sie dachte nach, und das sah ich ihr an. Ihr Gesicht war angespannt, sie nagte an der Unterlippe und meinte schließlich: »Bisher haben wir es nur mit Juana zu tun gehabt. Ich frage mich, ob sie die richtige Person ist, denn eigentlich geht es ja um den Torero Vicente Ortega.«
»Klar, der ist der Mittelpunkt.«
»Dann müßten wir uns auch um ihn kümmern. Kontakt erhalten, mit ihm reden, ihn warnen.«
»Das sollte dann Juana übernehmen. Sie muß ihn einfach anrufen, obwohl sie sich bisher geweigert hat.«
»Sie hat Angst.«
Wir schwiegen, denn Juana kehrte zurück. Sie roch nach dem Duschgel und lächelte etwas verlegen.
Sie hatte sich auch umgezogen und sich für ein graues Kleid entschieden. »Schön, daß ihr euch etwas zu trinken gemixt habt«, sagte sie und lächelte gezwungen.
»Möchtest du auch einen Drink?«
»Danke, Jane, nein. Ich habe in der Küche Wasser getrunken.« Sie legte den Kopf zurück. »Körperlich geht es mir zwar besser, doch im Innern kocht eine Hölle. Die Angst ist nicht weg, sorry. Ich habe sie nicht vertreiben können, und ich fühle, daß das erst der Anfang ist.«
»Hast du nur um dich Angst?«
Juana blickte Jane an. »Warum fragst du das?«
»Ganz einfach. John und ich haben den Eindruck, daß es nicht nur um dich geht, sondern auch um deinen Freund Vicente. Wir nehmen an, daß er der Mittelpunkt ist. Dich nimmt man am Rande mit, auch weil man durch dich ein Druckmittel gegen ihn in der Hand hat.«
»Meint ihr?«
»Ja.«
Sie strich durch ihr feuchtes Haar. »Ich kann gar nicht richtig denken, wenn ich ehrlich bin. Das ist mir alles zuviel und wächst mir auch allmählich über den Kopf. Es ist zudem alles neu für mich, wenn ihr versteht. Ich bin niemals zuvor mit so etwas konfrontiert worden. Ich finde mich einfach nicht zurecht.«
»Fest steht doch«, sagte ich, »daß die beiden Ägypter den Kampf verhindern wollen. Der Stier wurde geholt, und es ist ein Fehler gewesen, daß man es getan hat. Kannst du uns den Grund dafür nennen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht, wenn ich ehrlich bin. Ich habe damit nicht viel zu tun gehabt. Ich weiß nur von Vicente, daß es ein besonderer Stier ist. Wenn er ihn besiegt, dann ist er der absolute King.«
»Oder er ist tot«, sagte Jane nicht eben feinfühlig.
»Ja, du hast recht.« Juana hatte sich zuerst erschreckt, uns dann aber zugestimmt. »Es darf nicht zu diesem Kampf kommen, das ist letztendlich alles.«
»Du solltest ihn anrufen!« schlug ich vor.
Die junge Spanierin erwiderte zunächst einmal nichts. »Und dann?« fragte sie schließlich.
»Ehrlich sein. Da zählt nur Offenheit, glaub mir. Ruf ihn an und erkläre ihm, was man mit dir gemacht hat. Alles andere ist überflüssig. Wenn er dich liebt, wird er einfach ein Einsehen haben müssen. So zumindest sehe ich es.«
Sie wand sich noch. »Ich weiß nicht«, flüsterte sie. »Ich kenne Vicente gut. Ich weiß auch, wie ihm in der Nacht vor dem Kampf zumute ist. Da braucht er Ruhe. Da muß er sich konzentrieren. Da will er mit mir auch nicht reden. Ich würde ihn nur ablenken.«
»Glaubst du denn immer noch daran, daß es zu diesem verdammten Kampf kommen wird?«
Juana zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht. Keine Ahnung. Aber wer sollte ihn absagen? Ihr glaubt nicht, was alles daran hängt. Morgen abend oder besser gesagt heute schon wird die Arena voll sein, und um sie herum wird es zu einem regelrechten Volksfest kommen. Das ist der blanke Wahnsinn, ehrlich.«
»Es wird keinen Kampf geben, wenn der Torero nicht erscheint«, sagte Jane.
Juana wand sich. »Meint ihr denn, daß es soweit kommen wird?«
»Ja.«
Sie überlegte noch. »Das Haus hat wohl ein Telefon, aber ich weiß nicht, ob es angestellt ist. Außerdem wird Vicente nicht abheben, das kenne ich. Er hat mir auch verboten, ihn zu stören. Meine Stimme würde ihn nervös machen und aus der Konzentration reißen, hat er gesagt.«
»Es mag alles so sein«, gab ich ihr recht. »Aber dies hier ist ein Notfall.«
Juana überlegte noch, bis sie schließlich mit den Schultern zuckte. »Gut, ich bin zwar nicht überzeugt, aber
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