1078 - Im Bett mit einem Monster
die so ghoultypischen Schmatzlaute.
Es war vorbei.
Der Ghoul konnte sich zurückziehen, und die schwere, unförmige Gestalt drückte sich nach hinten.
Alles passierte sehr langsam, denn diese Bewegung kostete viel Kraft.
Dann lag der Ghoul flach auf dem Bett.
Das Gewicht drückte ihn auseinander, und er breitete sich aus wie ein Stück schleimiger Sumpf. Die Hände legte er auf den Bauch, und wären normale Augen dagewesen, hätte der Ghoul sie auch geschlossen. So aber blieb er liegen und wartete ab.
Coco spürte die Verwandlung. Die letzte Kraft löste sich langsam auf und ging zurück. Die andere aber blieb, sie drängte sich in den Vordergrund, und der Körper unter dem Schleim trat immer deutlicher hervor. Er nahm feste Gestalt an. Es war ein Kopf ebenso zu sehen wie ein Körper, während sich aus dem Schleim eine harte, kristalline Masse bildete und ohne Cocos Zutun abbröckelte. Es reichte ihr nicht aus, sie half mit, legte zuerst ihre Hände frei, richtete sich auf und schlug das Zeug wie eine Salz- oder Zuckerkruste von ihrem Körper weg. Sie fegte es vom Bett und sorgte dafür, daß es daneben wie Schnee, der nicht taute, liegenblieb.
Hände rieben gegeneinander und lösten auch hier die letzten störenden Reste. Die Finger fuhren zudem durch die Haare und befreiten auch sie von den Krümeln.
Aus dem Ghoulwesen war wieder eine normale Frau geworden. Coco eben. Die Schöne aus der Karibik, die so ungewöhnlich aussah, von der aber kaum jemand wußte, unter welch einem mächtigen Einfluß sie stand.
Es war alles normal. Sie konnte sich freuen. Die Verwandlung war wunderbar abgelaufen, und sie hatte es wieder einmal geschafft, einen Menschen zu schocken.
Der gierige Melvin war chancenlos gewesen, und sie spürte jetzt seine Kraft in sich, die sie auch als Zombie behalten hatten. Es ging ihr gut. Sie war satt, aber sie wußte, daß die Nacht noch nicht beendet war. Es gab jemand, der sich mit der einen Verwandlung nicht zufriedengeben würde. Er wollte mehr sehen, und erst wenn er zufrieden war, konnte sie es auch sein.
Er wollte kommen.
Bei Dunkelheit. In der Nacht. Vielleicht auch schon früher, wenn die Dämmerung das Land erreicht hatte. Auf dem Bett sitzend drehte sich Coco dem schmalen Fenster zu und lächelte, als sie die graue Schicht am Himmel sah.
Das war die Dunkelheit, das war ihre Zeit. Oder auch seine Zeit, denn sie wartete nur auf einen. Er hatte ihre Fähigkeiten erkannt und ihr ein ewiges Leben versprochen. Eine Existenz, ohne sich verstecken zu müssen. Zudem in einer Welt, die außerhalb der aller Menschen lag, in die Menschen aber hin und wieder hineingeholt wurden.
Wann kam er?
Sie hörte ein Geräusch. Es hatte leicht dumpf geklungen, als wäre von außen etwas gegen die Bordwand gestoßen. Doch es war nicht außen passiert, sondern bereits im Niedergang, und so wußte Coco, daß der Besucher kam.
Hoffentlich war es der richtige. Wenn nicht, wenn ein anderer sie besuchen kam, so würde er das Schiff nicht mehr lebend verlassen, das stand für sie fest.
Coco brauchte keine Sorgen zu haben, denn er war es tatsächlich!
Er warf keinen Schatten, als er den Niedergang hinabschritt. Sie konnte ihn noch nicht sehen, eben nur hören, wie er mit seinen schleichenden und vorsichtig gesetzten Schritten näherkam und schließlich den Türrahmen ausfüllte.
Nein, das stimmte nicht. Er war viel größer… unheimlicher. Er strahlte etwas ab, vor dem Coco zitterte und trotzdem keine Furcht empfand, da sie davon überzeugt war, richtig gehandelt zu haben.
Der unheimliche Besucher tauchte in den Raum unter Deck. Zwangsläufig geriet er dabei in den Schein der Kerzen, die seine wahre Gestalt nur allmählich hervorholten. Für Coco sah es aus, als käme dieser Mann wie ein Gespenst aus dem Hintergrund einer anderen Welt nach vorn. Es war nichts mehr zu hören, es schien über die Planken hinwegzugleiten, und das rötliche Licht mit seinem gelben Randschein erfaßte die Gestalt. Aber es wirkte anders als bei normalen Menschen. Der Unheimliche schien das Licht in sich aufzusaugen, es zu schlucken, so daß auch innerhalb des Scheins die Düsternis vorherrschte.
Coco starrte ihn an. Nackt und im Schneidersitz hockte sie auf dem Bett. Ihr Mund war halb geöffnet, wie erstarrt unter einem unglaublichen Staunen. So wie sie ihn anblickte, war das kein normales Schauen mehr, sie himmelte ihn an. Denn Coco wußte genau, daß diese Erscheinung zugleich ihr Schicksal war.
Der Besucher war dunkel
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