1076 - El Toros Totentanz
nicht so fit, wie es hätte sein müssen, um gegen den Stier bestehen zu können. Er bewegte sich langsam, fast schleichend, so zumindest kam es ihm vor. Der Staub wallte unter jedem Schritt hoch, und er sah, wie der Stier ebenfalls die Richtung wechselte und nun von der Seite her auf ihn zurannte.
Seine Hufe trommelten hart auf den Boden. Der Staub wallte in die Höhe, bildete Wolken, aus denen das Geräusch der Hufe wie ein mächtiges Donnern klang.
Der Stier hatte sein Opfer unter Kontrolle genommen. Es gab nichts, was ihn hätte aufhalten können. Er wollte den Mann, er wollte seine Hörner in den Körper stoßen und ihn aufspießen.
Ortega erwartete El Toro!
Der Stier kam ihm vor wie eine Geistererscheinung. Nicht nur, weil ihn die Staubwolke umhüllte, es lag auch an den roten Augen, die nach vorn gerichtet waren und aus diesem Staub hervorglotzten.
Augen, die in die Hölle gepaßt hätten, aber nicht zu einem Stier.
Er rannte weiter. Der Kopf schob sich nach vorn. Er war ein mächtiges Gebilde, das alles umrennen wollte. Unheimlich anzusehen. Das Maul stand offen. Ein Brüllen jagte daraus hervor und rollte als Echo durch die Arena. Nichts sollte El Toros Totentanz stoppen, auch Ortega nicht, der es wenigstens versuchte.
Er hatte es zumindest geschafft, den Gedanken an seine Verlobte zu vertreiben. Jetzt konzentrierte er sich auf den heranrasenden Koloß.
Dann war er da.
Eine schlenkernde Bewegung mit dem Kopf, um den Mann auf die Hörner zu nehmen und ihn wegzuschleudern. Das passierte nicht mehr, denn der Torero war mit einem blitzschnellen Ausfallschritt zur Seite getreten und hatte El Toro an sich vorbeilaufen lassen.
In der Bewegung drehte er sich noch weiter. Es sah elegant aus, wie er seine Degen anhob und ihn dann nach unten rammte. Aber er traf den Nacken nicht. Die Klinge rutschte an der Flanke des Stiers entlang, ohne ihn großartig zu verletzen.
Sofort stoppte El Toro.
Er drehte sich.
Vicente griff an. Er dachte an keine Regeln mehr. Er wollte nur noch gewinnen, den Stier schwächen, verletzen, dann töten. Alles andere kam für ihn nicht mehr in Frage.
So stieß er zu.
Er schrie dabei laut auf, weil er seinen Frust einfach loswerden mußte.
Gezielt hatte er auf den Kopf des Stiers, und tatsächlich rammte er den Degen hinein in die Masse.
Er hatte eines der Augen treffen wollen, das war ihm mißlungen, aber auch so hatte er dem Tier eine Verletzung zugefügt. Dann sprang er so nasch wie möglich wieder zurück und zerrte die Klinge dabei aus dem Schädel. Im unteren Drittel klebte Blut, das nun in Tropfen in den Sand klatschte.
Aber der Stier war so nicht zu besiegen. Der Treffer hatte ihn noch wütender gemacht. Wieder rannte El Toro los. Er hatte diesmal nur eine kurze Distanz zu überwinden, startete mit einem Sprung und rannte dann auf Vicente zu.
Der mußte weg. Die Bewegung machte auf die Zuschauer tänzerisch wirken, ihm selbst kam sie zu langsam vor. Er hatte seine Erfahrungen, und er behielt recht.
Der Stier erwischte ihn zwar nicht voll mit dem Horn, aber er berührte ihn, und dieses Touchieren war hart genug, um Vicente zu packen. Er verlor den Boden unter den Füßen, schwebte in der Luft, spürte Schmerzen an der rechten Seite und prallte danach ungebremst zu Boden, ohne etwas tun zu können.
Ein Torero, der auf dem Boden liegt, war für einen Stier immer so etwas wie eine sichere Beute.
Ortega kannte sich in den Regeln aus, und er wußte auch, daß er so schnell wie möglich hochkommen mußte, um überhaupt eine Chance zu haben.
Er überrollte sich. Den Degen hielt er jetzt mit beiden Händen fest wie eine letzte Stütze. Dann schaffte er es, auf die Knie zu kommen, aber nicht weiter, denn die Zeit war einfach zu knapp. Der Stier rannte auf ihn zu.
Diesmal hielt er den Kopf gesenkt. Er war darauf fixiert, das Gesicht des anderen zu treffen und es regelrecht zu zermalmen.
Vicente schrie.
Er wußte, daß es sein letzter Versuch war. Er hörte auch den Schrei seiner Freundin, dann warf er seinen Degen dem Stier entgegen und hoffte, ihn tief in das Maul schleudern zu können.
Ob er dabei Erfolg gehabt hatte, wußte er nicht. Er hatte hoch eine Versuch unternommen, um sich zu retten. Es war keine Zeit mehr, sich zur Seite zu werfen, es gab nur den Weg nach vorn, und den nahm Vicente Ortega.
Er ließ sich einfach nach vorn fallen. Landete flach auf dem Boden, schützte Kopf und Gesicht mit beiden Händen und konnte hur beten. Auch wenn er die Worte geschrieen
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