1077 - Die Voodoo-Frau
Fahrerhaus. Gesehen worden war er nicht. Zumindest zeigte sich niemand.
Er rollte rückwärts aus der Parktasche heraus, mußte noch zweimal manövrieren und hatte dann freie Fahrt. Viele Menschen lagen in den Betten und schliefen. Daran war bei ihm nicht zu denken, denn die Nacht hatte noch viele Stunden…
***
Etwa dreißig Minuten parkte der kleine Transporter in einer schmalen Gasse, in die nur Menschen hineingingen, die sich in dieser Gegend auskannten. Die Karre stand noch immer auf der Ladefläche, aber jetzt war sie leer, denn Mr. Jobb hatte den Toten wieder hervorgeholt und die Leiche über seine Schulter gewuchtet. Er war mit ihr durch einen Eingang in ein Haus gegangen, das auch deshalb leerstand, weil es noch nicht fertig gebaut war. Einige Etagen fehlten noch, und so war es als Ruine stehengeblieben.
Treppen ohne Geländer führten hoch zu den schon fertiggestellten Etagen, doch darum kümmerte sich Mr. Jobb nicht. Er wollte nach unten gehen, denn dort lag der Keller.
Auch die Treppe war fertig. Trittsicher fand Mr. Jobb seinen Weg in den Keller, der nichts anderes war als ein unheimliches und stockfinsteres Gewölbe.
Keine alte Höhle, auch wenn es so ähnlich aussah. Es roch nur anders. Mehr nach Staub und nicht nach Stein. Aber auch ein leichter Modergeruch durchwehte diese Umgebung, als läge hier unten etwas Unheimliches und Böses.
Mr. Jobb fand sich auch im Dunkeln zurecht. Er schien die Augen einer Katze zu haben. Noch immer leichfüßig ging er weiter, und nur ein leises Knirschen oder Schaben war zu hören.
Nach einer gewissen Anzahl von Schritten blieb er stehen, lauschte zunächst, war zufrieden, als er nichts hörte und ließ die Leiche dann zu Boden gleiten.
Noch immer hatte er kein Licht gemacht. Das allerdings änderte sich, als die Flamme des Sturmfeuerzeugs aufzuckte, so daß ein gelbroter Schein über den Boden strich.
Der war nicht glatt. Er bestand aus rechteckigen, sarggroßen Steinplatten, die dicht an dicht lagen und den gesamten Keller ausfüllten. Immer mehr dieser Platten erschienen im Licht, denn Mr. Jobb zündete einige Kerzen an. Die Dochte griffen gierig nach der Nahrung, und sehr bald schon hatte er eine helle Insel geschaffen, die einige dieser Steine begrenzte.
Mr. Jobb war zufrieden. Die geringe Zugluft machten den Flammen nichts. Sie flackerten nur, löschten sie aber nicht.
Ja, er war zufrieden, bis auf eine Kleinigkeit. Er mußte den Toten noch holen, der außerhalb des Flammenkreises lag. Mr. Jobb stieg über die Kerzen hinweg, packte die Leiche und trug sie in die Flammenzone hinein.
An einer bestimmten Stelle legte er sie nieder und wartete ab. Er hatte sich im Lotussitz neben den Toten gehockt, starrte ihn dabei an und wirkte wie ein Mensch, der Kontakt mit der Leiche aufzunehmen begann, als wollte er sie wieder zum Leben erwecken.
Das war nicht der Fall. Hier ging es um andere Dinge, die geweckt werden mußten oder schon wach waren. So genau wußte er das nicht. Mr. Jobb wartete. Entspannt hatte er sich. Die ihn umgebende Ruhe tat ihm gut. Das Licht der Flammen bewegte sich weiter, streifte auch über seine breite Gestalt hinweg und ließ sie so aussehen wie ein zittriges Denkmal. Alles war okay für ihn. Er kannte diese Minuten der Meditation und Selbstvergessenheit.
Aber heute war es anders.
In diese Nacht hatte er die letzte Beute gebracht. Danach würde sich sein Leben ändern, das stand fest. Alle Vorbereitungen waren getroffen worden, es kam nur darauf an, daß sie sich meldete.
Als er an sie dachte, glitt ein Lächeln über seine Lippen. Er mochte sie, er war ihr hörig, denn sie hatte ihm versprochen, auch ihn mit ihrem Zauber zu belegen.
Noch hörte er nichts von ihr, und das enttäuschte ihn ein wenig. Aber er wollte sich nicht beschweren, schließlich war sie seine Chefin. Bisher hatte sie alles richtig gemacht, und daß würde auch in Zukunft noch so bleiben.
Mr. Jobb wußte nicht, wie lange er im Kerzenschein gesessen hatte, als sich die Veränderung anbahnte. Man mußte schon sehr gute Ohren haben, um das Geräusch überhaupt hören zu können, das ihn erreichte. Es war nicht in seiner unmittelbaren Umgebung aufgeklungen, sondern unter ihm, in der Tiefe.
Einmal zuckte Mr. Jobb kurz zusammen, danach starrte er nach vorn und auch über den Toten hinweg.
Sein Blickziel war ein bestimmter Stein, der sich von den anderen nicht abhob, aber eine besondere Bedeutung besaß.
Unter dem Stein waren die Geräusche aufgeklungen. Er hatte
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