1076 - El Toros Totentanz
leben…«
Trotz seiner Angst hatte der Torero jedes Wort verstanden. Er wußte genau, wie gering seine Chancen waren. Hier kam er nicht mehr weg. Er hatte zu hoch gespielt, das war nun vorbei. Der Sieger stand auf der anderen Seite.
Vicente Ortega wußte nun, daß er am Ende war. Er konnte diesen teuflischen Kreis nicht mehr verlassen. Er war ein Gefangener in einem Raum, den et sich selbst geschaffen hatte. Und die andere Seite würde ihm auch keine Chance geben. Man wartete auf seine Antwort. Man wollte noch etwas von ihm hören. Vielleicht das Betteln um Gnade oder ähnliches. Nie hätte er so etwas getan. Nicht er, nicht der gefeierte Torero. Dafür waren andere zuständig, und auch jetzt wollte er nichts in dieser Richtung unternehmen.
Einen Kompromiß schließen - okay. Dem anderen sagen, daß es ihm leid tat. Irgendwie die Dinge so hinbiegen, daß er aus dieser verdammten Lage herauskam.
»Diesmal habe ich verloren«, flüsterte er.
»Richtig, Amigo.«
»Ich werde deshalb versprechen, daß ich nicht antrete. Hörst du? Ich werde nicht antreten. Ich will den Kampf nicht mehr. Ich verzichte darauf.«
Der Ägypter lachte. »Du willst verzichten?« fragte er dann.
»Ja, freiwillig verzichten.«
Der Mann konnte das Lachen nicht mehr halten. »Das ist gut, das ist sogar sehr gut. Aber das brauchst du nicht mehr. Nein, du sollst nicht verzichten, denn jetzt wollen wir den Kampf. Hast du gehört? Wir wollen ihn haben!«
Ortega hatte verstanden, aber kaum begriffen. Er lag noch immer am Boden. Über ihm stand der Stier wie ein mächtiger Koloß und bewegte sich nicht, glotzte auf ihn nieder, war bösartig und grausam. Ein Monstrum, wie er es noch nie erlebt hatte. Er dachte an die telefonischen Warnungen, die er so oft erhalten hatte. Das sollte jetzt alles vorbei sein?
Er gab keine Antwort. Der Schock saß zu tief. Über ihn war ein indirektes Todesurteil gesprochen worden. Derartige Worte ließen nur darauf schließen, daß der Ägypter für ihn keine Chance sah.
»Nun…?«
Ortega bemühte sich um eine Antwort. »Warum wolltet ihr denn, daß ich kämpfe?«
»Weil wir es uns anders überlegt haben. Du bist doch der große Torero, der sich feiern läßt. Vor dir braucht sich niemand zu fürchten. Du fürchtest den Stier nicht, du bist an Siege gewohnt, natürlich auch an Kämpfe, und wir wollen, daß du den Beweis für deine große Klasse antrittst.«
»Ich will nicht mehr in die Arena!«
Als Antwort erntete er ein spöttisches Lachen. »Ob du es willst oder nicht, das interessiert uns nicht. Du wirst in die Arena hineingehen, das schwöre ich dir.«
»Ich lasse mich nicht zum Kampf zwingen.«
»Doch, durch uns. Und zwar sehr bald. Noch in dieser Nacht, verstehst du?«
»Nein.«
»Wir schaffen dich hin. Die Arena wird uns ganz allein gehören. Uns und dem Stier. Wir haben alles vorbereitet. Noch bevor die Sonne aufgeht, wird der Kampf beendet sein, in dem es nur einen Sieger gibt.«
Vicente Ortega hatte alles gehört. Dennoch wollte er es nicht glauben. Das war einfach zu verrückt, zu irreal und nicht möglich. Er konnte es nicht nachvollziehen. So etwas wollte ihm nicht in den Kopf. Hier waren die Regeln auf den Kopf gestellt worden, und damit kam er nicht zurecht.
»Du hast begriffen?«
»Ich… ich…«
Der Ägypter lachte. »Mach dir keine Sorgen. Wir haben alles vorbereitet.« Er streckte seinen Arm aus und streichelte mit der rechten Hand über den Kopf des Stieres hinweg.
Ortega hörte wieder das Schnaufen. Es klang diesmal anders. Nicht so hart oder aggressiv. Der Stier und der vor ihm stehende Mensch hatten Freundschaft geschlossen.
Sehr vorsichtig, beinahe schon tastend bewegte sich der schwere Koloß zur Seite. Er streifte den am Boden liegenden Mann nicht und erinnerte fast an einen grazilen Tänzer.
»Steh auf!«
Ortega wollte nicht. Er lag auf dem Rücken und starrte den Fremden an.
Der streckte ihm nicht die Hand entgegen. Er wartete darauf, daß seinem Befehl Folge geleistet wurde.
Dann kam er langsam hoch.
Der Ägypter war zufrieden. Er lächelte. Er nickte, er stützte ihn sogar ab.
Vicente Ortega fiel ein, daß er nicht eben zu den schwachen Menschen gehörte. Es mußte doch eine Chance geben, den anderen zu besiegen und dann zu fliehen.
»Nein«, flüsterte der Ägypter. »Tu es nicht. Der andere würde immer stärker sein. Und wir wollen, daß du dein Blut nicht hier vergißt, sondern woanders.«
Räum ihn aus dem Weg. Ramm ihn zur Seite! Renn ins Haus, wenn der
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